Tausend Zeilen
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Auf dem Bild zum "Devil May Cry auf Netflix-Artikel" ist der Protagonist Dante in einer dynamischen Kampfszene zu sehen. Er trägt einen roten Mantel, der im Wind weht, und zielt mit einer Pistole auf ein Ziel außerhalb des Bildes. Dante hat weißes Haar und eine muskulöse, teilweise freigelegte Brust. Seine entschlossene Miene und die nächtliche Kulisse betonen die actionreiche Atmosphäre der Szene.

Tausend Zeilen: Die wahre Geschichte hinter dem Bully-Herbig-Film

Filmemach­er Michael „Bul­ly“ Her­big hat die Affäre um den Jour­nal­is­ten und Autor Claas Relotius auf die große Lein­wand gebracht. Der Fall ist bis heute der wahrschein­lich größte Skan­dal, der die deutsche Medi­en­land­schaft je erschüt­tert hat. Hier liest Du die wahre Geschichte hin­ter „Tausend Zeilen“.

Die wahre Geschichte hinter dem Film Tausend Zeilen

Der mit diversen Branchen­preisen aus­geze­ich­nete Jour­nal­ist Claas Relotius hat zahlre­iche Reporta­gen über­trieben und teils kom­plett her­beifan­tasiert. Er schrieb im Ver­lauf sein­er Kar­riere allein in Deutsch­land mehr als 100 Texte für renom­mierte Zeitun­gen und Zeitschriften. Darunter sind unter anderem die „Neue Zürich­er Zeitung am Son­ntag“, „Cicero“, „Finan­cial Times Deutsch­land“ und der „Spiegel“.

Tausend Zeilen | Kri­tik: Bess­er als jede erfun­dene Geschichte

Unter seinen Artikeln find­en sich vor allem Reporta­gen und Inter­views. Die meis­ten Medi­en, für die Relotius geschrieben hat, haben sofort nach dem Skan­dal gehan­delt: Sie haben die von ihm ver­fassten Artikel aufgear­beit­et und auf gefälschte Inhalte hin unter­sucht. Was sie her­aus­fan­den, ist teils haarsträubend.

Das erschreck­ende Ergeb­nis: Etwa bei einem Drit­tel der unter­sucht­en Beiträge haben die betrof­fe­nen Redak­tio­nen und Ver­lagshäuser zumin­d­est den Ver­dacht, dass die Geschicht­en über­spitzt, woan­ders abgeschrieben oder kom­plett erfun­den sein kön­nten. Zusam­menge­fasst: Claas Relotius hat Inter­views und Begeben­heit­en geschildert, die in dieser Form nie stattge­fun­den haben.

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Der Film basiert lose auf einem Buch

Der Film von Bul­ly Her­big ori­en­tiert sich (frei) an dem Buch „Tausend Zeilen Lügen“ des Jour­nal­is­ten Juan Moreno (im Film: Elyas M’Barek als Juan Romero). Er war es, der 2018 den Skan­dal um Relotius aufgedeckt hat. Doch auch dieses Buch ist umstrit­ten. Claas Relotius (im Film: Jonas Nay als Lars Boge­nius) wirft Moreno vor, eben­falls nicht ganz wahrheits­gemäß zu bericht­en, wie die Süd­deutsche Zeitung schreibt.

Der Film von Michael Her­big beze­ich­net seine Darstel­lung jedoch an kein­er Stelle als Tat­sachen­schilderung. Beispiel­sweise bekom­men alle beteiligten Per­so­n­en neue Namen. Außer­dem stellt auch Her­big die Ereignisse deut­lich über­spitzt dar.

So kommt Moreno Relotius auf die Schliche

Ende 2018 arbeit­et Claas Relotius mit Juan Moreno an ein­er Reportage über Bürg­er­wehren an der Gren­ze zwis­chen den USA und Mexiko. Sie trägt den Titel „Jaegers Gren­ze“. Bei­de Jour­nal­is­ten sind für das Mag­a­zin Spiegel im Einsatz.

Moreno fällt in der fer­ti­gen Reportage auf, dass manche Schilderun­gen nicht den Sit­u­a­tio­nen entsprechen, die er mit Relotius zusam­men erlebt hat. Moreno recher­chiert die von seinem Kol­le­gen geschilderten Fälle nach und kommt zu dem Ergeb­nis, dass Relotius frei erfun­dene „Fak­ten“ in seinen Tex­ten schildert oder Sit­u­a­tio­nen über­trieben darstellt.

