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Gladbeck: Das Geiseldrama - Die wahre Geschichte hinter der neuen Netflix-Doku
Die neue Netflix-Doku „Gladbeck: Das Geiseldrama“ beleuchtet einen der bekanntesten Kriminalfälle in Deutschland und die unfassbaren Fehler, die Polizei und Medien damals fabrizierten. Die wahre Geschichte hinter dem Geiseldrama findest Du hier.
Am 16. August 1988 nahmen die verhängnisvollen Ereignisse ihren Lauf. Damals überfielen Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski eine Bankfiliale in einem Einkaufszentrum in Gladbeck in Nordrhein-Westfalen. Kurz darauf kam es zu der Geiselnahme, die ganz Deutschland in Atem hielt.
Der bereits mehrfach ausgezeichnete Regisseur Volker Heise („Zeit der Helden“) nimmt mit seiner Netflix-Doku „Gladbeck: Das Geiseldrama” den Kriminalfall genauer unter die Lupe und schildert die bis ins Absurde abdriftenden Ereignisse. Dabei blickt Heise aber auch kritisch auf den Fall – kein Wunder, denn was sich damals tatsächlich zugetragen hat, mutet aus heutiger Sicht absolut wahnsinnig an.
Gladbeck: Das Geiseldrama kannst Du übrigens auch mit Vodafone GigaTV inklusive Netflix anschauen. So genießt Du das volle Programm auf einer Plattform. Alle Infos dazu gibt es hier.
Gladbeck: Das Geiseldrama – Wer waren Hans-Jürgen Rösner, Dieter Degowski und Marion Löblich?
Die beiden Haupttäter waren der Polizei bereits seit Jahren bekannt. Rösner wurde 1957 geboren und beging schon als junger Mann viele Raubüberfälle und Einbrüche in Gladbeck. Elf Jahre hatte er bereits in Haft verbracht. Etwa ein Jahr vor der Geiselnahme war er von einem Hafturlaub nicht zurückgekehrt und wurde von der Polizei gesucht.
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Degowski – Jahrgang 1956 – wuchs ebenfalls in Gladbeck auf und besuchte wie Rösner dort eine Förderschule. Aus dieser Zeit kannten sich die beiden Männer. Marion Löblich, die ebenfalls in den Fall involviert wurde, war zum Zeitpunkt der Geiselnahme Rösners Freundin. Auch sie besuchte als Kind eine Förderschule und stammt aus Bremen.
Die wahre Geschiche: Was geschah am 16. August 1988 in Gladbeck?
An jenem 16. August überfielen Rösner und Degowski morgens eine Bankfiliale in Gladbeck. Die Polizei wurde alarmiert, der Fluchtweg war versperrt. Daraufhin verschanzten sich die Täter im Gebäude und nahmen zwei Bankangestellte als Geiseln.
In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland schilderte Rösner Jahre später die Ereignisse aus seiner Sicht. Dabei erzählte er von der Planung des Überfalls:
„Die Idee mit dem Überfall auf die Deutsche Bank kam vom Degowski. Es geht mir aber nicht um die Idee oder um Schuld oder nicht Schuld – wir hatten uns beide für den Überfall entschieden. Nichts anderes zählt. […] Dass das alles dann so ausgeartet ist, das hätte ich niemals für möglich gehalten.“
Wilde Flucht bis nach Bremen
Polizei und Geiselnehmer verhandelten den ganzen Dienstag über. Um 21:45 Uhr verließen Degowski und Rösner zusammen mit den beiden Geiseln die Bankfiliale und stiegen in das bereitgestellte Fluchtfahrzeug. Was dann passierte, verblüffte selbst die erfahrensten Polizisten: Die Täter flüchteten nicht, sondern deckten sich mit Reiseproviant, Alkohol und Tabletten ein. Mehrmals wechselten sie das Fluchtfahrzeug, landeten letztlich aber in einem von der Polizei präparierten und auffällig geparkten Fahrzeug.
