In Deutschland planen oder betreiben bereits zahlreiche Unternehmen eigene Smart Factories. Einige Beispiele hierfür sind:
Automatisierter Schaltschrankbau bei Rittal
Die zur Friedhelm Loh Group gehörende Firma Rittal aus dem hessischen Herborn fertigt unter anderem Schaltschränke, Klimatechnik und Server-Racks. Als weitgehend digitalisiertes Unternehmen treibt Rittal auch in der eigenen Produktion die Automatisierung voran.
Am Standort Haiger in Hessen hat das Unternehmen eine Kompaktschrank-Produktion nach Kriterien der Industrie 4.0 errichtet. Pro Tag fertigt Rittal dort 8.000 Kompaktschaltschränke und Kleingehäuse weitgehend automatisiert.
Die Anlagen kommunizieren miteinander, während die einzelnen Produktionsschritte stattfinden – wie etwa das Zuschneiden, Kanten, Schweißen und Lackieren von Blechen. Die hochautomatisierte Produktionssteuerung ist außerdem mit dem unternehmenseigenen globalen Distributionszentrum verbunden, um Fertigung und Versand zu integrieren.
Die mehr als 250 vernetzten Maschinen und Anlagen sowie die fahrerlosen Transportsysteme generieren jeden Tag bis zu 18 Terabyte an Daten, die über ein Live-Dashboard gesichtet und ausgewertet werden. So können Mitarbeiter:innen alle Fertigungsprozesse nahezu in Echtzeit aus der Distanz überwachen. Wissensbasierte, lernfähige Systeme planen Wartungsarbeiten via Predictive Maintenance zielgenau, um Störungen und Ausfallzeiten im eigentlichen Produktionsprozess zu minimieren.
Boehringer Ingelheim: Smart Factory generiert Daten für die lokale Fertigung
Der Pharmahersteller Boehringer Ingelheim betreibt an seinem Stammsitz in Ingelheim am Rhein eine Smart Factory mit 75 Beschäftigten. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Solids-Launch-Fabrik.
Als Solids werden in der Medikamentenherstellung verschiedenen Formen von festen Arzneimitteln bezeichnet, beispielsweise Tabletten. Eine Solids-Launch-Factory stellt neu entwickelte Arzneimittel erstmalig automatisiert her, um auf Basis dieser Erfahrungen eine Großserienfertigung für dieses Medikament an anderen Standorten aufzubauen.
Die smarte Fabrik dient bei Boehringer Ingelheim somit als Wissensakkumulator und –speicher, indem sie in allen Produktionsschritten Sensordaten sammelt. Aus diesen Daten lassen sich dann leichter als bisher größer skalierte Anlagen ableiten.
Mercedes Benz: Die Smart Factory erfindet das Fließband neu
Die Automobilindustrie steht gleich vor mehreren großen Herausforderungen: zum Beispiel hohem Wettbewerbsdruck, sich verändernden Kundenbedürfnissen und nicht zuletzt Lieferschwierigkeiten ihrer Zulieferer.
Die Mercedes-Benz-Group hat deshalb an ihrem Standort Sindelfingen die Factory 56 gebaut und 2020 eröffnet. In dieser Smart Factory ersetzen digital verzahnte Fertigungsbereiche namens "TecLines" den klassischen Fahrzeugbau entlang eines Fließbandes. Fahrerlose Transportsysteme verbringen die einzelnen Fahrzeuge und Fahrzeugkomponenten von Arbeitsstation zu Arbeitsstation.
Mercedes kann so einzelne Fertigungsschritte und -verfahren leichter in die Produktionskette integrieren oder ausgetauschen, ohne dass hierfür die gesamte Fertigung mit allen Fließbändern über längere Zeit stillstehen müsste. So kann das Unternehmen in derselben Smart Factory parallel Fahrzeuge der S-Klasse, ihres elektrischen Schwestermodells EQS und der Premiummarke Mercedes-Maybach bauen.
Montageanlagen und Fördertechnik sind im IIoT per WLAN und Mobilfunk verbunden. Per Tracking und Tracing werden weltweit sogenannte Ladungsträger mit Materialien für die Factory 56 nachverfolgt, um mögliche Lieferprobleme frühzeitig zu erkennen. Dadurch ist die Smart Factory agiler als bisherige Automobilfabriken und kann schneller auf globale Marktschwankungen oder veränderte Kundennachfragen reagieren.
Kund:innen können nach der Bestellung ihres Fahrzeuges einzelne Fertigungsschritte in der Factory 56 online verfolgen und erhalten eine genauere Vorhersage zum anvisierten Liefertermin als bisher. Damit schafft die Smart Factory 56 Mehrnutzen für den Hersteller ebenso wie für die Kund:innen auf ihrer Customer Journey.