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Tenet erklärt: Das steckt hinter Inversion und dem Ende des Zeiträtsels
Der neue Sci-Fi-Thriller „Tenet“ begeistert so sehr, wie er verwirrt. Wer auf der globalen Hetzjagd gegen den drohenden Weltuntergang den Überblick verloren hat, dem liefern wir hier die Erklärung für das komplizierte Hin und Her in der Zeit.
Inversion, Entropie und sich in Zeit vor- und rückwärts bewegende Objekte und Menschen: Wie wir schon in unserer Kritik zu „Tenet“ erklärt haben, ist das neue Sci-Fi-Meisterwerk von Christopher Nolan nicht nur in Sachen Handlung, sondern auch in der inneren Logik und Action ein komplexes Zeiträtsel.
Doch was ist nun eigentlich Inversion und wie funktioniert sie? Was ist eine temporale Zangenbewegung? Und was passiert am Ende von „Tenet“? Wir liefern Dir den Schlüssel zu diesem bombastischen Krieg zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Wenn man nach diesem Film überhaupt noch in diesen Kategorien denken kann.
ACHTUNG: Der folgende Text enthält explizite Spoiler zur Handlung, Prämisse und dem Ende von „Tenet“.
Tenet: Was ist Inversion?
Wie die Wissenschaftlerin Barbara (Clémence Poésy) zu Beginn von „Tenet“ erklärt, können Objekte wie Pistolenkugeln in der Zukunft durch eine Technologie invertiert werden. Dies geschieht dadurch, dass die Entropie der betroffenen Gegenstände umgekehrt wird.
Bei Entropie handelt es sich um eine thermodynamische Zustandsgröße. Inwiefern der Begriff im Film überhaupt sinnvoll genutzt wird und ob Entropie umgekehrt werden kann, ist eher eine Frage für Physiker.
Im Film zeichnet sich der Begriff vor allem so aus, dass gemeint ist, dass bestimmte physikalische Eigenschaften eines Objektes so geändert werden können, dass es sich durch Inversion in der Zeit zurückbewegt. Später erfahren wir außerdem, dass dieser Prozess sogar auf Menschen angewendet werden kann.
Eine detaillierte physikalische Erklärung, wie dieser Zustandswechsel konkret funktionieren soll, ist aufgrund der Komplexität des Entropie-Begriffs an dieser Stelle leider nicht möglich.
Wie funktioniert die Inversion?
Die Maschinen, die hinter der Inversion stecken, werden in „Tenet“ temporale Übergänge genannt. Ein Beispiel für eine solche Maschine sieht man im Film erstmals am Flughafen von Oslo. Wer im Film diese massiven Konstrukte auf der einen Seite betritt, kommt auf der anderen Seite invertiert wieder heraus.
Ganz ungefährlich ist dieser Vorgang jedoch nicht. Denn ab dem Zeitpunkt der Inversion existieren zwei Versionen derselben Person gleichzeitig.
Wie der Held (John David Washington) im Film gewarnt wird, darf ein invertierter Mensch niemals mit seinem in der Zeit normal vorwärts laufenden Gegenstück in Berührung kommen. Sonst droht ihm die sprichwörtliche Auslöschung. Deshalb müssen invertierte Menschen in „Tenet“ stets Schutzanzüge tragen, um diesen Fall zu verhindern.
Erfrieren statt Verbrennen: Die Umgekehrte Physik in Tenet
Hinzu kommt, dass sich eben nur der Invertierte in der Zeit zurückbewegt, die Welt um ihn herum aber nicht. Aus diesem Grund kann der invertierte Protagonist nicht normal atmen und muss eine Atemmaske tragen.
Auch die physikalischen Gesetze werden für Invertierte umgekehrt. Als Bösewicht Sator (Kenneth Branagh) das Auto in Brand steckt, in dem der Protagonist gefangen ist, löst die resultierende Explosion nicht etwa Verbrennungen aus, sondern Erfrierungen.
Gibt es in Tenet Zeitreisen?
Wenn wir von Zeitreisen im herkömmlichen Sinne sprechen, wie wir sie aus Filmen wie „Zurück in die Zukunft“ kennen, dann lautet die Antwort Nein. In „Tenet“ reisen die Charaktere nicht innerhalb eines Augenblicks von der Gegenwart zu einem konkreten Punkt in der Vergangenheit.
Und doch gibt es Zeitreisen, nur eben im wortwörtlichen Sinne. Inversion bedeutet in „Tenet” allerdings, dass sich der Mensch in der Zeit zurückbewegt. Am tatsächlichen und wahrgenommenen Zeitverlauf ändert sich in der Rückwärtsbewegung dagegen nichts.
Wenn Du also in Tenets Welt zwei Wochen in die Vergangenheit reisen willst, musst Du Dich eben auch wirklich zwei Wochen lang rückwärts in der Zeit bewegen. Eine Zeitreise mal anders gedacht.