Hiermit holten sie Rösners Freundin Löblich ab und verließen Gladbeck in Richtung Bremen. Dort bot sich den Beamten die erste ideale Gelegenheit, die Geiselnahme ohne Blutvergießen zu beenden. Denn Rösner und Löblich gingen im Stadtteil Vegesack shoppen, während Degowski kurzzeitig das Auto verließ. Doch das Zeitfenster ließ die Polizei verstreichen.
Gladbeck: Das Geiseldrama – Die absurde Pressekonferenz von Rösner und Degowski
Kurz darauf bemerkten die Geiselnehmer:innen, dass sie verfolgt wurden und kaperten um 19 Uhr einen Linienbus mit 32 Fahrgästen. Nun folgte die nächste unglaubliche Wendung.
Denn die Presse hatte die Flüchtigen seit Stunden verfolgt und sich nun in der Nähe des Busses platziert. Degowski und Rösner wurden von Journalist:innen befragt, hielten offizielle Pressekonferenzen ab. Sogar die Geiseln mussten sich Fragen gefallen lassen, während ihnen Pistolen an die Köpfe gehalten wurden.
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Später wurden fünf Fahrgäste freigelassen und die beiden Bankangestellten gegen zwei Journalisten ausgetauscht. Die Übergaben fanden an der Raststätte Grundbergsee statt. Dort kam es zu einem weiteren folgenschweren Fehler. Zwei Polizisten überwältigten Löblich ohne konkreten Einsatzbefehl auf der Toilette. Als Degowski und Rösner davon Wind bekamen, forderten sie die sofortige Freilassung ihrer Komplizin.
Die Einsatzleitung reagierte sofort mit dem entsprechenden Befehl. Doch die zuständigen Beamten hatten die Raststätte schon mit Löblich verlassen und mussten erst umkehren. Als dann auch noch der Schlüssel für die Handschellen abbrach, verzögerte sich die Freilassung weiter.
Das erste Todesopfer ist erst 14 Jahre alt
Daraufhin schoss Degowski um 23:05 Uhr dem 14-jährigen Italiener Emanuele De Giorgi in den Kopf. Der Jugendliche hatte sich schützend vor seine neunjährige Schwester Tatiana gestellt und bezahlte dafür mit dem Leben. Rösner bedauerte vor allem seinen Umgang mit Tatiana, wie er im RND-Interview erklärte:
„[Ich bereue], dass ich damals die kleine Schwester von Emanuele, nachdem ich sie als Druckmittel gegen die Polizei benutzt hatte, nicht nach Hause geschickt hatte, weil sie eben das alles über sich ergehen lassen musste. Aber leider konnte ich in dieser Situation keinerlei Empathie aufbringen, weil auch für uns Täter stets Lebensgefahr bestanden hatte, weil man uns jederzeit hätte erschießen können.“
De Giorgi war allerdings nicht sofort tot. Der schwerverletzte Jugendliche konnte aber nicht medizinisch versorgt werden, weil die Polizei keinen Rettungswagen bereitgehalten hatte. Der alarmierte Notarzt traf erst 15 Minuten nach dem Kopfschuss am Tatort ein – zu spät für De Giorgi. Ein Gutachten kam später aber zu dem Ergebnis, dass der Jugendliche wohl auch mit medizinischer Soforthilfe nicht überlebt hätte.
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Nach dem furchtbaren Mord flüchteten die Täter:innen mit den verbliebenen Geiseln in Richtung Niederlande. Dort ließen die Entführer:innen fünf Geiseln frei. Um 6:30 Uhr bekam das Trio einen neuen Fluchtwagen gestellt, der mit einer Funkfernsteuerung versehen war, um den Motor des Autos von außen abzustellen. Silke Bischoff und Ines Voitle waren zu diesem Zeitpunkt die einzigen Geiseln, die sich noch bei den Verbrechern befanden.
Gladbeck: Das Geiseldrama – Wieder zurück in Deutschland
Gegen sieben Uhr passierten sie die deutsche Grenze und fuhren nach Köln, wo zahlreiche Journalist:innen auf die Verbrecher:innen warteten. Um elf Uhr führten Reporter:innen mitten in der belebten Kölner Fußgängerzone Live-Interviews mit Degowski, Rösner und den Geiseln. Darunter war auch der heutige „Hart aber fair“-Moderator Frank Plasberg, dessen Interview jedoch nicht ausgestrahlt wurde.
