Wissen & Fun
Unter Verdacht: Der Fall Wesphael auf Netflix – Die wahre Geschichte hinter dem Skandalmord
32 Jahre lang war der Politiker Bernard Wesphael ein angesehenes Mitglied der belgischen Partei Ecolo. Im Jahr 2013 geriet sein Name jedoch mit einem furchtbaren Verbrechen in Verbindung – dem Mord an seiner eigenen Ehefrau. Die ab dem 17. März bei Netflix abrufbare True-Crime-Dokureihe „Unter Verdacht: Der Fall Wesphael“ schildert den Fall in sechs spannenden Folgen. Die Hintergründe zum wahren Fall gibt’s bei uns.
Der belgische Politiker Bernard Wesphael erlangte im Jahr 2013 auch über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit, als man seinen Namen mit dem Mord an seiner Ehefrau Véronique Pirotton in Verbindung brachte. Obwohl Wesphael drei Jahre später aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde, gehört das Verbrechen bis heute zu den mysteriösesten in der Geschichte Belgiens – und ist nun der Inhalt der sechsteiligen True-Crime-Dokumentation Unter Verdacht: Der Fall Wesphael.
Regisseur Alain Brunard ist bekannt für seine Arbeiten an zahlreichen Dokumentationsfilmen und -Serien sowie seine Filmportraits über bekannte Persönlichkeiten der Weltgeschichte – darunter Marie Antoinette und Marie Curie. Für Unter Verdacht: Der Fall Wesphael arbeitete Brunard mit Georges Huercano zusammen, der für die belgische TV-Show Täterjagd bereits ausführlich über den Mord an Véronique Pirotton recherchiert hatte. Drehbuchautor Pascal Vrebos komplettiert das Autoren-Regie-Trio.
Für Netflix suchten die drei das Gespräch mit Bernard Wesphael persönlich, der in der Serie die Gelegenheit bekommt, seine persönliche Sicht der Dinge darzulegen. Damit eröffnen die Macher:innen ihrem Projekt eine zusätzliche True-Crime-Ebene: In Unter Verdacht: Der Fall Wesphael geht es nicht bloß um die spannende Frage, was vor sieben Jahren wirklich geschah und ob Bernard Wesphael tatsächlich der Täter ist. Sondern auch darum, welche Spuren diese Anklage über die Jahre bei dem einstigen Verdächtigen hinterlassen hat.
Im folgenden Artikel erfährst Du alles über die wahren Hintergründe des Verbrechens und darüber, was den Fall Wesphael bis heute so außergewöhnlich macht.
Unter Verdacht: Der Fall Wesphael kannst Du ab dem 17. März bei Netflix oder über die entsprechende Option von Vodafones GigaTV sehen.
Vom Politiker zum Mordverdächtigen: Wer ist Bernard Wesphael?
Mit gerade einmal 22 Jahren gründete der gebürtig aus dem belgischen Walemme stammende Bernard Wesphael im Jahr 1980 die Partei Ecolo, die ideologisch etwa mit den Grünen hierzulande vergleichbar ist. Mit dem Einzug in die belgische Abgeordnetenkammer ein Jahr später begann für Wesphael eine beispiellose, wenngleich aufgrund seiner fundamentalistischen Gesinnung nicht unumstrittene, Politkarriere, die 2009, nach dem besten Wahlergebnis in der Geschichte der Partei, mit der Position des Fraktionsvorsitzenden gekrönt wurde.
Innerhalb Belgiens besaß Bernard Wesphael Prominentenstatus, der sich jedoch auf zweifelhafte Weise ausweitete, als er im Jahr 2013 wegen Mordes an seiner Ehefrau Véronique Pirotton verhaftet und angeklagt wurde. Vor Gericht bestritt er die Tat – seine zu Lebzeiten schwer depressive Gattin habe sich selbst das Leben genommen. Er habe Pirotton bereits leblos im Badezimmer vorgefunden.