Die spannendsten und faszinierendsten Zeitreise-Filme findest Du übrigens auch bei uns.
Was ist der Algorithmus in Tenet?
Der Algorithmus, den Sator fertigstellen will, hat die Fähigkeit, die Entropie der gesamten Erde umzukehren. Dessen Erfinder aus der Zukunft will dies jedoch verhindern und hat den Algorithmus in neun Objekte geteilt, die er in unterschiedlichen sogenannten „nuklearen Anlagen” in der Vergangenheit versteckt hat.
Würde die Aktivierung des Algorithmus gelingen, bedeutete dies den Untergang der Welt, wie wir sie kennen. Dann würde nämlich nicht mehr die bisher vorwärtslaufende Zeit dominant bleiben, sondern die rückwärts laufende Zeit zum neuen Standard.
Der bisherige Zeitstrahl und alle Menschen darin würden schlichtweg aufhören zu existieren. Oder, wie in einer Szene philosophiert wird, in eine Paralleldimension ausgelagert. Aber das ist selbst im Film nur eine vage Theorie.
Was ist das temporale Zangenmanöver?
Das temporale Zangenmanöver wird zum ersten Mal von dem Soldaten Ives (Aaron Taylor-Johnson) ins Spiel gebracht. Doch was bedeutet das eigentlich? Bei einem Zangenmanöver handelt es sich im Grunde um eine standardmäßige militärische Taktik, bei der ein Feind von zwei Seiten angegriffen wird.
In gewisser Weise ist dies auch in „Tenet“ gemeint, nur dass die beiden Truppen ihren Gegner eben nicht räumlich, sondern zeitlich flankieren. Dieses temporale Zangenmanöver wird zum Beispiel beim spektakulären Sturm auf die verlassene Stadt im Finale genutzt.
Anstatt blind anzugreifen, wird Team Blau zehn Minuten versetzt in der Zeit zurückgeschickt. Team Rot bewegt sich in der Gegenwart weiter vorwärts. In diesem Sinne bewegen sie sich also zeitlich aufeinander zu.
Das invertierte Team kann in der Rückwärtsbewegung die (aus der Gegenwartsperspektive) kommenden Ereignisse bereits beobachten und beeinflussen. Viel wichtiger ist jedoch, dass es das in der Zeit vorwärtslaufende Team Rot über zukünftige Gefahren, Fallen und Tricks informieren kann. Auf diese Weise sind sie dem Gegner einen Schritt voraus.
Tenet: Die Bedeutung des Endes
In dem Algorithmus-Raum, wo der Protagonist und Ives die Sprengung sicherstellen sollen, bleiben sie vor einem geschlossenen Tor stecken. Auf der anderen Seite sehen sie einen toten, maskierten Soldaten, an dessen Rucksack eine rote Kordel hängt.
Als dann Sators Handlanger den Helden durch die Gitter erschießen will, springt der am Boden liegende Kämpfer plötzlich auf und fängt die Kugel ab. Zwar war er wohl wirklich tot, jedoch kann man an seinen umgekehrten Bewegungen erkennen, dass er invertiert wurde.
Dies bestätigt sich, als er im Rückwärtsmodus das Tor für den Protagonisten und Ives öffnet und auf diese Weise durch den Tunnel verschwindet. Doch wer war der Unbekannte?
Nur kurz darauf offenbart sich die traurige Antwort: Als Neil (Robert Pattinson) zum Schluss loszieht, um sich ein weiteres Mal invertieren zu lassen, wird schnell klar, dass er der mysteriöse Lebensretter war. Er will sicherstellen, dass das Tor zum Algorithmus-Raum wirklich offen steht, wenn der Protagonist dort ankommt.
Als er sich umdreht, wird der letzte Zweifel daran ausgelöscht. An seinem Rucksack baumelt die rote Kordel. Neil ist der tote, maskierte Soldat, der nur wenige Minuten in der Vergangenheit leblos vor dem eisernen Tor enden wird.
Der Protagonist: Das Mastermind hinter Tenet
Schon in dem letzten Gespräch mit Neil deutet sich an: Robert Pattinsons Charakter kennt den Protagonisten schon wesentlich länger, als dieser bislang gedacht oder auch erlebt hätte. Er spricht von einer langen Freundschaft, obwohl sich die beiden im Film erst einige Wochen kennen.
Was dies wirklich bedeutet, wird dem Helden aber erst endgültig klar, als er Priya (Dimple Kapadia) erschießt, nachdem diese versucht, Kat töten zu lassen. Denn in Wahrheit ist er derjenige, der die geheime Organisation Tenet gegründet und Neil, Priya und in gewissem Sinne sogar sich selbst für den Kampf gegen den Weltuntergang rekrutiert hat.
Oder es in der Zukunft tun wird. Beziehungsweise in der Vergangenheit. Es bleibt kompliziert.
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