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Unorthodox auf Netflix: Schauspieler Jeff Wilbusch als Moische im featured-Interview
Am 26. März ist die Netflix-Serie „Unorthodox“ gestartet, die von dem gleichnamigen, autobiografischen Roman von Deborah Feldman inspiriert ist. Es geht um die junge chassidische Jüdin Esther Schwartz, genannt Esty, die aus einer arrangierten Ehe von New York nach Berlin flieht. Ihr Mann Yanky und sein Cousin Moische folgen ihrer Spur in die Hauptstadt und versuchen, sie mit allen Mitteln zurückzuholen.
Zum Serienstart haben wir mit der Hauptdarstellerin Shira Haas sowie Jeff Wilbusch gesprochen, der in „Unorthodox“ Moische spielt, den Cousin von Estys Ehemann. Warum ihn die Geschichte der Serie sehr an seine persönliche Biografie erinnert und wie er Moisches Charakter interpretiert, liest Du jetzt in unserem featured-Interview zur Netflix-Serie „Unorthodox“.
Erzähl mal, wie Du zu der Rolle des Moische in der Netflix-Serie „Unorthodox“ gekommen bist.
Meine Agentin hat mich angerufen und gesagt: ‚Du Jeff, Du hast morgen ein geheimes Treffen in Kreuzberg, im Bergmannkiez. Es geht um eine Rolle, die Jiddisch spricht.‘ Und ich so: ‚Jiddisch?‘ Ich habe noch nie eine Anfrage für eine jiddische Rolle bekommen, daher war ich sehr überrascht.
Als ich dann zu Anna Winger und Alexa Karolinski ins Studio kam, haben sie mir die Geschichte erklärt und auch, dass ich Jiddisch lernen muss. Da habe ich ihnen erzählt, dass ich eigentlich Jiddisch spreche und die Geschichte meiner persönlichen sehr ähnlich ist. Das war für alle eine große Überraschung. Nach dem Casting mit Maria Schrader ein paar Monate später, habe ich die Rolle bekommen.
Du sagst, es gibt da ein paar Parallelen zu Deiner Geschichte. Inwieweit ist das so?
Ich habe die chassidische Gemeinde in Jerusalem verlassen als ich 13 war. Für immer. Es war schwierig, aber ich habe es geschafft, Abitur zu machen. Wo ich aufgewachsen bin, gibt es nicht so viele Parallelen zur modernen Welt. Man studiert nicht, also, man studiert schon, aber nur die Tora.
Es gab ganz viele Herausforderungen. Ich bin ein Glückspilz. Ich hatte ganz viel Glück in meinem Leben. Ich habe eigentlich immer bekommen, was ich wollte. Ich habe Abitur gemacht und studiert, bin Schauspieler geworden und auf die Otto Falckenberg Schauspielschule in München gegangen. Ich hoffe, dass es so weitergeht. Dass ich bekomme, was ich will. Oder zumindest, was richtig für mich ist, man soll ja nicht alles haben.
Die Serie „Unorthodox“ basiert in Teilen auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Deborah Feldman. Entspricht Moische einem Charakter aus dem Buch?
Es sind Memoiren und die Serie ist davon nur inspiriert. Von Anfang an wollten Anna und Alexa sie ein bisschen abändern, um Deborah zu schützen. Sie lebt ja heute in Berlin. Ich fand es wichtig, dass sie die Geschichte geändert haben. Das macht es aber nicht weniger echt oder nicht weniger rührend, wenn man ein paar Details ändert oder eine Figur wie Moische hinzufügt.
Lass uns mal über Moisches Charakter sprechen. Als Yanky und er in Berlin sind, sagt Moische: „Unterwegs gilt eine andere Tora.“ Inwieweit beschreibt ihn das als Person?
In jeder Hinsicht. (lacht) Alles, was Yanky ist, ist Moische nicht, und andersherum. Nein. (lacht) Es ist interessant, dass Du diesen Satz wählst: ‚Unterwegs gilt eine andere Tora.‘ Das ist genau Moische. Denn er lebt in diesen zwei Welten. Und Yanky nicht. Für Yanky gibt es eine Tora, ein Gesetz und das ist überall so und man kann das nicht verbiegen. Moische ist sehr komplex. Er ist in den Zwischenwelten gefangen, überall und nirgendwo, und er biegt das Gesetz der Tora so, wie es ihm passt.