Wenngleich Bernard Wesphael im September 2015 aus Zweifel an seiner Schuld freigesprochen wurde, konnte der Todesfall bis heute nicht vollends aufgeklärt werden. Genauso wenig die Frage, ob der Zeug:innenaussagen zufolge gewalttätige und eifersüchtige Wesphael den vermeintlichen Suizid seiner Gattin möglicherweise provoziert habe. Im Zuge des Prozesses kamen vermehrt Konflikte innerhalb der Ehe zwischen Wesphael und Pirotton ans Licht, die möglicherweise als Brandbeschleuniger für die tragische Tat fungiert haben könnten.
Im Oktober 2016 veröffentlichte Wesphael das Buch „Assassin“, in dem er von seiner Zeit als Hauptverdächtiger eines Mordes berichtet.
Die depressive Politikergattin: Wer war Véronique Pirotton?
Véronique Pirotton wurde zu Lebzeiten als gleichermaßen schöne und selbstbewusste, aber auch labile Persönlichkeit beschrieben. Seitdem die junge Frau zwischen ihrem 13. und 17. Lebensjahr durch einen Religionslehrer sexuell missbraucht wurde, zeigte sie Anzeichen von schweren manischen Depressionen, infolgedessen sich Momente größter Bestürzung und Trauer mit euphorischen Höhenflügen abwechseln.
Eine Anklage ihres Peinigers im Jahr 2010 wurde seitens der Justiz nicht weiterverfolgt, das Verfahren eingestellt. Daraufhin flüchtete sich Pirotton vornehmlich in den Konsum von Alkohol und Antidepressiva, dem ihr Mann, eigenen Angaben zufolge, nur hilflos zusehen konnte. Die Ehe zwischen Pirotton soll Zeug:innenaussagen zufolge toxisch gewesen sein. Pirotton hatte sogar einen Liebhaber. Bernard Wesphael bestreitet eine etwaige Gewaltausübung in der Ehe bis heute. Er habe seiner geliebten Frau helfen wollen, es aber nicht geschafft, sie von ihren Depressionen zu heilen.
Bis zum Tag ihres Todes im Jahr 2013 unternahm Pirotton mehrere Selbstmordversuche. Allein fünf davon soll Bernard Wesphael selbst miterlebt haben. Enge Verwandte von Véronique, darunter auch ihre Schwester Nadine, berichten jedoch Gegenteiliges. Véronique Pirotton sei kein suizidgefährdeter Mensch gewesen, sondern habe in jungen Jahren lediglich die eine oder andere Dummheit begangen, was rückwirkend als Suizidversuch fehlinterpretiert worden sei. Dazu gehört auch ein Sprung in die Maas.
Am 31. Oktober 2013 um 22:55 Uhr wurde Véronique Pirotton leblos auf dem Fußboden ihres Hotelzimmers in Ostende aufgefunden. Der erste Verdacht der herbeigerufenen Ärztin war eine Überdosis. Doch nachdem am Körper der Toten keine Einstichstellen gefunden werden konnten, rückte ein mysteriöser, direkt neben der Leiche platzierter Plastikbeutel ins Visier der Ermittlungen. Wurde die junge Frau damit von ihrem eigenen Ehemann erstickt?
Bei der anschließenden Obduktion fanden die Gerichtsmediziner:innen Anzeichen für stumpfe Gewalteinwirkung, die für den Tod der Wesphael-Gattin verantwortlich gewesen sein soll. Ein mögliches Mordmotiv waren Wesphaels Aggressionsprobleme, mit denen er seine Ehefrau zu Lebzeiten drangsaliert haben soll. Aufgrund Véronique Pirottons Krankheitsgeschichte gaben Wesphaels Anwälte vor Prozessbeginn ein Gegengutachten in Auftrag. Dieses kam zu dem Schluss, dass auch übermäßiger Alkoholkonsum in Kombination mit Medikamenten Schuld an Pirottons Tod gewesen sein könnte. Die genaue Todesursache ist bis heute ungeklärt.
