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West Side Story in der featured-Filmkritik: It feels meistens pretty
West Side Story ist einer der Musical-Klassiker aus den 50er Jahren. Die nachfolgende Verfilmung von 1961 räumte sogar zehn Oscars ab. Nun hat Steven Spielberg ein Remake gewagt, welches Musical und Verfilmung neu auflegt. Ob er damit überzeugen kann?
New York City in den 1950ern: Das Leben findet auf der Straße statt und ist nicht immer ganz einfach. Weder für die Jungs der eimheimischen Jugendbande Jets mit deren Anführer Tony (Ansel Elgort), noch für die Truppe puerto-ricanischen Sharks, die von Bernardo (David Alvarez) geleitet wird. Die beiden Gruppen geraten immer wieder aneinander, da sowohl die Jets als auch die Sharks das Viertel für sich beanspruchen. Als Tony auf Bernardos Schwester Maria (Rachel Zegler) trifft und sie sich verlieben, droht die Situation zu eskalieren. Können die zwei Verliebten aus so unterschiedlichen Welten zusammenbleiben?
West Side Story: Blasser Hauptdarsteller für eine starke Rolle
Ansel Elgort, den Du vielleicht bereits aus dem Film „Baby Driver“ kennst, übernimmt die männliche Hauptrolle des Jets-Anführers Tony. Deutlich größer als die anderen Mitglieder der Gang sticht er dadurch hervor, dass er um jeden Preis Gewalt vermeiden will. Im Gegensatz zum Musical und der ersten Verfilmung liegt der Fokus im Remake nicht allein auf der Liebesgeschichte zwischen Maria und Tony. Tony bekommt ein stärkeres Charaktergerüst. Der Film erzählt tiefgründiger als seine Vorgänger, warum er sich mehr und mehr aus den Bandengeschäften zurückgezogen hat. Das nützt nur leider nicht viel, denn die meiste Zeit bleibt Elgort erstaunlich blass und langweilig. Er wird der Rolle des kantigen und rauen Tonys nicht gerecht. Weder sein Babyface noch seine schwammige Performance, die gerade in der Mimik oftmals einfach zu lasch ist, helfen dabei. Übrigens genauso wenig wie den Gesangseinlagen.
Grandiose Hauptdarstellerin für eine zu flache Rolle
Das fällt vor allem immer dann auf, wenn Rachel Zegler zum Duett ansetzt. Ihre Stimme ist so präsent und gewaltig, dass sie Elgort an die Wand singt und spielt. Umso bedauerlicher ist es, dass ihre Rolle kaum verändert wurde. Im Prinzip ist Maria die, die Du aus dem Original-Film von 1961 kennst – eben „nur“ die hübsche Puerto-Ricanerin, die zu oft naiv und zu selten keck wirkt. Ihr Charakter bleibt die meiste Zeit flach und wird dem Können der jungen Schauspielerin nicht gerecht.
Eine gelungene Hommage an das Original ist die Schauspielerin Rita Moreno, da sie bereits im ersten Film zu sehen ist. Dort spielt sie die Rolle der Anita, Bernardos Frau. In Spielbergs Remake nimmt sie die Rolle von Valentina ein – eine puerto-ricanische Drogerie-Besitzerin. Sie ist Tonys Chefin und gleichzeitig seine Ersatzmutter. Ihr schauspielerische Leistung ist mitunter eine der besten, da Du ihr die Angst, die sie um Tony hat, immer ansiehst. Auch ihre Zerrissenheit zwischen der puerto-ricanischen Herkunft und dem Verständnis für Tony und seine Jets ist ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Der neue Fokus wird leider verfehlt
Siebzig Jahre nach der ersten Verfilmung des Musicals versucht Spielberg erneut den Fokus auf die Romeo und Julia-Variation zu wahren. Die Tragödie von Shakespeare bildete bereits im Musical die Grundlage. Im Film von 1961 waren Tony und Maria zentraler Dreh- und Angelpunkt. Nun setzt Drehbuchautor Tony Kushner mit dem Konflikt zwischen Jets und Sharks einen neuen Akzent, ohne dabei die Rahmenhandlung zu verändern. Diese Idee funktioniert zwar über weite Strecken des Films, entpuppt sich aber oftmals als zu oberflächlich und schnell abgehandelt. Beispielhaft hierfür steht die fixe Lösung der Probleme der jungen Männer beider Gruppen, genauso wie überbordende Aggression und deren Ursprünge. Gerne hätten wir auch hier mehr Tiefe gesehen.
Ein bildgewaltiges Remake
Steven Spielberg setzt auch für West Side Story auf seinen Stamm-Kameramann Janusz Kaminski und fängt Szenen ein, die durch ihre schiere Opulenz überzeugen. Mal sind es die intimen Momente zwischen Tony und Maria, unter anderem, wenn sie das erste Mal aufeinandertreffen, die überzeugen. Mal werden in der Totalen, mal in der Halbtotalen großartig inszenierte Tanzszenen mitten auf den Straßen von New York eingefangen. Diese Musical-Szenen schaffen es in weiten Teilen über Schwächen in der Durchführung des neuen Erzählschwerpunkts hinwegzutäuschen.
Warum etwas Gutes verändern?
Zugegeben, der Originalfilm hatte auch seine Schwächen. Selbst Leonard Bernstein, aus dessen Feder die Musik zum Musical und somit auch zum Film stammt, war laut seiner Tochter Jamie mit dem Streifen nicht zufrieden. Trotzdem hat der Film von 1961 immer noch Charme, wenn auch aus heutiger Sicht etwas zu kitschig. Wovon sowohl Musical als auch beide Filme zehren, ist die Musik. Glücklicherweise wurde sie bis auf die Song-Reihenfolge kaum verändert. So kommen Fans auf jeden Fall auf ihre Kosten, auch wenn Ansel Elgort oftmals etwas zu schwach auf der Brust ist.
Unser Fazit
West Side Story ist ein unterhaltsames Remake, das allerdings den neu gewählten Fokus auf der Rivalität der beiden Gangs verfehlt und ordentlich Tiefgang vermissen lässt, obwohl der Streifen die Chance dazu gehabt hätte. Eindrucksvolle Tanzszenen und die ge- und beliebten Hits des Musicals wie „I feel pretty“ oder „America“ sorgen aber dafür, dass Du durchaus darüber hinwegsehen, beziehungsweise -singen, kannst.
West Side Story
Genre: | Musical / Romanze |
Bundesstart: | 9. Dezember |
Laufzeit: | 157 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren freigegeben |
Regie: | Steven Spielberg |
Drehbuch: | Tony Kushner, Arthur Laurents |
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