Autor Johann Scheerer
© Christian Charisius/dpa
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Auf dem Bild zum "Devil May Cry auf Netflix-Artikel" ist der Protagonist Dante in einer dynamischen Kampfszene zu sehen. Er trägt einen roten Mantel, der im Wind weht, und zielt mit einer Pistole auf ein Ziel außerhalb des Bildes. Dante hat weißes Haar und eine muskulöse, teilweise freigelegte Brust. Seine entschlossene Miene und die nächtliche Kulisse betonen die actionreiche Atmosphäre der Szene.

Wir sind dann wohl die Angehörigen: Die wahre Geschichte

Ab dem 3. Novem­ber 2022 kannst Du das Krim­idra­ma „Wir sind dann wohl die Ange­höri­gen“ im Kino sehen. Regis­seur Hans-Chris­t­ian Schmid („Crazy”, „Requiem”) hat das gle­ich­namige Buch von Johann Scheer­er ver­filmt. Scheer­er ist der Sohn des 1996 ent­führten Mil­lionener­ben Jan Philipp Reemts­ma. Film und Buch the­ma­tisieren die Ent­führung aus Sicht der Fam­i­lie. Hier liest Du die wahre Geschichte hin­ter „Wir sind dann wohl die Angehörigen“.

Die wahre Geschichte hinter „Wir sind dann wohl die Angehörigen”: Wer ist Jan Philipp Reemtsma?

Am Tag sein­er Ent­führung am 25. März 1996 ist Jan Philipp Reemts­ma 43 Jahre alt, ver­heiratet und hat einen 13 Jahre alten Sohn: Johann Scheer­er. 2018 veröf­fentlicht Scheer­er den Roman, auf dem der Film „Wir sind dann wohl die Ange­höri­gen” basiert. Im Film übern­immt Philipp Hauß die Rolle von Jan Philipp Reemts­ma. Sein Sohn Johann wird von Claude Hein­rich gespielt. Adi­na Vet­ter schlüpft in die Rolle der Mut­ter Ann Kathrin Scheerer.

Doch wer ist die Fam­i­lie eigentlich? Jan Philipp Reemts­ma ist Grün­der des Ham­burg­er Insti­tuts für Sozial­forschung und Nachkomme ein­er ver­mö­gen­den Indus­triel­len­fam­i­lie. Der Lit­er­atur­wis­senschaftler verkaufte seine Anteile an dem Unternehmen bere­its im Alter von 26 Jahren und wurde dadurch zum Mul­ti­mil­lionär. Er gehört zu den reich­sten Men­schen Deutschlands.

Die Fam­i­lie Reemts­ma wohnt auf einem großzügi­gen Grund­stück im Ham­burg­er Stadt­teil Blanke­nese. Am Abend des 25. März ver­lässt Reemts­ma das Wohn­haus, um sich in seinem eben­falls auf dem Grund­stück befind­lichen Arbeit­shaus zu entspan­nen. In einem Gebüsch auf dem Grund­stück der Fam­i­lie lauern zwei Män­ner. Und dann passiert es.

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Die wahre Geschichte der Entführung

Die Ent­führer über­wälti­gen Reemts­ma, fes­seln ihn und wer­fen den hil­flosen Mann in den Kof­fer­raum ihres Wagens. Die Namen der Krim­inellen: Thomas Drach und Wolf­gang Kosz­ics. Sie haben Monate zuvor ein Haus in einem nord­deutschen Dorf namens Garl­st­edt angemietet, in das sie Reemts­ma verschleppen.

Am Abend des Ent­führungstages find­et Reemts­mas Frau Ann Kathrin Scheer­er auf ein­er Mauer vor dem Wohn­haus einen Brief. Die Ent­führer haben das Stück Papi­er mit ein­er Hand­granate beschw­ert. In dem Erpresser­brief fordern die Kid­nap­per 20 Mil­lio­nen D-Mark Lösegeld. Die Dro­hung: Wenn die Fam­i­lie Polizei oder Medi­en informiert, wird Jan Philipp Reemts­ma ermordet.

Ann Kathrin Scheer­er lässt sich jedoch nicht ein­schüchtern und informiert nachts die Polizei. Wenige Tage später arbeit­en rund 200 Ein­satzkräfte am Ent­führungs­fall Reemtsma.

Die Polizei appel­liert an die Medi­en, den Fall noch nicht pub­lik zu machen. Alle eingewei­ht­en Redak­tio­nen hal­ten sich an diese Bitte.

So lief die Kontaktaufnahme ab

Im Erpresser­brief geben die Krim­inellen Anweisun­gen, wie die Kon­tak­tauf­nah­men stat­tfind­en soll: Ann Kathrin Scheer­er soll in der Zeitung Ham­burg­er Mor­gen­post eine Anzeige schal­ten. Der Inhalt: „Alles Gute, Ann Kathrin“ und eine Faxnum­mer, über die die Ent­führer mit ihr kom­mu­nizieren können.

