WM
Krake Paul und seine Erben: Die sieben eigenartigsten Turnier-Orakel
Dies ist ein Gastbeitrag der 11FREUNDE-Redaktion:
Seit Pulpo Paul bei der WM 2010 geht kein großes Turnier ohne Orakel über die Bühne. Aber welche tierischen und nicht tierischen Propheten ragen aus dem von Streichelzoos und Radiosendern geschaffenen Chaos heraus? Wir schaffen Klarheit.
Katze Achilles
Für die kommende WM wurde ein offizielles Orakel vom Veranstalter bekannt gegeben. Die Katze Achilles soll den Spielausgang mittels einer Entscheidung zwischen zwei mit Flaggen gekennzeichneten Futternäpfen herbeiführen. Beim Confed-Cup konnte sich Achilles in der »Orakel-Quali« gegen Mitbewerber aus seiner Katzen-WG durchsetzen. Achilles ist eine von etwa 50 Katzen, die den berühmten Palastkomplex Eremitage in St. Petersburg seit einigen hundert Jahren bevölkern. Durch die Erschließung des florierenden Katzenvideo-Marktes erhofft sich die Fifa deutliche Mehreinnamen. Eins ist jedenfalls sicher, ihre Prognosen können nicht durch lautstarken Fan-Support beeinflusst werden – Achilles ist taub.
Kuh Yvonne
Das Hausrind Yvonne füllte im Sommer 2011 das Sommerloch, als sie sich ihrer Schlachtung entzog, über drei Monate durch Oberbayern streifte und sich partout nicht wieder einfangen ließ. Das mediale Echo auch aus dem Ausland führte zu einer derartigen Popularität, dass zum Entsetzen diverser 11FREUNDE-Redakteure von einer Verarbeitung zu Fleisch- und Wurstwaren abgesehen wurde und Yvonne stattdessen bei der EM 2012 von »Bayern 3« zum EM-Orakel gekürt wurde. Nach zwei falsch gewählten Futtereimern bei den deutschen Gruppenspielen gegen Portugal und die Niederlande wurde kurzerhand der Modus geändert und die Regel »Yvonne frisst den Verlierer« eingeführt. Die Spiele gegen Dänemark, Griechenland und Italien prognostizierte Yvonne dann tatsächlich korrekt.
Elch Konstantin
SWR 3 und der Wildpark Potzberg aus dem Landkreis Kusel schickten zur WM 2014 den Elchbullen Konstantin ins Rennen. Laut Angaben des Tierparks war Konstantin außerdem großer Fan des 1. FC Kaiserlautern. Andere Klubs aus der Region, etwa die TSG Hoffenheim, schieden aus, da Elche dafür eine zu große Selbstachtung haben. Nachdem sich der gebürtige Skandinavier in der Vorrunde und im Achtelfinale aus der falsch beflaggten Seite seiner zweigeteilten Tränke erfrischte, wurden in der Öffentlichkeit Rufe zur Verarbeitung Konstantins zu Elchsalami laut. Aktuell ist sein Verbleib unbekannt, wir hoffen, er hat ein schönes Plätzchen für sich gefunden, irgendwo zwischen zwei Brotscheiben und ein wenig Remoulade.
Elefantendame Nelly
Aus dem Serengeti-Park in Hodenhagen tritt seit längerer Zeit Nelly als Orakel in Erscheinung und duelliert sich in den Spielprognosen mit Sepp Maier. Zudem schießt Nelly Bälle auf zwei markierte Tore und folgt nicht ihrem Drang nach Futter bei der Darbietung ihrer Expertise. Eine Quote von 87,5 Prozent richtiger Prognosen über die WM 2011 (Frauen), EM 2012 und WM 2014 hinweg bedeuten vor allem eins: Nelly orakelt zweifelsfrei auf Champions League-Niveau. Ob sie mit ihren Schüssen auch die Katze von Anzing schon überwinden konnte, ist nicht überliefert.
Gürteltier Norman
Auch der Allwetterzoo Münster ließ sich 2014 nicht lumpen. Das Gürteltier Norman sollte für neue Besuscherscharen sorgen und war schließlich ein Artgenosse des offiziellen Fifa-Maskottchens »Fuleco«. Fuleco trug im Gegensatz zu Goleo immerhin eine Hose, heißt aber leider »Arsch« in der brasilianischen Umgangssprache. Wie dem auch sei, auch auf dem Orakel-Posten wird man an Ergebnissen gemessen und die waren bei Norman mit 50% Prozent Treffsicherheit gerade mal so gut wie bei einem schnöden Münzwurf. Aus diesem Grund wurde Norman bereits nach dem Achtelfinale gegen Algerien abberufen. »Norman war ein gutes und nettes, aber eben auch etwas konfuses Orakel und möchte sich deshalb zurückziehen,« diktierte der Zoodirektor damals in die Notizblöcke der nicht erschienenen Pressevertreter.
Der Abstauber
Nichts für Tierfreunde, sondern mehr was für Technikfreaks. Spiegel Online wartete bei der WM 2014 mit dem Saugroboter »Abstauber« auf. Der saugte fröhlich auf dem Spielfeld umher, bis seine Sensoren ihn auf den Weg in eins der beiden Tore schickten. Die von ihm gemachten Vorhersaugen waren dann entweder sauggeil, oder der Abstauber hatte versaugt. Seine Laufwege weisen auf jeden Fall Parallelen zu denen des deutschen Staubsaugers Christoph Kramer im WM-Finale auf.
Krake Paul
Die Lichtgestalt der Orakel ist und bleibt Paul aus dem »Sea Life Centre« in Oberhausen. Sein globaler Siegeszug nahm bei der WM 2010 seinen Lauf und war der Stein des Anstoßes für den Orakel-Hype der letzten Jahre. Danke nochmal dafür. Die wenigsten wissen allerdings, dass Paul bereits bei der EM 2008 in seinem Aquarium orakelte und sich da nicht ganz so prophetisch zeigte, wie zwei Jahre später beim Turnier in Südafrika. Was dann 2010 geschah kann man getrost als Hysterie bezeichnen. Nachdem Paul bereits bei den deutschen Gruppenspielen stets die richtige mit Miesmuscheln gefüllte Box ansteuerte und auch in den K.o.-Spielen treffsicher blieb, beobachteten über 200 Journalisten aus aller Welt seine (natürlich korrekte) Finalvorhersage. Drei Monate nach dem WM-Finale starb Paul eines natürlichen Todes. In Oberhausen errichteten sie ihm zu Ehren ein Denkmal, eine spanische Gemeinde ernannte ihn zum Ehrenbürger und auf Elba wurde eine Straße nach ihm benannt. Zweifellos der größte Sohn Oberhausens seit dem Weltklassespieler Max Meyer.