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Der Spiegel berichtet später unter anderem, dass die Sprecherin ein­er Bürg­er­wehr, die in der Reportage the­ma­tisiert wird, sich per E-Mail an Claas Relotius gewandt habe. Sie sei auf die Reportage Jaegers Gren­ze aufmerk­sam gewor­den. Sie frage sich, wie ein Jour­nal­ist eine Reportage über ihre Gruppe schreiben könne, wenn er selb­st nie mit den Mit­gliedern gesprochen habe.

Juan Moreno sam­melt seine Ergeb­nisse über die Fälschun­gen und Übertrei­bun­gen seines Kol­le­gen, gibt sie an den Spiegel weit­er und veröf­fentlicht sie in seinem Buch Tausend Zeilen Lügen. Damit bringt Moreno eine regel­rechte Law­ine ins Rollen, die die deutsche Medi­en­land­schaft sprich­wörtlich mit sich reißt.

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Tausend Zeilen und eine wahre Geschichte: Was sind die Folgen des Relotius-Skandals?

Der Skan­dal weit­et sich aus: Bei immer mehr Reporta­gen kommt der Ver­dacht auf, Relotius habe Teile oder die gesamte Sto­ry frei erfun­den. Als sich die Anschuldigun­gen mehren, kündigt der Jour­nal­ist kurz vor Wei­h­nacht­en 2018 seine Stelle beim Spiegel.

Das renom­mierte Mag­a­zin macht den Skan­dal einige Tage später öffentlich. Schnell wird klar: Claas Relotius hat im Ver­lauf sein­er jour­nal­is­tis­chen Lauf­bahn eine bis dato unbekan­nte Zahl von Artikeln und Beiträ­gen ge- oder ver­fälscht. Davon allein 14 beim Spiegel. Der Skan­dal wirft Fra­gen auf: Wie kon­nte so etwas passieren? Wer hat die Beiträge des Fälsch­ers kontrolliert?

Mitte 2019 veröf­fentlicht der Spiegel den Bericht ein­er eigens für den „Fall Relotius“ einge­set­zten Prü­fungskom­mis­sion. Das Ergeb­nis: Rund 60 Texte hat Claas Relotius für den Spiegel und Spiegel Online geschrieben. Etwa ein Dutzend von diesen Artikeln beze­ich­net die Unter­suchung als „hart verfälscht“.

Aus dem Bericht geht auch her­vor, wie sich Relotius lange Zeit unbe­merkt als Fälsch­er etablieren kon­nte. Es gibt zum dama­li­gen Zeit­punkt zwar Faktenchecker:innen in der Spiegel-Redak­tion, die alle Artikel über­prüfen. Aber: Nie­mand prüft, ob die Reporter:innen über­haupt vor Ort waren.

Der Spiegel entschuldigt sich wenig später bei seinen Leser:innen. In ein­er Stel­lung­nahme beze­ich­net das Mag­a­zin den Fall Relotius als „einen Tief­punkt in der 70-jähri­gen Geschichte des Spiegel“.

Weit­er schreibt das Magazin:

„Die selb­st gesteck­ten Ziele wur­den ver­fehlt, eigene Ansprüche weit unter­boten, alte Werte ver­let­zt, wie oft genau und in welchen Weisen, wird noch zu ermit­teln sein. Der junge Redak­teur, der den großen Reporter mimte, hat sein Büro am Son­ntag aus­geräumt und seinen Ver­trag am Mon­tag gekündigt.“

Ist Claas Relotius immer noch aktiv?

Um es kurz zu machen: nein. Der Skan­dalau­tor hat sich aus dem Jour­nal­is­mus zurück­ge­zo­gen. In einem Inter­view schildert Relotius die Zeit nach dem Skan­dal und berichtet, dass er unter psy­chis­chen Prob­le­men lei­de, verur­sacht von den Vor­wür­fen, die ihm ent­ge­genge­bracht wurden.

Wirst Du Dir Tausend Zeilen im Kino anschauen? Schreib uns Deine Mei­n­ung in die Kommentare. 

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