Der bis heute weit verbreitete Change Management-Ansatz nach John Paul Kotter (*1947) wurde Anfang der 1990er-Jahre in seinem Buch „Leading Change” eingeführt. Es handelt sich dabei um eine konsequente Weiterentwicklung des Lewin-Modells mit acht statt drei Phasen. Dieses jüngere Modell ist zudem an moderne Bedingungen in der Arbeitswelt angepasst. Die einzelnen Phasen sind dabei jede für sich und in genau dieser Reihenfolge bedeutsam: Nur dann, wenn sie Schritt für Schritt durchlaufen und durch die Führungsebene aktiv begleitet werden, können Veränderungen nachhaltig gelingen.
Die acht Stufen nach Kotter laufen idealerweise wie folgt ab:
Phase 1: Die Dringlichkeit der Veränderung vermitteln
Wenn sich Abläufe im Unternehmen verändern sollen, hilft es, möglichst alle Betroffenen „an Bord” zu haben. Hierzu ist es notwendig, im gesamten Unternehmen klar zu kommunizieren, warum die Veränderung notwendig ist, was sie bringen wird und was (möglicherweise) passiert, wenn sie nicht stattfindet.
Verlassen Sie sich hierbei nicht auf irgendwelche Charts, die dramatisch sinkende Umsätze oder Ähnliches zeigen. Besser ist es, eine Diskussion über die Marktlage des Unternehmens, den Wettbewerb und die Chancen zu eröffnen. Eventuell hilft es, hierzu zunächst eine detaillierte SWOT-Analyse durchzuführen. Diese beleuchtet gezielt sowohl Stärken als auch Schwächen in der aktuellen Situation sowie die genannten Chancen und Risiken.
Laut Kotter sollten mindestens 75 Prozent der Unternehmensführung von den Veränderungen überzeugt sein. Daher sollten Sie dieser Phase eine besondere Aufmerksamkeit widmen und nicht zu früh mit den nächsten Maßnahmen starten.
Phase 2: Eine Task-Force aufbauen
Identifizieren Sie nun diejenigen Personen, die von der Veränderung besonders überzeugt sind. Stellen Sie hieraus ein Führungs-Team zusammen und bestimmen Sie mindestens eine Person, die die geplanten Veränderungen verantwortlich anleiten soll. Das muss nicht immer der CEO sein. Wichtig ist vor allem, dass die Beteiligten der Task-Force „Change” von der Mission überzeugt sind, als Team zusammenarbeiten und möglichst abteilungsübergreifend aufgestellt sind.
Phase 3: Die Veränderungs-Vision entwickeln
Ohne ein klares Ziel wird der Weg der Veränderung mehr als beschwerlich werden. Aus diesem Grund ist eine klare Vision vom Soll-Zustand von zentraler Bedeutung für den Erfolg. Auf folgende W-Fragen sollten alle Mitglieder der Task-Force „Change” jederzeit eine klare Antwort liefern können:
Welche unternehmerischen Wertvorstellungen liegen der Veränderungs-Maßnahme zugrunde?
Wie lässt sich die Maßnahme in wenigen Sätzen zusammenfassen, sodass sie jeder begreift?
Welche Strategie verfolgen Sie, um diese umzusetzen?
Phase 4: Die Vision intern kommunizieren
In diesem Schritt geht es darum, die erarbeitete Vision mit all ihren Aspekten konsequent zu vermitteln. Insbesondere steht die Veränderung meist im starken Kontrast zum weiterhin notwendigen Tagesgeschäft – hierfür echte Aufmerksamkeit zu bekommen, ist meist nicht ganz einfach.
Sprechen Sie also so häufig wie nur möglich über die Veränderungs-Vision und was sie bringen wird. Nehmen Sie Bedenken, Unsicherheiten und Kritik am laufenden Vorgehen ernst und reagieren Sie offen und ehrlich darauf. Versuchen Sie außerdem, für jeden Bereich und jeden Aspekt Ihres Unternehmens einen Bezug auf Ihre Vision zu erarbeiten und dort zu vermitteln. Das allgemeine Mindset muss lauten: „Wir profitieren alle davon”.
Phase 5: Stolpersteine entfernen
Gehen Sie davon aus, dass es berechtigte Kritik an Ihrem Vorgehen und jede Menge Bedenken geben wird. Nehmen Sie diese Einwände ernst und versuchen Sie jeweils, hierfür Lösungsansätze zu finden. Dazu kann es notwendig sein, externe Berater an Bord zu holen, die sich auf den Bereich „Change Management” spezialisiert haben. Hinterfragen Sie außerdem vorbehaltlos Ihre Unternehmenshierarchie, die Jobanforderungen und die Entlohnungsmodelle vor dem Hintergrund des neuen Ist-Zustands.
Mitarbeiter:innen, die Ihnen helfen, die Vision umzusetzen und dafür möglicherweise besonderen Einsatz leisten, sollten hierfür Anerkennung erfahren. Diejenigen hingegen, die immer wieder Bedenken vorbringen, sollten Sie anhören und versuchen, auf die Mission weiterhin einzuschwören. Es kann dabei durchaus passieren, dass so manche:r Mitarbeiter:in die Veränderungen gar nicht mittragen möchte. Für diesen Fall sollten Sie ebenfalls Lösungen parat haben.
Phase 6: Kurzfristige Erfolge mitnehmen
Wochen- oder gar monatelang an einem Ziel zu arbeiten, ohne Erfolge zu sehen, kann enorm zermürbend sein. Versuchen Sie daher, sogenannte „Quick Win”-Situationen zu erzeugen. Das sind Situationen, in denen schon kleine Veränderungen eine sehr große Wirkung haben. Ein Beispiel dafür könnte die Einführung von Microsoft 365 Business zum gemeinsamen Arbeiten an Dokumenten sein, mit dem Sie die Vorteile cloudbasierten Arbeitens eindrucksvoll demonstrieren. Phase 7: Auf Erreichtem konsequent aufbauen
Trotz aller kurzfristigen Erfolge und einem beginnenden Wandel des Unternehmens: Lassen Sie im Veränderungsprozess keinesfalls zu früh locker. Echte, nachhaltige Veränderungen brauchen Zeit und müssen auch Rückschläge aushalten können. Analysieren Sie also sehr genau, was nach einer erfolgreichen Einzelmaßnahme besonders gut lief und was nicht.
Bauen Sie konsequent auf die positiven Aspekte der einzelnen Veränderung auf und lernen Sie hieraus für weitere Maßnahmen. Überprüfen Sie außerdem regelmäßig, ob einzelne Mitglieder Ihrer Task-Force ausgetauscht werden müssen, weil sich die Herausforderungen verschoben haben oder einzelne Tasks abgeschlossen sind.
Der Prozess in Phase Sieben ist auch als „KAIZEN“ beziehungsweise „KVP” bekannt, was so viel heißt wie „kontinuierliche Veränderung zum Besseren hin”.