Viele Unternehmen nutzen künstliche Intelligenz noch nicht in vollem Umfang. Eine internationale Studie des Beratungsunternehmens KPMG suchte nach Gründen hierfür und befragte mehrere tausend Menschen in Industrieländern wie den USA, Kanada und Deutschland.
Das Ergebnis: Zwar seien die meisten Umfrageteilnehmer:innen mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz einverstanden, um Aufgaben zu automatisieren und -zu erweitern. Doch in anderen Bereichen stünden viele Mitarbeitende der KI skeptisch gegenüber.
Zugleich gebe es wenig Wissen über KI in der Bevölkerung: 62 Prozent der Befragten hätten zwar schon vom Thema gehört. Allerdings gaben drei von fünf Personen an, eher wenig von KI und deren Einsatz im Alltag zu verstehen – also 60 Prozent.
Wo in der Bevölkerung Wissen fehlt, entstehen Ängste vor möglichen Gefahren durch lernende Computer. Es wird mehr über die Ethik der künstlichen Intelligenz diskutiert als über ihren Nutzen für den Menschen. Auch Unternehmen zögern, die Vorteile von KI zu nutzen, wenn dies dem Betriebsklima abträglich ist.
Immerhin: Mit zunehmender Verbreitung von KI verändert sich auch deren Wahrnehmung. 2023 ermittelte KPMG bereits ein deutlich KI-freundlicheres Umfeld in Unternehmen: So gaben 72 Prozent der befragten Unternehmen an, dass KI das Potenzial habe, die Produktivität in Unternehmen zu steigern. 62 Prozent schrieben KI die Fähigkeit zu, Innovationen zu fördern und die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zu erleichtern.
Kritische Wahrnehmung von KI
Viele Menschen haben ein falsches Bild von der noch jungen KI-Technologie, das häufig auch von deren Darstellung etwa in Kinofilmen und anderen Medien geprägt ist. Besonders mit drei Befürchtungen müssen sich Forscher:innen und Nutzer:innen von KI, aber auch Unternehmer:innen immer wieder befassen, wenn sie KI einsetzen:
Anstieg von Arbeitslosigkeit: Teile der Bevölkerung befürchten einen Anstieg der Arbeitslosigkeit durch künstliche Intelligenz. Ähnliche Sorgen gibt es häufig bei neuen, noch nicht verbreiteten Technologien. So sind beispielsweise aus der Technikgeschichte vergleichbare Befürchtungen belegt für den Bau der Eisenbahnen, die Computerisierung der Arbeitswelt und die Verbreitung des Internet.
Mit der Zeit erwiesen sich diese meist als unbegründet und es zeigte sich, dass neue Technologien stets auch viele neue, besser bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Das ist insbesondere für ein rohstoffarmes Hochtechnologieland wie Deutschland interessant, dessen wirtschaftlicher Erfolg von seiner Innovationskraft abhängt. So schützt technologische Weiterentwicklung auch vor der Abwanderung von High Potentials, also von hochqualifizierten Arbeitskräften, die sonst möglicherweise in Länder übersiedeln, die technologisch weiter sind.
Hohe Kosten durch Einführung künstlicher Intelligenz: Viele kleine und mittelständische Unternehmen fürchten die hohen Kosten des technologischen Wandels hin zu mehr künstlicher Intelligenz in Produktion, Logistik und Management. Daher führen oft große Unternehmen neue innovative Technologien zuerstein und vergrößern dadurch ihren technologischen Vorsprung. Dabei werden die Kostenvorteile von KI oft unter- und die Einführungskosten regelmäßig überschätzt. Viele KI-Technologien und -Anwendungen, die noch vor fünf bis zehn Jahren sehr teure Sonderanfertigungen waren, gibt es inzwischen längst als deutlich günstigere Industrie-Standardware.
Beispiele sind kollaborative Roboter mit KI an Bord, KI-Module für verbreitete Industriesteuerungen wie Siemens Simatic sowie KI-gestützte Zugangskontrollsysteme wie die aktuellen Türsteuerungen von Axis Communications. Sie alle haben nur geringe Mehrkosten gegenüber älteren Systemen ohne KI.
Künstliche Intelligenz besitzt keine Gefühle und Werte: Wird über KI gesprochen, wird oft auch darüber diskutiert, wie künstliche Intelligenz sich beispielsweise in einem moralischen Dilemma entscheiden würde. Bekanntes Beispiel ist hier die Frage, wie sich ein autonomes Auto bei einem unvermeidbaren Verkehrsunfall verhalten würde und ob es die Unversehrtheit der Insassen höher bewerten würde als die Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer:innen.
Doch auch wenn die Rechenleistung von KI stetig wächst, hat die Technik ihre Grenzen. Anders als der Mensch hat KI kein Bewusstsein und auch keine Vorstellung von ihrer Umwelt. Sie kann auch keine freien Entscheidungen treffen, sondern führt lediglich mathematische Berechnungen auf Basis der ihr vorliegenden Daten aus. Rationale oder emotionale Entscheidungen bleiben also weiterhin allein dem Menschen vorbehalten.
Allerdings kann KI in vielen Bereichen den Menschen unterstützen und so beispielsweise im Straßenverkehr mit Assistenzsystemen insgesamt zu einem Rückgang der Unfallzahlen beitragen.
Das unheimliche Tal
Der japanische Robotikforscher Masahiro Mori bezeichnete 1970 die Angst vor Robotern, künstlicher Intelligenz und Avataren als das „Phänomen des unheimlichen Tals“. Die Akzeptanz des Menschen für neue Technologien nimmt ab, je ähnlicher ihm diese zu werden scheinen. Roboter in Menschengestalt werden zum Beispiel häufiger abgelehnt als Roboter in Tiergestalt.
Mori erklärte aber auch: Könnten Maschinen menschliches Verhalten besser imitieren und auf ihr menschliches Gegenüber besser eingehen, wäre das Tal durchschritten. Mit zunehmender Gewöhnung würden Angst und Ablehnung zurückgehen und der Nutzenaspekt überwiegen.
Damit wären dann beispielsweise besonders immersive Kinofilme oder andere Unterhaltungsmedien möglich, bei denen die Zuschauer:innen mit der KI interagieren könnten.