Oswald De Cock: Véronique Pirottons Affäre
Ins Zentrum der Ermittlungen geriet zeitweise auch Oswald De Cock, der heimliche Liebhaber von Véronique Pirotton. Er war ein angesehener, ausgerechnet auf Eheberatung spezialisierter Psychologe, mit dem die junge Frau eine mehrmonatige Beziehung einging – zweimal (eine vor und eine in ihrer Ehe mit Bernard Wesphael). Das Verhältnis zwischen den beiden war von einer starken Körperlichkeit geprägt. Die beiden hatten oft Sex miteinander und schrieben sich gegenseitig Briefe über ihre erotischen Begegnungen. Einer davon wurde ihnen zum Verhängnis, als Bernard Wesphael ihn im Briefkasten ihres Hauses entdeckte.
Oswald De Cock war ein sehr selbstbewusster Mann, der Pirottons Heirat mit Bernard Wesphael als Trotzreaktion auffasste. Véronique habe Oswald schlicht eifersüchtig machen wollen, sodass die beiden ihre Affäre nur zwei Monate nach der Hochzeit wiederaufnahmen. Augenzeug:innen zufolge sei das Verhältnis zwischen De Cock und Pirotton ambivalent gewesen. Er habe sie auf der einen Seite regelmäßig beleidigt und schikaniert, beteuerte auf der anderen jedoch immer auch seine Liebe zu Véronique.
Eine Verbindung zum Todesfall konnte man Oswald De Cock aber nicht nachweisen.
Mord oder Selbstmord: Warum die Todesursache bis heute ungeklärt ist
Man möchte glauben, eine gerichtsmedizinische Untersuchung allein sollte genügend Aufschlüsse über die Todesursache im Fall Wesphael gegeben haben. Doch widersprüchliche Indizien machten es unmöglich, die exakten Gründe für Véronique Pirottons Ableben zu benennen.
In Ermangelung an Einstichen unter ihrer Haut konnte eine intravenös verabreichte Überdosis von Anfang an ausgeschlossen werden. Doch dafür war Pirottons Körper mit anderen Spuren übersäht. Verletzungen an ihrer Hand deuteten etwa darauf hin, dass sich die junge Frau gewehrt haben musste. Tiefe Wunden in Pirottons Kopfhaut zeugten zudem von stumpfer Gewalteinwirkung, die jedoch nicht die Todesursache selbst gewesen war.
Stattdessen führte wohl ein immenser Druck auf Pirottons Nasenrücken zum Erstickungstod des Opfers. Dazu passten auch Textilfasern, die auf Gesicht und Hals der Toten gefunden worden waren. Eine Strangulation konnte indes ausgeschlossen werden. Darüber hinaus nährten Blutspuren, sowohl von Bernard Wesphael als auch Véronique Pirotton, auf dem gemeinsamen Hotelbett sowie Verletzungen an Wesphaels Händen die Mordtheorie.
Demgegenüber stehen die Aussagen Bernard Wesphaels, der die Wunden an Pirottons Körper mit schweren Stürzen infolge übermäßigen Alkoholkonsums erklärt. Die toxikologische Untersuchung ergab später, dass die junge Frau zum Zeitpunkt des Todes einen sehr hohen Blutalkoholspiegel von fast drei Promille aufwies.
Außerdem wurden bei der Analyse Spuren von sechs unterschiedlichen Medikamenten gefunden, darunter Beruhigungsmittel, Antidepressiva und Schlafmittel. Doch eine akute Überdosis bestand nicht. Im Magen der Toten haben sich zum Zeitpunkt der Obduktion keine der Mittel mehr gefunden, die Einnahme muss daher längere Zeit vor dem eigentlichen Todeszeitpunkt stattgefunden haben.
Das könnte Dich auch interessieren:
- Verschwunden: Tatort Cecil Hotel – die wahre Geschichte hinter dem Fall Elisa Lam
- Carmel: Wer hat María Marta umgebracht?
Die wahre Geschichte hinter dem Tod von Véronique Pirotton: Kanntest Du den Fall bereits vorher? Hinterlasse uns gern einen Kommentar!