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The Best of Enemies bei Netflix: Die wahre Geschichte hinter dem Rassismus-Drama
Am 5. März holt sich Netflix das aufwühlende Drama „The Best of Enemies” ins Programm. Der mit Sam Rockwell und Taraji P. Henson exzellent besetzte Film erzählt eine unglaubliche Geschichte, die tatsächlich auf wahren Begebenheiten beruht. Wir klären Dich über die realen Hintergründe des Werks auf.
Ein Ku-Klux-Klan-Mitglied freundet sich mit einer schwarzen Bürgerrechtsaktivistin an: Die Geschichte von The Best of Enemies klingt ein bisschen so, als würde sie der blühenden Fantasie eines Hollywood-Produzenten entstammen, der sehnlichst nach einem Oscar schielt.
Doch Robin Bissell orientierte sich für sein Regiedebüt an Osha Gray Davidsons Buch The Best of Enemies: Race and Redemption in the New South, das wiederum auf historischen Ereignissen basiert. Für die Verfilmung hat Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Bissell Stars wie Sam Rockwell, Taraji P. Henson, Anne Heche und Wes Bentley vor der Kamera versammelt.
Im folgenden Artikel erfährst Du alles über die wahren Hintergründe des Films und wie es zu der außergewöhnlichen Freundschaft zwischen den beiden Protagonisten kam.
The Best of Enemies kannst Du ab dem 5. März bei Netflix oder über die entsprechende Option von Vodafones GigaTV sehen.
Aus der Armut zum Aktivismus: Wer war Ann Atwater?
Ann Atwater (im Film dargestellt von Taraji P. Henson) wurde 1935 in Hallsboro, North Carolina als eines von neun Kindern geboren. Da ihre Eltern sehr arm waren, musste sie schon als kleines Mädchen anfangen zu arbeiten, um die Familie finanziell zu unterstützen. Ebenso früh wurde ihr eingetrichtert, dass sie sich als Schwarze weißen Menschen unterordnen müsse und ihre Stimme weniger gelte.
Als 14-Jährige wurde sie schwanger und heiratete wenig später French Wilson, den Vater ihres Kindes. Das Baby starb kurz nach der Geburt, zwei Jahre später bekam sie jedoch ein weiteres Kind, das zum Glück überlebte. 1953 folgte sie dem Ruf ihres Ehemannes und zog in die Stadt Durham, die fortan zu ihrem Lebensmittelpunkt werden sollte. Nach der Geburt ihres dritten Kindes verließ der Alkoholiker French die Familie für einen besseren Job, woraufhin Atwater die Scheidung einreichte und ihre Kinder alleine großzog.
Trotz der vielen Schicksalsschläge sowie anhaltender Armut ließ sie sich nicht unterkriegen und fand bald darauf ihre persönliche Bestimmung: Mit Beginn der Sechzigerjahre setzte sich Atwater nämlich vehement für die schwarze Bevölkerung Durhams ein und unterstützte diese bei Wohnungsproblemen, indem sie flächendeckend über die Rechte gegenüber (meist weißen) Vermietern aufklärte.
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Ihr unermüdlicher Einsatz verschaffte ihr Respekt unter den Verantwortlichen der Stadt. Zudem erlangte sie durch ihr mitunter forsches und lautstarkes Auftreten einen gewissen Ruf, der dafür sorgte, dass sie von weißen Ratsmitgliedern angehört wurde.
Ein geläuterter Rassist: Wer war C. P. Ellis?
Der 1927 in Durham geborene Claiborne Paul Ellis (dargestellt von Oscarpreisträger Sam Rockwell) wurde maßgeblich von seinem rassistischen und alkoholkranken Vater geprägt, zu dem er eine enge Bindung pflegte. Auch er wuchs in Armut auf und schämte sich zunehmend dafür. Als Erwachsener änderte sich seine Situation nur bedingt: Er arbeitete in einer Tankstelle und konnte gerade so für seine Frau und ihre vier gemeinsamen Kinder sorgen.
Die Enttäuschung darüber entlud sich schließlich in Hass gegenüber Schwarzen, die er für seine Lage grundlos mitverantwortlich machte. Dies führte dazu, dass er – genau wie sein Vater zuvor – dem Ku-Klux-Klan beitrat, wo er innerhalb kurzer Zeit zum hohen Rang eines Grand Cyclops aufstieg. Hier fühlte sich Ellis, wie er später berichtete, erstmals in seinem Leben wirklich wichtig und respektiert.
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Er nutzte seine Macht in der Organisation, um wichtige politische Kontakte zum Stadtrat von Durham aufzubauen. Seine Ambitionen richteten sich anfangs noch stark gegen die schwarze Bevölkerung, deren Rechte er weiter einzuschränken versuchte.
Die Zusammenarbeit mit Ann Atwater sollte seine Sicht auf die Dinge jedoch fundamental ändern.
