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The Old Guard – die Kritik: Wie gut ist der Netflix-Actioner wirklich?
Nach „Mad Max: Fury Road“ und „Atomic Blond“ lässt es Charlize Theron im nächsten Action-Reißer wieder ordentlich krachen. Doch was hat die Netflix-Fantasy-Ballerei „The Old Guard“ wirklich zu bieten? Erfahre es in unserer Kritik.
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Die Figur des unsterblichen Kriegers ist in Film und Popkultur keine neue Erscheinung. Ob Connor McLeod in „Highlander“ oder Wolverine von den „X-Men“ – immer wieder fasziniert uns die Idee von Menschen, die sich als unzerstörbare Zeugen durch die Jahrhunderte kämpfen.
Mit der Adaption des Comics „The Old Guard“ von Greg Rucka und Leandro Fernández nimmt sich nun auch Netflix dieser Thematik an und weiß – trotz einer reichlich stereotypisch geratenen Handlung – vor allem auf emotionaler Ebene und mit einem gut aufgelegten Cast zu überzeugen.
Die Handlung von The Old Guard
Kriege, Völkermorde und Terror: Die Menschen mögen globalisierter und zivilisierter geworden sein, an den Gräueln, die sie sich gegenseitig antun, hat das aber nur wenig geändert. Keiner weiß das so gut wie Andy (Charlize Theron). Sie ist unsterblich und muss schon seit Jahrhunderten das blutige Treiben miterleben – oder am eigenen Leib erfahren.
Heute versucht sie als Anführerin einer vierköpfigen Söldnertruppe, deren Mitglieder Booker (Matthias Schoenaerts), Joe (Marwan Kenzari) und Nicky (Luca Marinelli) ebenfalls mit ewigen Leben gesegnet sind, das Schlimmste zu verhindern.
Doch dann gerät die „alte Garde“ bei einem ihrer Einsätze in einen Hinterhalt. Der einstige CIA-Agent Copley (Chiwetel Ejiofor) hat die Truppe an das Pharma-Wunderkind Steven Merrick (Harry Melling) verraten. Und der hört beim Gedanken an ihr unsterbliches Genmaterial schon die Kassen klingeln.
Während Andy versucht, sich und ihre Gefährten in Sicherheit zu bringen, taucht plötzlich jedoch eine weitere Unsterbliche auf: die junge US-Soldatin Nile (KiKi Layne).
Das alte Lied von den unsterblichen Nöten
Dass das Leben als Unsterblicher nicht ganz so sorglos ist, wie man sich das gerne vorstellt, wissen wir bereits aus anderen Filmen. Deshalb liefern viele der Elemente von „The Old Guard“ auf den ersten Blick auch nichts Neues.
Einsamkeit war schließlich schon ein zentrales Element von „Highlander“ – man bedenke nur die so epische wie deprimierende Regel „Es kann nur einen geben“. Und Wolverine wurde dank seiner Selbstheilungskräfte ebenfalls zum Ziel skrupelloser Wissenschaftler.
In „The Old Guard“ gibt es nun eben mal doch mehr als den einen Unsterblichen, aus dem 90er-Jahre-Militärwissenschaftler-Bösewicht ist nun – bereits jetzt fast genauso abgedroschen – der junge, größenwahnsinnige Mark-Zuckerberg-Verschnitt Steven Merrick geworden.
Für die Geschichte wurde hier wirklich nicht allzu tief in die Trickkiste gegriffen. Dennoch gelingt es Regisseurin Gina Prince-Brythewood („Beyond the Lights“) und Drehbuchautor Greg Rucka ihrer recht stereotypen Geschichte einige interessante Facetten abzugewinnen.
Was uns wieder zurück zu der Prämisse bringt, dass Heldin Andy eben nicht allein mit ihrem Schicksal leben muss.
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Emotionale Schlagkraft – trotz bekannter Story
Tatsächlich sind es nämlich die ruhigen Momente, die nach „The Old Guard“ wirklich im Kopf bleiben. Andy, Booker, Joe und Nicky kennen sich bereits seit Jahrhunderten und das merkt man in jeder Geste, jeder Umarmung und jedem warmherzigen Blick und kleinen Lächeln.
Dies verleiht vielen Szenen ein überraschendes Gefühl von Intimität, woraus der Film seine größte Eigenständigkeit und Stärke zieht. Im Zusammenspiel mit Newcomerin Nile wird diese emotionale Ebene glaubhaft weiter erforscht, wenn in Gesprächen mit den anderen Teammitgliedern schmerzhafte Erinnerungen aufgedeckt werden.
