Von der Milchviehhaltung über den Getreideanbau bis hin zu Gemüsekultur und Weinbau: Schon in vielen Sektoren der Landwirtschaft gibt es marktreife Lösungen für das Precision Farming. Bei einigen fehlen noch die gesetzlichen Normen als letzter Schritt vor dem Markstart, andere sind schon länger im Einsatz. Hier einige Beispiele:
Smartes Düngen in der Präzisionslandwirtschaft
Seit 2017 schreibt der Gesetzgeber in Deutschland die sogenannte Düngebedarfsermittlung für landwirtschaftliche Nutzflächen vor. Hierbei müssen die Betriebe für jeden einzelne Anbaufläche – – oder jede Bewirtschaftungseinheit den Bedarf an Phosphat und Stickstoff ermitteln und alle Düngungen des Jahres hierauf abstimmen. Die erlaubten Düngemittelmengen hängen hier ab von:
dem aktuellen Stickstoffvorrat des Bodens
den Erträgen aus dem Vorjahr
den dort bisher angebauten Vorfrüchten
der im vergangenen Jahr eingesetzten Düngermenge.
Precision Farming verknüpft diese Daten per Software, ermittelt hieraus die optimale Düngermenge und sendet das Ergebnis anschließend per Funk an den Düngestreuer hinter dem Traktor. Beim Einsatz auf der Fläche erhält das Gerät zusätzlich GPS- und Bewegungsdaten vom Traktor. Hersteller wie John Deere bieten mit dem Starfire 3000 GPS-Dome entsprechende Lösungen an.
Über eine sogenannte Real-Time-Kinematik erreichen die Empfänger eine Positionierungsgenauigkeit von 0,2 bis 0,75m in der Bewegung. Fährt das Fahrzeug beim Wenden über eine bereits als gedüngt markierte Teilfläche oder über einen benachbarten Feldweg, schaltet sich der Düngerstreuer ab. Diese Technik nennt sich Geofencing mit virtuellen GPS-Zäunen. Während des Düngens misst der Streuer permanent die Fließfähigkeit des Düngegranulats. Verändert sich dieser Wert, justiert das System die Streueinheit entsprechend nach, sodass in Summe immer die geplante Gramm-Menge an Stickstoff oder Phosphat auf dem Schlag landet.
Smart Farming: Beispiele aus der Robotik bereits im Einsatz
Viele Tätigkeiten in der Landwirtschaft, bei denen es auf Erfahrung und Fingerspitzengefühl ankommt, galten lange Zeit als nicht automatisierbar.
Inzwischen haben Sensorik, Mustererkennung und Mechanik in der Robotik große Fortschritte gemacht. So hat die Firma Harvest CROO Robotics aus Florida 2022 einen selbstfahrenden, sechzehnarmigen Roboter vorgestellt, der Erdbeeren schonend ernten kann. Seine Optik ist mit einer künstlichen Intelligenz verknüpft, sodass die Maschine im laufenden Betrieb ihre Erkennungsalgorithmen für reife Erdbeeren stetig verbessert.
Bereits seit einigen Jahren ist der ECO Shuttle von Hersteller Wasserbauer in der Viehhaltung im Einsatz. Der selbstfahrende Fütterroboter fräst das Tierfutter von einem befahrbaren Silo ab, wo es in den Transporttank des Roboters eingeblasen wird. Anschließend bringt dieser es direkt in die Stallung, wo er es verteilt. Rund 200 Großvieheinheiten kann die Anlage versorgen. Damit wenden sich diese und vergleichbare Geräte anderer Hersteller vor allem an kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe, die sich durch entsprechende Robotik von zeitraubenden, täglich anstehenden Tätigkeiten entlasten wollen.
Noch mehr Automatisierung bieten Systeme wie die Misch- und Futterroboter des niederländischen Herstellers Lely. Die Robotik bereitet für jede Tiergruppe die passende Futtermischung aus mehreren Futterdepots und verbringt diese anschließend per Induktionsschleife geführt zum jeweiligen Futtertisch.
Durch den Einsatz von Fütterungsrobotern können Betriebe die Fütterungsintervalle herabsetzen. Die Elektronik erkennt, wann neues Futter benötigt wird. Wo in der manuellen Tierfütterung zwei tägliche Fütterungen realisierbar sind, schafft der Roboter bis zu elf Touren. Ergebnis: Die Tiere nehmen kleinere Mengen pro Fütterung auf, haben dadurch weniger Fütterungsstress. Krankheiten wie subklinische Pansenazidose durch den schnellen Verzehr großer Futtermengen sind rückläufig. Zugleich gibt es seltener Rangkämpfe unter den Rindern aufgrund von Fressneid.
Das britische Agritech-Startup Small Robot Company (SRC) arbeitet im Feldversuch mit einem Gespann aus mehreren Agrarrobotern. Ein Fahrzeug untersucht per Kamera den kompletten Schlag auf Unkräuter, eine zweite Maschine nutzt diese Daten, um das Unkraut anschließend per Stromstoß zu vernichten. Ein dritter Roboter, der bisher noch in der Entwicklung ist, soll auf diesen Flächen anschließend neue Sämereien setzen.
Noch arbeitet der Prototyp mit einer Relaisstation in einem Begleitfahrzeug, wo leistungsfähige Computer für die KI-Berechnungen an Bord sind. Mittelfristig soll das System autonom agieren und nur noch aus Drohne und Feldroboter bestehen.
Digitaler Weinberg: Lückenlose Überwachung für bessere Ernten
Auch im Weinberg hat die Digitalisierung Einzug gehalten, etwa im Markgräfischen Badischen Weinhaus. Das Unternehmen hat zusammen mit SAP und der sine qua non GmbH einen Weinberg elektronisch vernetzt und mit eigener Sensorik ausgestattet. Die Technik ermittelt an mehreren Punkten im Weinberg Parameter zu Vegetation, Umgebungsdaten und klimatischen Unterschieden zwischen Sonnen- und Schattenseite oder der Höhenlage. Der Betrieb erhält diese Daten über eine App und kann auf dieser Basis alle Entscheidungen zu Düngungen, Pflanzenschutzmitteleinsatz oder dem besten Zeitpunkt für die Lese treffen.
Auch im digitalen Weinberg ist das Ziel, alle Sensoren und Maschinen per Funk zu verbinden, zum Beispiel per Narrowband IoT.