Über Kleinanzeigen ver­sucht die Polizei in den kom­menden Wochen immer wieder, mit den Ent­führern in Kon­takt zu treten. Für Unbeteiligte völ­lig harm­lose Grußbotschaften sollen die Bere­itschaft der Fam­i­lie sig­nal­isieren, das geforderte Lösegeld zu zahlen: „Alles Gute, Ann Kathrin. Laßt uns nicht so lange warten. Es ist doch alles bere­it. Melde Dich!“, inseriert die Polizei unter anderem in der Ham­burg­er Gruß­post. Und irgend­wann klappt es.

Die Geldübergabe scheitert

Am 3. April 1996 soll in der Nähe von Ham­burg das Lösegeld übergeben wer­den. Ann Kathrin Scheer­er und der Anwalt Johann Schwenn sollen das Geld über­brin­gen. Doch die Über­gabe scheitert.

Auch die zweite Geldüber­gabe am 13. April 1996 scheit­ert, da Schwenn den Sack mit Geld zu spät am Über­gabepunkt abliefert. Jan Philipp Reemts­ma sitzt mit­tler­weile fast 20 Tage in seinem engen Ver­lies in dem unauf­fäl­li­gen Haus mit Reet­dach in Garlstedt.

Jan Philipp Reemtsma kommt frei

Die Ent­führer melden sich bei dem Ham­burg­er Pas­tor Chris­t­ian Arndt und dem Sozi­olo­giepro­fes­sor Lars Clausen. Bei­de Män­ner sind Fre­unde von Jan Philipp Reemts­ma. Sie sollen die Geldüber­gabe übernehmen. Doch mit­tler­weile wollen die Ent­führer mehr Geld: 30 Mil­lio­nen D-Mark Lösegeld soll die Fam­i­lie zahlen.

Am 24. April gelingt die Geldüber­gabe schließlich. Die bei­den Reemts­ma-Ver­traut­en Arndt und Clausen parken nahe Krefeld ihren Wagen an einem Ack­er. Im Gepäck haben sie zwei Reise­taschen voller Geld.

Endlich: Die Ent­führer melden sich und bestäti­gen den Erhalt des Geldes. In der Nacht zum 27. April 1996 lassen sie Jan Philipp Reemts­ma frei. Der ori­en­tierungslose Mann läuft durch die dun­kle Nacht und find­et schließlich ein Wohn­haus. Er meldet sich bei sein­er Frau per Tele­fon: „Ich bin’s. Ich bin frei“.

Der Lit­er­atur­wis­senschaftler und Indus­trie-Erbe Jan Philipp Reemts­ma wurde 1996 ent­führt und tage­lang gefan­gen gehal­ten. Hier auf einem Foto von 2019. — Bild: pic­ture alliance/dpa | Chris­t­ian Charisius

Die Jagd nach den Tätern beginnt

Am Tag nach der Freilas­sung spielt die Polizei im Rah­men ein­er Pressekon­ferenz Tonauf­nah­men der Ent­führer ab. Und tat­säch­lich: Mith­il­fe der Auf­nah­men lassen sich zwei Täter iden­ti­fizieren: Die Polizei ver­haftet Wolf­gang Kosz­ics und Peter Richter. Als Drahtzieher iden­ti­fiziert die Polizei Thomas Drach – er hat das Haus in Garl­st­edt gemietet. Drach set­zt sich nach Argen­tinien ab, wird jedoch 1998 nach Deutsch­land aus­geliefert. Ein weit­er­er Mit­täter, Piotr Laskows­ki, stellt sich 1999 selb­st der Polizei.

Alle an der Tat beteiligten Män­ner erhal­ten teils langjährige Haft­strafen. Laskows­ki wird nach sein­er Haft­strafe 2002 in sein Heimat­land Polen abgeschoben. Am 10. Feb­ru­ar 2014 taucht Wolf­gang Kosz­ics’ Leiche im Meer vor der por­tugiesis­chen Algarve auf. Die Polizei geht von Suizid aus.

Das Bild zeigt den Sprecher der Polizei Hamburg 1996 bei einer Pressekonferenz

Polizeis­prech­er Wern­er Jan­tosch zeigt 1996 in Ham­burg eine von Jan Philipp Reemts­ma ange­fer­tigte Skizze des Keller­raums, in dem der Mil­lionenerbe fast fünf Wochen lang einges­per­rt war. — Bild: pic­ture-alliance / dpa | Carsten_Rehder

Wo ist das Lösegeld geblieben? Das sagt die wahre Geschichte hinter „Wir sind dann wohl die Angehörigen”

Jahre nach der Ver­haf­tung und Verurteilung der Kid­nap­per ste­ht die Jus­tiz immer noch vor einem Rät­sel: Ein großer Teil des Lösegelds ist bis heute nicht wieder aufge­taucht. Nur (umgerech­net) 1,3 Mil­lio­nen Euro des Geldes machen die Behör­den aus­find­ig. Die Polizei ver­mutet zunächst, dass die fehlende Geld­summe im Rock­er­m­i­lieu gewaschen wurde. Doch dies erweist sich als Fehlannahme.

Heute gehen die Behör­den davon aus, dass der Brud­er von Drahtzieher Thomas Drach das Geld entwed­er ver­prasst oder bei einem gescheit­erten Dro­gen­deal ver­loren hat.

Wirst Du Dir „Wir sind dann wohl die Ange­höri­gen” im Kino anse­hen? Schreib uns Deine Mei­n­ung in die Kommentare.

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