Einsamkeit, Verlust und Schmerz sind jedoch nur der Anfang der Dinge, die man als Unsterblicher zu fürchten beginnt. Niemals sterben zu müssen kann nämlich auch furchtbare Konsequenzen haben, die im Film schon mal für einen kalten Schauer sorgen können.
Spannend ist dabei vor allem, wie unterschiedlich die Truppe mit ihren langen Leben umgeht. Während Andy zunehmend desillusioniert wirkt, was man ihr bei den zahllosen traumatischen Erfahrungen kaum übelnehmen kann, flüchtet sich Booker in den Alkohol.
Joe und Nicky haben dagegen einen anderen Bewältigungsmechanismus gefunden, nämlich einander.
The Old Guard: Starker Cast sorgt für Glaubwürdigkeit
Dass die dabei angesprochenen Themen nicht in Plattitüden und Schmierenkino versinken, ist auch dem Cast zu verdanken. Vor allem Charlize Theron kann ist als Andy wirklich anzusehen, welche jahrhundertealte Last sie mit sich herumschleppt und wie viel davon abfällt, wenn sie im Kreis ihrer ‚Familie‘ ist.
Auch der Belgier Matthias Schoenaerts („Red Sparrow“) weiß mit einer sympathisch-feinfühligen Performance zu überzeugen, während Marwan Kenzari („Aladdin“) und Luca Marinelli („Eine private Angelegenheit“) schon jetzt eines der glaubhaftesten Leinwandpaare abgeben, das man seit längerem in einer Comicverfilmung zu sehen bekam.
Hinzu kommt KiKi Layne, die zuletzt im berührenden Drama „Beale Street“ ihr Können unter Beweis stellte und sich nun mit überraschender Körperlichkeit auch fürs Actionkino empfiehlt.
Etwas enttäuschender fällt da schon der Auftritt von Ex-„Harry Potter“-Star Harry Melling aus, der als Bösewicht Merrick so extrem freidreht, dass man ihn am liebsten schütteln würde, nur um ihn auf den Boden der restlichen Filmatmosphäre zurückzuholen.
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Charlize Theron ballert im „John Wick“-Style
Natürlich kommt auch die Action in „The Old Guard“ nicht zu kurz und kann sich durchaus sehen lassen. Knallhart, blutig und präzise gehen Andy und ihr Team auf ihre Gegner los und nutzen dabei von der Streitaxt bis zum Sturmgewehr alles, was sie über die Jahrhunderte angesammelt haben.
Die blitzschnellen Kopfschuss-Stakkatos sind deutlich vom Ballerballet „John Wick“ inspiriert, können aber mit dessen optischer und technischer Brillanz nicht ganz mithalten. Dafür sorgen die Möglichkeiten unsterblicher, schnell heilender Kämpfer aber immer wieder für abwechslungsreiche Szenen. Wie „Deadpool“ eben – nur ohne den ganzen Klamauk.
Dementsprechend fällt auch der Gewaltgrad angemessen hoch aus, was den Gefechten unserer Helden eine martialische Wucht und Bildlichkeit verleiht. Und wenn während dem Gefecht herausstehende Knochen, Schusswunden und abstehende Finger sich selbst heilen, kommen hochwertige Effekte zum Tragen, die ihre Wirkung nicht verfehlen.
Als Wermutstropfen entpuppen sich dagegen die nur wenig aufregenden Sets und Schauplätze, denn ein Großteil von „The Old Guard“ findet in geschlossenen Räumen statt. Ein wenig mehr optische Abwechslung und cineastische Opulenz hätte an dieser Stelle dann doch nicht geschadet.
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The Old Guard-Fazit: Solide Kopfschuss-Action mit intimem Kern
Obwohl Gina Prince-Bythewood mit „The Old Guard“ nicht gerade eine der innovativsten Geschichten präsentiert, entwickelt sie durch ihren Fokus auf die Figuren, ihre Beziehungen und deren schmerzhafte Schicksale eine überraschend emotionale Intimität.
Auch die packend inszenierte Action weiß zu überzeugen, wobei Charlize Theron ein weiteres Mal unter Beweis stellt, warum sie derzeit eine der stärksten und coolsten Actionstars in Hollywood ist. „The Old Guard“ erfindet das Genre-Rad mit Sicherheit nicht neu, weiß aber zumindest interessante Akzente zu setzen.
Und wie viele Netflix-Produktionen können das gerade von sich behaupten?
Zum Schluss nicht alles verstanden? Bei uns findest Du die Erklärung für das Ende von „The Old Guard” und wie es in „The Old Guard 2” weitergehen könnte.
Würdest Du Dich über Teil 2 von „The Old Guard“ freuen? Sag uns Deine Meinung in den Kommentaren!