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Shadow and Bone-Kritik: Netflix‘ neue Fantasy-Serien-Hoffnung?
Mit „Shadow and Bone – Legenden der Grisha“ bringt Netflix seine nächste große Fantasy-Serie in Stellung, die uns mit russischen Fellmützen, magischen Kräften und düsterem Kriegsthema in eine völlig neue Welt werfen soll. Aber tut sie das wirklich? Was die Netflix-Serie tatsächlich zu bieten hat, erfährst Du in unserer Kritik.
Im Fantasy-Genre noch etwas Neues zu bieten, ist gar nicht mehr so einfach. Mittelalterliche Welten, mystische Kreaturen, magische Zauberschulen und Drachen sind schließlich alle schon mal dagewesen. Frischen Wind könnte da die neue Netflix-Serie Shadow and Bone bedeuten, denn hier geht es in ein vom zaristischen Russland inspiriertes, an der Grenze zur Moderne stehendes Fantasy-Reich.
Shadow and Bone – Legenden der Grisha basiert auf dem sogenannten Grishaverse der amerikanischen Autorin Leigh Bardugo. In dieser düsteren Roman-Welt steht das Königreich Ravka im Zentrum, das bereits seit Jahren von brutalen Kriegen und inneren Unruhen heimgesucht wird. Eine Katastrophe verursachte zusätzlich die Schattenflur, ein von tödlichen Monstern bevölkertes Gebiet ewiger Finsternis, die das Land in zwei Teile trennt.
Keine guten Voraussetzungen, um ein ruhiges Leben zu führen.
Shadow and Bone kannst Du mit Netflix auch über Vodafones GigaTV anschauen.
Die Handlung von Shadow and Bone: Von Soldaten und Gangstern
Die junge Soldatin Alina Starkov (Jessie Mei Li) leistet als Kartografin ihren Dienst in der Ersten Armee des Zaren von Ravka ab. An ihrer Seite ist – wie schon seit ihrer Kindheit in einem Waisenhaus – ihr treuer Freund Malyen Oretsev (Archie Renaux), der als Fährtenleser derselben Division zugeteilt wurde.
Mit den so mächtigen wie gefürchteten Grishas, Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, durch die sie Elemente wie Feuer und Luft kontrollieren können, haben die beiden bislang noch nicht viel zu tun gehabt. Das heißt, bis Alina und Mal auf eine gefährliche Mission durch die finstere Schattenflur geschickt werden.
Denn bei der katastrophalen Durchquerung stellt sich heraus, dass Alina selbst eine Grisha ist. Noch dazu eine ganz besondere: Sie soll nämlich die legendäre Sonnenkriegerin sein. Dies wirft auch den undurchschaubaren General Kirigan (Ben Barnes) auf den Plan, einen mächtigen Grisha, der mit Alinas Hilfe die Flur zerstören will.
Unterdessen setzen sich auf der anderen Seite von Ravka ganz andere Kräfte in Bewegung. Der Kriminelle Kaz Brekker (Freddy Carter) und seine Gang der Krähen wittern nämlich eine Gelegenheit, das ganz große Geld zu machen.
Shadow and Bone: Fellmützen, Krieg und eine aufregende Welt
Showrunner Eric Heisserer (Arrival) gelingt es in Shadow and Bone vor allem zu Beginn bestens, eine dichte Atmosphäre und Faszination für die Welt und ihre Menschen aufzubauen. Wenn grimmige, pelzmützentragende Soldaten mit Gewehren in der Hand durch das Armeelager stapfen, wähnt man sich fast in einem klassischen Kriegsfilm, wenn da nicht feuerbeschwörende Grishas und beeindruckende, sich über Land bewegende Segelschiffe wären.
Auch im Folgenden weiß Shadow and Bone immer wieder, sein dreckig-düsteres Setting eindrucksvoll in Szene zu setzen. Ob bei der furchteinflößenden Durchquerung der Schattenflur, an der Seite von Brekkers Bande in der rauen Grenzstadt Ketterdam oder in den unbarmherzigen Weiten des kalten Nordens, eines ist klar: Die Welt von Shadow and Bone ist ein verdammt hartes Pflaster.
Umso bedauernswerter ist es, dass sich ab der Mitte dieser ersten Staffel ein Großteil der Handlung auf den sehr engen Raum des Kleinen Palastes beschränkt, dem Hauptquartier von General Kirigans Zweiter Armee. Dorthin bringt der Anführer der Grisha nämlich Alina, nachdem ihre Fähigkeiten entdeckt wurden.
