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The Crow | Kritik: Warum die Wiederauferstehung des Kultfilms nach hinten losgeht
„Manchmal kann eine Krähe eine Seele zurückbringen.“ – heißt es in „The Crow“. Das ikonische Zitat erklingt bald nochmal in den Kinos, denn am 12. September startet ein Remake des 90er-Kultstreifens. Wir haben den Film vor dem Kinostart gesehen und verraten Dir in unserer The Crow-Kritik, ob die Neuverfilmung wirklich Seele hat oder ob sie doch eher seelenlos geraten ist.
Als Comic gestartet, im Kino zu neuem Glanz erstrahlt: The Crow gehört zu den großen Horror-Klassikern der 90er. Zeitgleich ist der Streifen das Vermächtnis von Hauptdarsteller Brandon Lee, der bei den Dreharbeiten tragischerweise ums Leben kam.
All das sind schwierige Voraussetzungen für ein Remake, doch Regisseur Rupert Sanders hat sich der fordernden Aufgabe angenommen. In unserer The Crow-Kritik liest Du, warum wir der Meinung sind, dass er es besser gelassen hätte.
Die Handlung von The Crow: Worum geht es in der Neuinterpretation?
Alles beginnt mit einem mysteriösen Video: Zu Beginn des Films erhält die junge Musikerin Shelly (FKA Twigs) einen Handy-Clip von ihrer Freundin Zadie (Isabella Wei). Shelly speichert die Aufnahme ab, wohl wissend, dass der Besitz des Videos sie in ernsthafte Schwierigkeiten bringen kann.
Sie versucht unterzutauchen, denn der dämonische Gangsterboss Vincent Roeg (Danny Huston) ist ihr nun auf den Fersen. Doch bevor Roegs Killerbande Shelly erreicht, nehmen zwei Polizisten sie wegen Drogenbesitzes fest und sie wird in eine Entzugsklinik eingewiesen.
In der Klinik lernt sie Eric (Bill Skarsgård) kennen; die beiden nähern sich an. Es dauert allerdings nicht lange, bis Roegs Schergen auftauchen und nach Shelly suchen. Durch Erics Verbindung zu ihr ist nun auch er in der Schusslinie. Wird Roeg die beiden fassen können? Welche Folgen hat das für Shelly und Eric? Und was ist das für ein Video, das dazu führt, dass Roeg es so sehr auf die beiden abgesehen hat? Eric findet es schon bald heraus – und zieht seine Schlüsse daraus.
Achtung: Ab hier folgen Spoiler zur Handlung von The Crow!
Nicht nachvollziehbares Tempo trifft auf absurde Gewichtung
Wenn es darum geht, die Mängel am neuen The Crow-Film aufzulisten, wissen wir gar nicht, wo wir anfangen sollen. Da wäre zum einen die ausladende, aber Möchtegern-tiefgründige Kennenlerngeschichte von Shelly und Eric. Eine Viertelstunde vergeht. Eine halbe Stunde vergeht. Eine Dreiviertelstunde vergeht. Die beiden lernen sich immer noch kennen – doch besser kennengelernt hat man sie nicht.
Wenig später kommt es, wie es kommen muss, wenn man das Original von 1994 gesehen hat: Das Paar stirbt. Ins Jenseits darf allerdings nur Shelly, denn Eric bekommt von Torwächter Kronos (Sami Bouajila) noch eine Aufgabe: Er soll Roeg umbringen, weil der einen Pakt mit dem Teufel eingegangen ist und eigentlich längst tot sein sollte.
Das Problem: Eric wirkt anschließend wie ein kleiner Junge, den man damit beauftragt hat, jemanden mit Sand zu bewerfen. Doch das ist immer noch nicht das ganze Drama.
Aus Bubi wird The Crow – und zwar in wenigen Sekunden
Auf seinem ersten hilflosen Mini-Rachezug begegnet Eric einem Kerl namens Dom (Sebastian Orozco), einem Kumpel von Shelly. Er warnt Eric vor Roegs dämonischen Fähigkeiten. Kurze Zeit später findet Eric heraus, was in dem Video zu sehen ist, das Shelly und ihn in so große Schwierigkeiten gebracht hat.
Er beginnt, an Shelly zu zweifeln, obwohl er es nach Doms Warnung eigentlich besser wissen müsste. Dann geschieht das größte Ärgernis im Film: Eric macht eine völlig unglaubwürdige 180-Grad-Wende. Aus dem eben noch unentschlossenen Jungen wird in Windeseile The Crow, ein düster geschminkter eiskalter Killer. Zweifel? Weg. Ängste? Weg. Innere Konflikte? Weg.
