Wissen & Fun
Sei lieb – Bete und gehorche: Die wahre Geschichte hinter der Netflix-Doku
Die seit dem 8. Juni bei Netflix laufende Doku-Serie „Sei lieb – Bete und gehorche“ beleuchtet die Machenschaften einer grausamen Mormonen-Sekte und ihres Anführers Warren Jeffs. Die wahre Geschichte hinter der Doku findest Du hier.
In vier etwa 45-minütigen Episoden erzählt Regisseurin Rachel Dretzin eine dramatische Geschichte von hunderten Frauen und Kindern, die systematisch unterdrückt und missbraucht wurden, um die fundamental-religiösen Weltbilder ihrer Anführer zu bedienen. Im Zentrum stehen dabei die Mormonen-Sekte der „Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter-day-Saints“ (FLDS) und ihr Führer Warren Jeffs.
Sei lieb – Bete und gehorche kannst Du übrigens auch mit Vodafone GigaTV inklusive Netflix anschauen. So genießt Du das volle Programm auf einer Plattform. Alle Infos dazu gibt es hier.
Triggerwarnung: Der folgende Text befasst sich mit schweren Fällen von Missbrauch und sexueller Gewalt. Sollten Dich diese Themen triggern, lies hier lieber nicht weiter.
Sei lieb – Bete und gehorche: Was ist die FLDS?
Die Abkürzung FLDS steht für „Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter-day Saints“, was auf Deutsch „Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen Letzten Tage“ bedeutet. Diese Gruppe spaltete sich ab den 1950er-Jahren von der „Kirche Jesu Christi der Heiligen Letzten Tage“ (LDS) ab. Die LDS ist der institutionelle Kern des Mormonentums und wurde 1830 als Kirche Christi von Joseph Smith Jr. und Oliver Cowdery gegründet. Heute zählt die Glaubensgemeinschaft weltweit fast 17 Millionen Mitglieder.
Grundsätzlich betrachten sich alle Mormon:innen als Christ:innen. Die LDS, im speziellen die mormonische Taufe, wird von der großen christlichen Kirche jedoch nicht anerkannt. Ein wesentlicher Unterschied findet sich im Gottesbild. Jesus Christus, Gott und der Heilige Geist sind nach der Lehre der LDS drei eigenständige Entitäten, während die christlichen Kirchen das Prinzip der Dreifaltigkeit propagieren.
Die Haltung zu Polygamie spaltet die Mormonen
Seit dem Beginn des Mormonentums praktizierten dessen Mitglieder Polygamie, was staatlichen Gesetzen widersprach. 1904 veröffentlichte die LDS ein Manifest, indem sie von der Polygamie Abstand nahm und diejenigen Mitglieder exkommunizierte, die dennoch mehrere Frauen heirateten. Eine kleine LDS-Gruppe im heutigen Colorado City (Arizona) und Hildale (Utah) an der Grenze zwischen Arizona und Utah widersetzte sich jedoch diesem Manifest und bot allen Mormon:innen eine Zuflucht an, die weiterhin der Polygamie frönen wollten. Ihre Siedlung nannten sie fortan Short Creek.
1935 exkommunizierte die LDS schließlich die Mormon:innen aus Short Creek. In den folgenden Jahren herrschte große Uneinigkeit innerhalb der Gemeinschaft, was zur Bildung einiger Splittergruppen führte. Hieraus bildeten sich mehrere fundamentalistische Organisationen, darunter auch die FLDS. Aktueller Anführer der FLDS ist Warren Jeffs, der seit 2011 eine lebenslange Freiheitsstrafe absitzt.
Die FLDS wird von den US-amerikanischen Behörden als sogenannte „Hate Group“ eingestuft. Grund sind vor allem Äußerungen von Anführer Jeffs zu Schwarzen, Frauen, Homosexuellen und Gewalt. Laut Jeffs soll beispielsweise der Teufel durch die schwarze Weltbevölkerung Böses auf der Erde verbreiten. Zudem verglich er das Praktizieren von Homosexualität mit Mord.
Wer ist FLDS-Anführer Warren Jeffs?
Warren Steed Jeffs wurde am 3. Dezember 1955 in Sacramento (Kalifornien) geboren. Sein Vater Rulon Jeffs stieg 1986 zum Anführer der FLDS auf. Als er 2002 starb und 20 Ehefrauen und über 60 Kinder hinterließ, übernahm Warren den Posten seines Vaters. Zuvor hatte er mehr als 20 Jahre lang die Alta Academy, eine Privatschule unter FLDS-Schirmherrschaft, geleitet. In der ersten Woche seiner Amtszeit als Kopf der FLDS heiratete Warren 18 der 20 Ehefrauen seines Vaters. Naomi Jessop genoss besonderes Ansehen bei ihrem neuen Ehemann.
Kurz nach seinem Amtsantritt wurde die sowieso schon vorhandene Kritik der Medien, Anti-Polygamie-Aktivist:innen und Behörden an den Praktiken der FLDS immer lauter. Daraufhin entzog Jeff der Short Creek-Region den „Segen des Priesters“ und begab sich auf die Suche nach einer neuen Heimat für seine Sekte. 2003 kaufte die Gemeinschaft die Yearning for Zion (YFZ) Ranch in der Nähe von Eldorado (Texas). 500 Menschen begaben sich auf den Weg in ihre neue Bleibe. 2005 wurde die Ranch als Tempel offiziell geweiht.