Zu einer zweifelhaften Maßnahme griff der spätere Bild-Chefredakteur Udo Röbel, der sich als Lotse anbot, in das Fluchtauto stieg und den Täter:innen dabei half, Köln zu verlassen. Nach mehreren Stopps entschied sich die Polizei um 13:35 Uhr für einen Zugriff. Nachdem die Flüchtenden auf dem Standstreifen der Autobahn in Bad Honnef nach einem Halt wieder anfuhren, rammte ein SEK-Fahrzeug das Auto.
Auch der finale Zugriff geht mächtig schief
Allerdings traf der Fahrer das Fluchtauto nicht wie geplant an der Fahrertür, sondern am linken Hinterrad. Zudem fehlte den Beamt:innen der Funksender, um den Motor auszuschalten. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem die Geisel Silke Bischoff tödlich getroffen wurde. Sie wurde nur 18 Jahre alt. Degowski erlitt derweil einen Kreislaufkollaps, während Rösner auf die Polizisten feuerte. Schließlich wurde auch er ins Bein getroffen, woraufhin er und Löblich aufgaben.
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Insgesamt fielen während des fünfminütigen Zugriffs 62 Schüsse. Die zweite Geisel Ines Voitle wurde durch eine Polizeikugel verletzt, rettete sich aber durch einen Sprung aus dem Auto. Aus Sicht von Rösner hatte es sich so abgespielt:
„Für den Tod von Silke Bischoff hat man mich verantwortlich gemacht, aber ich sage, dass das nicht der Wahrheit entspricht, dass das Kölner SEK sie auf dem Gewissen hat, dass die Polizei stark manipulierte, um so Beweise gegen mich zu schaffen. Silke Bischoff war eine ganz Liebe, niemals hätte ich ihr irgendwas Zusätzliches antun können, schon gar nicht erschießen! Ein solches Ende hatte diese junge Frau nicht verdient.“
Gladbeck: Das Geiseldrama – Kritik an den Medienvertreter:innen
In der anschließenden Aufarbeitung der Ereignisse wurde vor allem die Rolle der Journalist:innen ambivalent bewertet. Auf der einen Seite wurden die Freilassungen der fünf Geiseln in Bremen und die der zwei Bankangestellten an der Raststätte Grundbergsee vor allem durch den Einsatz der Reporter:innen erreicht. Zudem nahmen zwei Journalisten den schwerverletzten Di Giorgi am Bus in Empfang.
Auf der anderen Seite wurde auch viel Kritik am Verhalten der Reporter:innen geäußert. So habe einer der Anwesenden den Kopf von Di Giorgi „fotogerecht“ beim Empfang in die Kamera gehalten. Auch die distanzlose Berichterstattung ließ Vorwürfe laut werden, dass diese teilweise die Arbeit der Polizei erschwerte, den Verbrechern eine öffentliche Plattform gab und ihnen sogar mitunter ihre Flucht erleichterte.
Wahre Begebenheit: Lebenslange Haftstrafen für Rösner und Degowski
Rösner und Degowski wurden derweil am 22. März 1991 vom Landgericht Essen wegen gemeinschaftlichen erpresserischen Menschenraubs und Geiselnahme mit Todesfolge zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Rösner wurde zudem des versuchten Mordes, Degowski des Mordes schuldig gesprochen. Die Richter ordneten außerdem eine Sicherheitsverwahrung für Rösner an. Löblich wurde wegen erpresserischen Menschenraubs und Geiselnahme mit Todesfolge zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt.
Rösner sitzt auch heute noch in Haft. Degowski verließ das Gefängnis unter neuer Identität am 15. Februar 2018. Löblich wurde 1997 nach sechs Jahren Haft entlassen.
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Ungünstige Zufälle oder völlige Inkompetenz der Behörden? Sag uns in den Kommentaren, wie Du das Geiseldrama von Gladbeck einordnest!