Save our Schools: Das Charrette-Verfahren 1971
Im Juli 1971 kam es zu einem sogenannten Charrette-Verfahren in Durham. Dabei handelt es sich um eine Art Stadtversammlung, bei der politische Entscheidungsträger gemeinsam mit Behördenverantwortlichen und Bürgern über gesellschaftliche Fragen diskutieren.
Thema der Charrette in Durham war die Rassentrennung an öffentlichen Schulen, die entgegen eines Gerichtsbeschlusses von 1954 immer noch stattfand. Dies führte zu einer angespannten Situation zwischen schwarzen und weißen Schülern sowie deren Eltern, da erstere ihr Recht durchsetzen wollten, während ihnen zugleich rassistischer Hass entgegenschlug.
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Um der Lage endlich Herr zu werden, rief Stadtrat Bill Riddick ein Charrette-Verfahren unter dem Motto „Save our Schools” ins Leben, das so viele schwarze und weiße Stimmen wie möglich zu Wort kommen lassen sollte. Als Leiter des zehn Tage andauernden Prozesses rekrutierte er sowohl Ann Atwater als auch C. P. Ellis, die zudem jeweils als Vertreter ihrer Seite fungierten.
Beide konnten sich eine Zusammenarbeit aufgrund ihrer immens unterschiedlichen Ansichten kaum vorstellen. Atwater meinte dazu: „Ich hasste ihn genauso sehr wie er mich hasste. Und das zeigten wir uns auch, bis das zehntägige Treffen startete.”
Wahre Geschichte: Der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft
Während des Charrette-Verfahrens bemerkten beiden jedoch, dass sie mehr Gemeinsamkeiten hatten als bisher angenommen. Atwater und Ellis wuchsen beide in Armut auf und erlebten, wie ihnen nahestehende Menschen dem Alkohol verfielen.
Zudem verfolgten beide dasselbe Ziel: Eine gewaltfreie Schule für ihre Kinder. Ellis wurde nach intensiven Gesprächen mit Atwater bewusst, dass dieses Ziel nur über eine erfolgreiche Integration von schwarzen Schülern möglich sei. Aber auch Atwater befreite sich von ihren Vorurteilen gegenüber Ellis und öffnete sich, nachdem sie bemerkte, dass der öffentliche Streit auch ihren Kindern schadete.
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Später berichtete sie: „Wir gingen ins Büro und weinten gemeinsam, weil wir die Dinge falsch angegangen waren, nur weil einer von uns schwarz und der andere weiß war.”
Zum Erstaunen Außenstehender entwickelte sich zwischen den ungleichen Fremden allmählich eine Freundschaft, die schließlich sogar dazu führte, dass Ellis am letzten Tag des Verfahrens vor allen Anwesenden seinen KKK-Mitgliedsausweis demonstrativ zerriss und der rassistischen Organisation entsagte.
Nach der Charrette fertigten Ellis und Atwater eine Liste mit Empfehlungen für die Schulbehörde an, die nicht nur einen diverseren Lehrplan beinhaltete, sondern auch die Bekämpfung von rassistischer Gewalt und mehr Mitspracherecht für die Schüler selbst. Ihre Vorschläge führten letztendlich zu deutlich besseren Bedingungen an den Schulen.
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The Best of Enemies: Was wurde aus Ann Atwater und C. P. Ellis?
Die enge Freundschaft der einstigen Feinde hielt ihr ganzes Leben lang. Ellis wurde nach seinem Austritt aus dem Ku-Klux-Klan von einigen Mitgliedern bedroht, die ihn fortan als Feind der Organisation betrachteten. Der Familienvater bereute seine rassistische Vergangenheit sehr, holte seinen Schulabschluss nach und machte sich anschließend für Schwarz-Weiß-Gewerkschaften in Durham stark.
Er starb im Jahr 2005 im Alter von 78 Jahren an Alzheimer. Ann Atwater hielt auf seiner Beerdigung eine Grabrede.
Atwater kümmerte sich nach dem Charrette-Verfahren weiter um die Belange der Unter- und Mittelschicht in der schwarzen Bevölkerung. 1975 heiratete sie ein zweites Mal und wurde Diakonin in der Mount Calvary United Church of Christ. Sie starb im Jahr 2016 im Alter von 80 Jahren. Bill Bell, der ehemalige Bürgermeister von Durham, ernannte ihr zu Ehren im Jahr 2013 den 6. Dezember zum „Ann Atwater Day”.
Für ihre Verdienste im Kampf gegen die Rassentrennung an öffentlichen Schulen wurden Ellis und Atwater 2019 von der Ehrenkommission Durhams posthum als Hauptpreisträger ausgezeichnet.
Was hältst Du von der wahren Geschichte hinter The Best of Enemies? Wird der Film ihr gerecht? Sag uns Deine Meinung in den Kommentaren!