Eric tauscht seine Seele gegen die Chance ein, Shelly zu retten und ab da wird nur noch gestochen, geschlitzt und geballert. The Crow befindet sich auf einem blutigen Rachefeldzug, schlachtet alle von Roegs Wachmännern ab (untermalt mit Opernmusik, wie einfallsreich) und ergeht sich in einem völlig austauschbaren Massaker, das damit endet, dass er Roeg noch nicht einmal erwischt.
Ein nichtssagendes Finale mit farblosem Bösewicht
Der Bösewicht (der dieser Beschreibung spottet, weil er dafür viel zu oberflächlich bleibt) hat sich in sein Landhaus verkrochen. The Crow sucht ihn auf, es kommt zum Showdown zwischen den beiden – und das war es auch schon.
An diesem Finale stimmt wirklich nichts, es wirkt lieblos dahingeklatscht und man fragt sich als Zuschauer:in, ob es das schon war. Das gilt übrigens auch für den gesamten Film, denn nach dem zähen Aufbau dauert der Part, in dem es tatsächlich um The Crow geht, bloß eine halbe Stunde. Schade!
Die guten Ideen reichen nur für drei Sekunden des Films
Es ist nicht so, als wäre The Crow von vorne bis hinten nur schlecht. Es gibt kleine, aber feine Glanztaten, die wir an dieser Stelle auch würdigen möchten. Auch wenn sie sich stark in Grenzen halten.
Da wäre zum Beispiel das abstrakte Intro des Films, das durchaus ästhetisch und gelungen ist. Oder die Szene, in der The Crow mutmaßlich tot in der Badewanne liegt und in der sich sein eigenes Blut vor seinem Kopf ausbreitet und signalisiert: Dieser Kerl sieht jetzt rot. Kann man machen, ist schön anzusehen. Doch diese drei guten Minuten entschädigen leider keinesfalls für die übrigen haarsträubenden 108.
Verliebt, verrückt, ausdruckslos: Wie gut ist der The Crow-Cast?
Dass The Crow-Hauptdarsteller Bill Skarsgård ein guter Schauspieler ist, wissen die meisten Film-Fans. Warum er das in The Crow nicht zeigt, bleibt ein Rätsel. Im Wesentlichen lässt sich der Streifen in zwei Skarsgård-Gesichtsausdrücke einteilen, nämlich in „verliebt“ und in „Sicherung durchgebrannt“.
Das ist vermutlich noch nicht einmal seine Schuld, denn viel mehr gibt seine Figur in Rupert Sanders’ Neuinterpretation nicht her. Es scheint, als wäre mittendrin eine Stunde rausgeschnitten worden, die zum Verständnis des Films wichtig gewesen wäre. (Das ist keine Aufforderung den Film länger zu machen, bitte nicht!) An Arbeitsverweigerung grenzt das „Schauspiel“ von Musikerin FKA Twigs. Ob verliebt, betrübt oder ängstlich: Ihr Gesichtsausdruck bleibt der gleiche.
Besser sind die Darsteller:innen aus der zweiten Reihe: Isabella Wei haucht ihrer Figur Zadie in wenigen Minuten mehr Leben ein als Skarsgård und Twigs ihren im gesamten Film. Sebastian Orozco überzeugt als Shellys Kumpel Dom. Ihm sieht man die Panik im Gesicht an.
Unser Fazit: Ist The Crow sehenswert?
Um es kurz zu machen: Nein, die The Crow-Neuverfilmung ist nicht sehenswert. Wirklich: Spar Dir den Kinoeintritt und stream lieber den Originalfilm von 1994. Der ist zwar auch nicht immer zu hundert Prozent stilsicher, wurde aber mit viel Liebe gedreht und die Erzählgeschwindigkeit ist ausgewogen und nachvollziehbar.
Außerdem gibt es mit Top Dollar (Michael Wincott) einen Bösewicht, der sich den Möchtergern-Fiesling Roeg ins Frühstücksmüsli gemixt hätte. Für Regisseur Rupert Sanders scheint The Crow 2024 eine Art geschminkte Schaufensterpuppe zu sein, die eine Waffe halten kann.
Die Outfits stehen im Vordergrund, Charakterzüge bleiben bestenfalls an der Oberfläche, Witz wie im Vorgängerfilm sucht man vergeblich und die Leidenschaft, die das Original von 1994 so einzigartig macht, wirkt im neuen The Crow-Film aufgesetzt und an den Haaren herbeigezogen. Dieses seelenlose Remake ist definitiv eins von der Sorte, dass die Welt nicht braucht, weder im Dies- noch im Jenseits.
Siehe auch: The Crow im Stream: Wann und wo kannst Du das Kultfilm-Remake sehen?
Genre: | Fantasy-Horror |
Bundesstart: | 12. September 2024 |
Laufzeit: | 111 Minuten |
FSK: | Ab 18 Jahren freigegeben |
Regie: | Rupert Sanders |
Drehbuch: | Zach Baylin, Will Schneider |