Das richtige Maß finden
Umfragen sind ein sensibles Thema. Einerseits wollen Kolleg:innen und Kund:innen an wichtigen Entscheidungen im Projektverlauf stets beteiligt werden. Umgekehrt möchten Sie wissen, was Mitarbeiter:innen oder Kund:innen wichtig ist oder welche Marktchancen Ihr neues Produkt hat.
Jedoch werden zu häufige Umfragen – besonders dann, wenn diese sehr ritualisiert und regelmäßig stattfinden – irgendwann als störend empfunden.
Setzen Sie Umfragen zum Zweck der Kundenbindung nur dezent ein und nie als einziges Werkzeug. Behalten Sie die sogenannte Ausschöpfungsquote im Auge: Das ist der prozentuelle Anteil unter den Befragten, der Ihr Umfrageformular bis zum Ende ausfüllt. Bei klassischen Kunden- oder Nutzerumfragen gelten Quoten von mehr als 15 Prozent bereits als außergewöhnlich hoch. Landen Sie tief im einstelligen Bereich, sollten Sie an Ihrem Umfrage-Design arbeiten oder Analyse-Formen wählen.
Gestalten Sie Ihre Umfrage immer so, dass Sie auch bei kleinen Rücklaufquoten noch auswertbare Ergebnisse erhalten. Eine Frage, die zehn oder mehr Antwortmöglichkeiten hat, liefert zum Beispiel bei kleinen Gruppen keine validen Daten mehr.
Klare Fragen, klare Antworten
Jede strategische Umfrage sollte mit einer möglichst exakten Fragestellung beginnen: Hat das neue Produkt-Portfolio reelle Marktchancen? Wird der anstehende Relaunch des Online-Shops Ihre Zielgruppe ansprechen? Sind Ihre Kund:innen bereit, für ein Premium-Produkt höhere Preise zu zahlen? Erst wenn Ihre Fragestellung klar definiert ist, sollten Sie an das Umfrage-Design gehen.
Beginnen Sie Ihr Frage-Set mit möglichst einfachen und leicht zu beantwortenden Eröffnungs-Fragen, stellen Sie die schwierigen Fragen erst zum Ende der Umfrage. Wer sich bis dahin durchgeklickt hat, bricht die Umfrage dort mit geringerer Wahrscheinlichkeit ab.
Machen Sie einen Probelauf mit ausgewählten Proband:innen, um mögliche missverständliche Formulierungen zu finden oder Widersprüche im Frage-Design zu entdecken. Löschen Sie Fragen, die die Umfrage unnötig in die Länge ziehen und an Ihrem zentralen Erkenntnisinteresse vorbeigehen.
Die Auswertung
Lassen Sie sich bei der Auswertung der Umfrage nicht von Schein-Korrelationen täuschen. Bedenken Sie auch, dass wohlgesonnene Kund:innen oft positive Rückmeldungen geben, die deren reales Kaufverhalten nicht widerspiegeln. Als Organisator der Umfrage laufen Sie zudem Gefahr, Ergebnisse, die ihre Erwartungen scheinbar widerspiegeln, stärker zu gewichten als solche, die Ihren eigenen Erwartungen widersprechen.
Formulieren Sie Ihre Fragen neutral
Umfragen die lediglich dazu dienen, ein möglichst positives Feedback von allen Teilnehmer:innen abzuholen, verärgern viele Befragte. Achten Sie gerade bei kritischen Themen darauf, den Teilnehmer:innen auch Raum für negative Rückmeldungen zu lassen. Stehen bei einer Frage mehrere Antwortmöglichkeiten zur Auswahl, sollte die Hälfte davon für neutrale oder negative Antworten reserviert sein (zum Beispiel: „Das neue Produkt hat uns eher nicht weitergeholfen“).
Lassen Sie sich umgekehrt auch nicht von Gefälligkeitsbewertungen durch Ihre Nutzer:innen täuschen oder von zu vielen Punkten blenden. Bedenken Sie: Auf einer Bewertungsskala mit ein bis fünf Punkten, bei der keine null Punkte vergeben werden können, liegt die neutrale Mitte nicht bei 2,5, sondern bei 3 Punkten.
Wenn offene Fragen fehlen, bleibt vieles ungesagt
Je simpler die Umfrage, desto einfacher sind die Antworten der Teilnehmer:innen auszuzählen und einander gegenüberzustellen. Das verführt schnell dazu, bei Umfragen möglichst nur „geschlossene“ Fragen zu stellen, also Fragen, bei denen die Befragten nur die Auswahl zwischen vorgegebenen Antwortmöglichkeiten haben.
Doch wer bei wichtigen Umfragen nur wenige Antwort-Optionen zur Auswahl freigibt, wird viele Stimmungen und Zwischentöne nicht einfangen können – etwa die Unzufriedenheit Ihrer Kund:innen mit einer bestimmten Produkteigenschaft oder das eher durchwachsene Feedback Ihrer Kolleg:innen zur letzten internen Fortbildung.
Daher sollten Sie in solche Umfragen immer auch offene Fragen einbauen und nach der Umfrage auch einmal zum Telefonhörer greifen und Kolleg:innen oder Kund:innen zu deren individuellen Einschätzungen tiefergehend befragen. In der Statistik wird dieses Vorgehen auch als Qualitative Befragung bezeichnet. Erst hier zeigt sich oft, wo bei Produkten, die in Umfragen scheinbar neutral bis positiv bewertet werden, die unerkannten Fehler und Schwächen liegen.