Auch die Handlung von Shadow and Bone bewegt sich hier plötzlich auf wesentlich konventionelleren Wegen und man fühlt sich zunehmend in eine typische Young-Adult-Serienproduktion in der Nachfolge von Die Tribute von Panem versetzt. Vergessen ist das große, weite und erbarmungslose Ravka, stattdessen muss sich Alina mehrmals in Folge auf verschiedene offizielle Ereignisse vorbereiten.
Und dazu kommt noch ein weiteres Problem der Serie.
Das Problem einer Fantasy-Epos-Adaption
Gewaltige Roman-Universen zu adaptieren, ist immer eine Herausforderung. Nicht umsonst galt Der Herr der Ringe jahrzehntelang als unverfilmbar. Wie soll man schließlich die ganze Historie einer Welt, all die elaborierten Hintergründe, Querverbindungen, wichtigen Figuren und originellen Konzepte angemessen rüberbringen – und gleichzeitig auch noch eine Geschichte erzählen?
Damit sieht sich nun auch Shadow and Bone konfrontiert, denn das Grishaverse wimmelt nur so vor Details. Konzentrierte sich Peter Jackson mit seiner Der Herr der Ringe-Verfilmung auf das Wesentliche und tauchte erst nach und nach tiefer in die Welt von Mittelerde ein, lässt Heisserer seine Figuren von Anfang an aus dem Nähkästchen plappern.
Die Schattenflur, unterschiedliche Orden der Grisha, Ost- und West-Ravka, Städte- und Ländernamen sowie Dutzende wichtige Figuren und historische Ereignisse: Über die ersten fünf Folgen wird eine solche Flut an Exposition aus den Mündern der Protagonisten und zahlreicher Nebenfiguren auf die Zuschauer:innen losgelassen, dass man schnell den Überblick verlieren kann.
Insbesondere, weil man viele der genannten Ereignisse erstmal nicht zu sehen bekommt. Gerade der Krieg mit den Shu Han im Süden des Landes, der offenbar einen großen Einfluss auf die politische Situation in Ravka und auch die Mentalität seiner Bewohner hat, wird gar nicht erst gezeigt und bleibt in seiner Tragweite nicht wirklich greifbar.
Andere Schauplätze wie Novokribirsk werden nur angeschnitten, sodass sie und ihre Rolle in der Geschichte im besten Fall unklar bleiben. Hier hätte mehr Zeigen, weniger Erzählen wirklich gutgetan.
Der Cast von Shadow and Bone: Alina, Mal und die Brekker-Bande
In Sachen Besetzung kann Shadow and Bone dafür punkten. Insbesondere Newcomerin Jessie Mei Li spielt erfolgreich gegen so manchen erzählerischen Stolperstein an und überzeugt als willensstarke Heldin Alina Starkov. Archie Renaux (Hanna) wiederrum versprüht als Alinas Freund Malyen Oretsev jede Menge bubenhaften Charme, macht aber auch in kämpferischen Szenen eine gute Figur.
Für die humoristischen Einlagen sind dagegen die drei Krähen verantwortlich, die mit ihren Eskapaden fast schon einen Ocean’s Eleven-Vibe in Shadow and Bone hineintragen. Die Chemie stimmt jedenfalls, denn Freddy Carter (Pennyworth) als staubtrockenes kriminelles Mastermind Kaz Brekker, Amita Suman (The Outpost) als eiskalte Messerwerferin Inej Ghafa und Kit Young als sprücheklopfender Revolverheld Jasper Fahey ergänzen sich perfekt.
Dazu kommt Ben Barnes als General Kirigan, der als einziger bekannter Grisha die Macht über Schatten besitzt. Obwohl er bislang noch nicht viel mehr als den mysteriösen Schönling spielen durfte, wissen wir bereits aus der Marvel-Serie The Punisher: Ben Barnes kann auch ganz andere Saiten aufziehen.
Du willst mehr zu Shadow and Bone wissen? Erfahre bei uns alles zu Cast, Handlung und den Hintergründen der Serie.
Shadow and Bone-Kritik: Das Fazit zur neuen Netflix-Fantasy-Serie
Shadow and Bone ist eine Serie, die dann am besten ist, wenn sie uns ihre faszinierende, mit Magie, Schießpulver und allerhand ambivalenten Figuren vollgestopfte Welt entdecken lässt. Der raue Grundton wird auch vom jungen Cast überraschend überzeugend transportiert, wobei die Krähen dafür sorgen, dass nicht die ganze Serie im düster-bedeutungsschwangeren Einerlei versinkt.
Auch wenn sich Shadow and Bone einige erzählerische Schwächen leistet, wissen die Stärken durchaus gegenzuhalten. Zwar ist die neue Netflix-Serie nicht die ersehnte Fantasy-Hoffnung, dafür verlässt sie sich zu oft auf konventionelle Muster, ein aufregendes Erlebnis bleibt der Trip nach Ravka aber allemal.
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