Moische ist also eher ein Rebell. Wie passen Religion und Rebellion da zusammen?
Rebellion ist etwas Junges. Esty rebelliert. Sie sagt: ‚Es reicht, ich gehe jetzt, ich suche meine Freiheit.‘ Moische versucht eigentlich, dazuzugehören. Er schafft das weder draußen - er hat einmal versucht zu rebellieren, aber ist zurückgekommen mit ganz vielen Dämonen und Süchten - noch in der Gemeinde, wo er genauso unruhig ist. Er wird eher geplagt und gejagt von seinen eigenen Dämonen.
Was wäre dann die Lösung für Moische?
Ich glaube, für Moische gibt es keine Lösung. Das ist das Problem und genau das ist das Tragische daran: Er schafft es nicht draußen. Esther ist jung, sie hat die musikalische Begabung, sie hat das ganze Leben vor sich und sie bricht aus. Moische hat Kinder und eine Frau, die er nicht loslassen kann, weil er sie liebt. Dabei darf er mit ihnen gerade keinen Kontakt haben, weil er schon einmal weggegangen ist. Deshalb versucht er auch, sich sein Standing in der Gemeinde zurückzukaufen - oder zurückzubekommen, indem er Esther zurückbringt.
Obwohl er geht, will er eigentlich nicht gehen, weil er weiß, dass er in Berlin trinken und seine Spielsucht noch schlimmer werden wird. Dort wird er den Halt verlieren. Und er braucht einen Halt. Vielleicht ist da die Gemeinde die Antwort.
Andererseits ist er aber an einem „Point of no Return“, denn er kennt zu viel von der Welt und weiß, was man in der Gemeinde nicht hat. Yanky zum Beispiel kennt nicht wirklich etwas Anderes als die Gemeinde. Moische ist wirklich ein sehr komplexer Charakter und ich glaube, er wird für immer ein bisschen unruhig sein. Nein, eigentlich wird er sehr unruhig sein.
Wie hast Du Dich auf die Rolle vorbereitet?
Ich habe mich sehr viel auf die Rolle vorbereitet, obwohl man ja meinen könnte, ich würde das alles schon kennen. Dabei bin ich seit 20 Jahren, also zwei Drittel meines Lebens, nicht mehr in der Gemeinde. Also habe ich mich sehr viel vorbereitet. Monatelang habe ich nur Tora-Unterricht auf Jiddisch gehört. Ich hatte schon Sachen, Bräuche verdrängt und vergessen, und Jiddisch habe ich kaum mehr gesprochen. Aber das ist alles ganz schnell zurückgekommen. Das war emotional natürlich sehr intensiv, aber das will man auch als Schauspieler. Im Nachhinein ist es ein tolles Geschenk, das so zu erleben.
Im Gegensatz zu der Rolle der Esty, die ausbricht aus der Gemeinde, spiele ich mit Moische einen Charakter, der nicht ausbrechen kann. Ich selbst bin ausgebrochen als ich 13 war. Moische ist nicht ganz ausgebrochen aus der Gemeinde. Deshalb gibt es für ihn auch keine Lösung. Er ist für immer verurteilt, da zu sein, immer dazwischen, das ist auch das Tragische daran. Das hätte auch ich privat sein können. Jemand, der es nicht schafft, auszubrechen, wenn ich andere Entscheidungen getroffen hätte. Als Schauspieler ist das sehr interessant zu spielen, nach so vielen Jahren, mit der Sprache und den Klamotten. Das ist sehr intensiv und schön.
Hast Du Deine eigenen Erfahrungen in die Rolle miteingebracht?
Ja. Anna und Alexa sind schon wirklich sehr toll, es gab immer Platz für Ideen und Textvorschläge. Ich hatte für die Rolle direkt viel Fantasie, habe eine Menge Emails geschrieben und so einige Ideen wurden auf jeden Fall mitgenommen. Mit ihnen zusammen wurde die Rolle immer spannender, denn die beiden waren sehr interessiert.
Lieben Dank für das Interview, Jeff!
Die Serie „Unorthodox“ kannst Du ab dem 26. März auf Netflix streamen. Mit Vodafones GigaTV kannst Du auch über Deinen Netflix-Account streamen und findest viele andere Streaming-Dienste und Sender.
Kennst Du die Romanvorlage von „Unorthodox“? Schreibe uns in die Kommentare, wie Du die Serien-Adaption findest!