Das Tiny House wird zur beliebten Eigenheim-Alternative
Es ist klein, bezahlbar und wird für die Wohnungswirtschaft immer interessanter: das Tiny House. Der Trend zum minimalistischen Wohnen auf maximal 37 Quadratmetern – so ist es im amerikanischen Baugesetz von 2017 definiert – hat es von den USA mittlerweile nach Deutschland geschafft. Auch wenn sich die Entwicklung hier noch ganz am Anfang befindet. Wieso leben Menschen in Minihäusern, welche Varianten gibt es, was ist rechtlich erlaubt und welches Potenzial bietet das Tiny House für die Wohnungswirtschaft?
Warum Menschen ins Tiny House ziehen
Ein Tiny House ist deutlich kleiner als ein normales Wohnhaus, bietet aber trotzdem alles, was es für ein Leben in den eigenen vier Wänden braucht: Bett, Bad, Küche, oft sogar ein kleines Wohnzimmer – nur alles auf deutlich weniger Fläche. Wer ins Tiny House zieht, beschränkt sich beim Wohnen also auf das Wesentliche. Das belegt auch die erste Tiny-House-Studie, die das Beratungsunternehmen Livee in diesem Jahr vorgestellt hat. Demnach geben 83 %1 der privaten Tiny-House-Käufer Minimalismus als Grund für den Einzug ins spartanische Minihaus an. 54 % sehen im Tiny House ein bezahlbares Eigenheim.1 Laut Tiny House e. V. kostet es mit einer Wohnfläche von 20 Quadratmetern bei einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 2.344 Euro insgesamt 46.880 Euro – der Preis pro Quadratmeter ist zwar teurer als beim klassischen Einfamilienhaus, jedoch nicht vergleichbar, da die gesamte Haustechnik auf viel weniger Platz unterkommt.2 42 % der Käufer betrachten das Wohnen im Tiny House als nachhaltige Wohnform.1
Wer wohnt im Tiny House und welche Varianten gibt es?
Die Studie identifiziert zwei Zielgruppen: Personen ab 45 Jahren, die nach dem Auszug der Kinder vor der Entscheidung stehen, das Haus altersgerecht umzubauen und zu sanieren oder aber nochmal neu zu bauen.2 Diese Gruppe, zu denen auch Rentner zählen, ist in der Mehrheit. Die andere, kleinere Zielgruppe umfasst Menschen, die circa 30 bis 40 Jahre alt sind und bewusst minimalistisch und nachhaltig wohnen möchten.2 Für sie ist das Tiny House ein Lebensstil.
Ist die Entscheidung für das Wohnen auf kleinem Raum gefallen, bleiben zwei Fragen: Wie soll mein Tiny House aussehen, und wo darf ich es überhaupt aufstellen bzw. bauen? Die ursprüngliche und mobile Form kommt aus den USA, wird auf einem speziellen Anhänger, dem Trailer gebaut, und bietet 15 bis 20 Quadratmeter. Die zweite Variante ist das Modulhaus ab einer Größe von 30 Quadratmetern, das sich per Lkw transportieren lässt. In die dritte Kategorie schließlich fallen Mikro- oder Minihäuser, die mit dem Boden verbunden sind, sich also nicht fortbewegen lassen2. Grundsätzlich gilt: Vieles ist möglich, auf Luxus muss auch im Tiny House nicht verzichtet werden, wenn man den Wohnraum beispielsweise über zwei Etagen aufteilt. Wer handwerklich begabt ist, kann seiner Kreativität freien Lauf lassen und schafft in Marke Eigenbau sein eigenes kleines Traumhäuschen.3
Baugenehmigung: Eher auf dem Land als in der Stadt
In Sachen Baurecht werden der Kreativität dann aber doch Grenzen gesetzt, denn das Tiny House wird rechtlich wie ein ganz normales Einfamilienhaus behandelt. Benötigt wird zunächst ein Baugrundstück. Übrigens auch, wenn man im ausgebauten Gartenhaus lebt, denn dann gilt es als Gebäude. Klarheit darüber, ob die Errichtung eines Tiny House möglich ist, geben die Bauordnungen der einzelnen Länder, die unterschiedlich definiert sind. Fest steht: Je stringenter Siedlungen und Wohngebiete angelegt sind, desto geringer ist die Aussicht auf eine Baugenehmigung. Ein Tiny House mitten in der Großstadt bleibt deswegen meist ein Traum.
Tiny-House-Siedlungen sind interessant für die Wohnungswirtschaft
Realität werden könnten in naher Zukunft hingegen Tiny-House-Siedlungen, die dann auch für die Wohnungswirtschaft interessant werden. Im Sinne eines gemeinschaftlichen Wohnens können dort ältere Menschen oder auch Studenten in einer eigenen Community zusammenleben. Ein Pilotprojekt wird dazu zum Beispiel in Dortmund geplant.2 Zudem arbeiten Wohnungsunternehmen daran, mehr Aufmerksamkeit in der Wohnungswirtschaft für das Konzept Tiny House zu schaffen. So wie die Nassauische Heimstätte I Wohnstadt (NHW) aus Frankfurt am Main, eines der größten deutschen Wohnungsunternehmen. In einem internationalen Wettbewerb konnten Architekten, Tiny-House-Hersteller und Smart-Home-Dienstleister zwei Tiny Houses errichten, die schon bald in zwei Siedlungen der NHW integriert werden. Wichtig bei der Gestaltung war die Autarkie der Gebäude – ohne externen Wasser- und Abwasseranschluss, die Energie sollte selbst erzeugt werden.1
So ganz ohne (Netz-)Anschluss zur Außenwelt geht es aber dann auch beim minimalistischen Wohnen im Tiny House meist nicht. Konnektivität wird entweder über WLAN oder über mobiles Netz hergestellt. Dann können auch praktische Gadgets wie das Smart Lock genutzt werden, mit dem das kleine Eigenheim gesichert und per Smartphone geöffnet werden kann.
Referenzen
1 https://www.konii.de/news/der-tiny-house-trend-klopft-an-die-tur-der-wohnungswirtschaft-202107293944
2 https://www.focus.de/immobilien/kaufen/experte-gibt-tipps-tiny-houses-boomen-fuer-30-000-euro-gibt-es-schon-ein-eigenes-haus_id_22605854.html
3 https://www.businessinsider.de/leben/junges-paar-baut-ein-tiny-house-das-nur-55000-euro-kostet-r17/
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