Jeff verfügte über große Macht innerhalb der FLDS. Er allein hatte die Berechtigung, Eheschließungen durchzuführen und junge Mädchen und Frauen ihren späteren Ehemännern zuzuweisen. Zudem konnte er männliche Glaubensmitglieder bestrafen, indem er ihre Frauen, Kinder und Häuser anderen Männern zuwies. Dabei lehrte er seine Mitglieder, dass nur diejenigen in den Himmel kämen, die mindestens drei Ehefrauen hätten.
Eine Razzia bringt Erschreckendes ans Licht
2008 begaben sich die texanischen Behörden erstmals auf das Gelände der YFZ Ranch, nachdem eine unbekannte Anruferin behauptet hatte, dass sie sexuell missbraucht wurde. Verantwortlich dafür war Rozita Swinton, die bereits mit mehreren Fake-Anrufen für Aufsehen bei den Behörden gesorgt hatte. Wahrscheinlich handelte es sich auch bei diesem Anruf, den sie unter dem Namen Sarah getätigt hatte, um eine Lüge.
Eine knappe Woche nach dem vermeintlichen Notruf führten Polizist:innen und Sozialarbeiter:innen mit Unterstützung von SWAT-Teams und Hubschraubern eine Razzia auf der Ranch durch. Dabei stießen sie auf keinen Widerstand. Im Tempel fanden sie einige Betten vor, in denen erwachsene Männer Sex mit minderjährigen Mädchen gehabt haben sollen.
Sexueller Missbrauch konnte jedoch letztlich nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Befragungen einiger Mädchen zeigten aber, dass diese systematisch zu künftigen Ehefrauen herangezogen wurden. Im Rahmen der Razzia wurden 533 Frauen und Kinder von der Ranch befreit.
Sei lieb – Bete und gehorche: Rückschläge bringen den Prozess in Gefahr
Das Ganze hatte jedoch ein Nachspiel. Zahlreiche Mütter formulierten einen Aufruf zur Unterlassung an Richterin Barbara Walther und zweifelten darin die Maßnahmen der Inobhutnahme ihrer Kinder an. Ein Gericht entschied schließlich, dass es vor der Razzia nicht annähernd genug Beweise gegeben hätte, um die Kinder ihren Müttern wegzunehmen. Etwa die Hälfte der Frauen kehrte daraufhin mit ihrem Nachwuchs auf die Ranch zurück. Andere wurden in verschiedenen Einrichtungen aufgenommen.
Doch der sprichwörtliche Stein wurde durch die Razzia ins Rollen gebracht. Zahlreiche FLDS-Mitglieder wurden in den nächsten Monaten angeklagt und mussten sich vor Gericht verantworten. Raymond Jessop wurde zu zehn Jahren Haft wegen sexuellen Missbrauchs einer 16-Jährigen verurteilt. Allan Keate bekam 33 Jahre Haft, weil er ein Kind mit einer 15-Jährigen gezeugt hatte. Viele weitere bekamen ähnliche Strafen.
Warren Jeffs und ein Bestseller-Roman
Der dickste Fisch der Razzia war aber ohne Zweifel FLDS-Anführer Warren Jeffs. Schon 2004 wurde er erstmals angeklagt, als sein Cousin Brent ihm sexuellen Missbrauch vorwarf. 2005 folgte eine Anklage durch Elissa Wall, die als 14-Jährige mit ihrem Cousin Allen verheiratet wurde. Ihre 2008 unter dem Titel „Stolen Innocence“ veröffentlichte Autobiographie schildert die furchtbaren Erlebnisse und schaffte es auf die Bestsellerliste der New York Times.
Als Elissa ihre Anklage formulierte, befand sich Warren Jeffs bereits auf der Flucht vor der Polizei. 2006 kehrte er nach Colorado City zurück und führte weitere Hochzeiten durch. Die Whistleblower-Website The Smoking Gun veröffentlichte 2008 Bilder von Warren Jeffs mit zwei seiner minderjährigen Ehefrauen – die Jüngste war nur zwölf Jahre alt.
Schließlich wurde Warren Jeffs am 28. August 2006 gegen 21 Uhr im Rahmen einer Verkehrskontrolle verhaftet. Sein Nummernschild war bis zur Unlesbarkeit verdreckt, was die Aufmerksamkeit der Polizist:innen erregte. Die Anklage verzögerte sich jedoch, da einige Gesetzeshüter offenbar auch Teil der FLDS waren und kaum mit der Staatsanwaltschaft kooperierten.
Doch die Mühlen der Justiz mahlten. Der Prozess gegen Warren Jeffs begann am 11. September 2007. Kurz zuvor hatte er versucht, sich das Leben zu nehmen. Mehrmals stand der FLDS-Chef kurz vor der Schuldigsprechung, doch Fehler der Anklage und plötzliche Weigerungen der Zeug:innen verzögerten ein endgültiges Urteil. Es dauerte noch bis zum 9. August 2011, als Warren Jeffs schließlich wegen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt wurde. Seine Strafe kann frühestens im Sommer 2038 auf Bewährung ausgesetzt werden.
Mit GigaTV greifst Du auf Free-TV, Pay-TV und sogar Streamingdienste wie Netflix zu und kannst Sendungen auf Wunsch aufnehmen. Mit dem Tarif GigaTV inklusive Netflix steht Dir eine riesige Auswahl an Filmen, Serien und Dokumentationen zuhause oder unterwegs in brillanter HD-Qualität zur Verfügung. Falls Du von diesem Angebot noch nicht gehört hast, schau am besten hier bei unserer Übersicht vorbei – dort findest Du alle Infos.
Hast Du bereits von den schrecklichen Taten Warren Jeffs gewusst? Sag uns in den Kommentaren, wie Du Sei lieb – Bete und gehorche findest!