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Serie Chernobyl bei Sky: Horror-Bilder mit alarmierender Botschaft
Die fünfteilige Sky/HBO-Miniserie Chernobyl bedient sich bei einem der schrecklichsten Unglücke der Menschheitsgeschichte. Mit alptraumartigen Horror-Bildern macht The Walking Dead-Regisseur Johan Renck es sich zur Aufgabe, eine wichtige aktuelle Botschaft zu vermitteln. Und die sitzt.
Lies hier unsere Kritik zu Chernobyl und alle Infos über die bemerkenswerte Besetzung der Serie.
26. April 1986 in der ukrainischen Arbeitersiedlung Prypjat: Die atomare Asche landet auf den Gesichtern der staunenden Dorfbewohner. Kinder spielen ausgelassen in dem todbringenden, glitzernden Staub wie in einem langersehnten Schneegestöber kurz vor Heiligabend. Die laue Frühlingsnacht wird erhellt von einem bläulich-glühenden Lichtkegel, umgeben von gigantischen Feuerwänden.
Der Anblick des Kernreaktors von Tschernobyl erinnert an surreale Sci-Fi-Szenarien, die hier allerdings in beinahe künstlerische Bilder gekleidet werden. Was die Schaulustigen auf den Straßen Prypjats noch nicht wissen: Sie werden gerade Zeuge der bis dato größten Nuklearkatastrophe der Menschheitsgeschichte.
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Tschernobyl in Serie: HBO-Verfilmung der wahren Geschichte mit realen Vorbildern
„Eine Gefährdung ist absolut auszuschließen, denn die besteht nur in einem Umkreis von 30 bis 50 Kilometern um den Reaktor herum. Dort ist sie hoch. Wir sind 2000 Kilometer weit weg”, verkündete der für Umweltfragen zuständige deutsche Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann am 29. April 1986 in einem Interview der Tagesschau. Währenddessen hatte die radioaktive Wolke nach dem Reaktorunglück in der Ukraine Deutschland bereits erreicht.
Dass erst satte 33 Jahre nach dem einzigen Super-GAU der europäischen Geschichte eine filmische Umsetzung der Katastrophe auf den Markt kommt, ist mehr als erstaunlich. Immerhin goss zumindest die deutsche Autorin Gudrun Pausewang in ihrer populären Schullektüre Die Wolke von 1987 die vorherrschenden Ängste der damaligen deutschen Bevölkerung in passende Worte.
Die Geschichte des Teenager-Mädchens Janna-Berta, das nach einer nuklearen Katastrophe flüchten muss und für den Rest seines Lebens unter den quälenden Auswirkungen des sauren Regens leidet, wurde zum Millionen-Bestseller. Gregor Schnitzler verfilmte Die Wolke 2006 mit den damaligen Newcomern Paula Kahlenberg und Franz Dinda in den Hauptrollen.
Doch seit dem erschütternden Katastrophendrama herrschte zum Thema Tschernobyl in der internationalen Film- und Fernsehlandschaft erneut verlegene Stille.
Die Wolke ist bei Amazon und Maxdome verfügbar (Link zur Anzeige).
Zum mutigen Eisbrecher avanciert im Mai 2019 die fünfteilige Miniserie Chernobyl, eine Kooperationsproduktion von HBO und Sky UK. Als Showrunner, Autor und Produzent fungiert Craig Mazin, der sich damit nach Projekten wie The Huntsman & The Ice Queen, Scary Movie 3 oder Hangover 2 auf gänzlich neues Terrain begibt.
Er holte sich Regie-Talent Johan Renck ins Team, der bereits Folgen von internationalen Serien-Hits wie Breaking Bad, Vikings und The Walking Dead umsetzte.
Insbesondere der letzte Titel dürfte ihn auf die Herausforderung Chernobyl vorbereitet haben, denn Skys Katastrophenserie zeigt ebenfalls eine erschütternde Masse an (noch) lebenden Toten - allerdings abseits von Horror-Pop und SciFi-Grusel.
Die Miniserie kombiniert eine Rekapitulation der Ereignisse, Auslöser und Umstände der Nuklearkatastrophe und zieht dafür die nicht minder packenden Geschichten der realen Personen heran, die damals tatsächlich involviert waren. Egal ob Politiker, Arbeiter oder Wissenschaftler, kein Schicksal bleibt von der Katastrophe verschont.
Der überzeugende Cast der hochwertigen Sky-Produktion wird dabei zum Dreh- und Angelpunkt für hochemotionale und erschütternde Serienkost, die schockieren und eine deutliche Warnung aussprechen will.
Der Chernobyl-Cast: Die Besetzung der HBO-Serie bei Sky
Vasily Ignatenko gespielt von Adam Nagaitis (nach realem Vorbild)
Der tapfere Feuerwehrmann Vasily Ignatenko wird mit seinem Team zum offenen Reaktor gerufen, um den überdimensionalen Brandherd zu löschen. Er lebt mit seiner schwangeren Frau Lyudmilla (Jessie Buckley) in der Arbeitersiedlung Prypjat, die nur vier Kilometer von der Unglücksstelle entfernt liegt.
Adam Nagaitis spielt den Feuerwehrmann Vasily Ignatenko, der nach dem Einsatz in Tschernobyl dem Einfluss der radioaktiven Strahlen zum Opfer fiel. Er wurde nur 25 Jahre alt und war einer von insgesamt 27 Feuerwehrleuten, die in den Wochen nach der Katastrophe an akuter Strahlenkrankheit starben. Laut Express wurde Vasily in Moskau aufgrund seiner radioaktiven Verstrahlung in einem versiegelten Zinksarg unter Zementfliesen beigesetzt.
Vasily-Schauspieler Adam Nagaitis zog zuletzt in der Amazon-Serie The Terror die Aufmerksamkeit in der Rolle des intriganten Schiffoffiziers Cornelius Hickey auf sich.
Lyudmilla Ignatenko gespielt von Jessy Buckley (nach realem Vorbild)
Die Geschichte der schwangeren Lyudmilla Ignatenko, gespielt von Jessy Buckley, die ihren Mann nach dem Unglück ums Leben kommen sah, beruht auf wahren Begebenheiten.
Im Buch Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft erinnert sich die echte Lyudmilla: „Die letzten zwei Tage im Krankenhaus … Teile seiner Lunge, seiner Leber, kamen aus seinem Mund. Er verschluckte sich an seinen inneren Organen.”
Die wahre Lyudmilla Ignatenko konnte Schauspielerin Jessy Buckley nach Berichten der BBC nicht für ihre Rollenrecherche kontaktieren. Sie wolle mit ihrem Leben weitermachen und sich die Katastrophe nicht noch mal vor Augen führen, berichtete die Lyudmilla-Darstellerin:
Es war für mich eine große Verantwortung, sie zu spielen, und das so wahrheitsgetreu wie möglich. Selbst wenn ich mir kaum vorstellen kann, wie diese Erfahrung sich angefühlt haben muss … ich hoffe, ich habe sie so ehrlich wiedergegeben, wie es mir nur möglich war, damit deutlich wird, dass viele Menschen wegen Lügen ihr Leben ließen.
Jessy Buckley wurde vor allem in ihrer Rolle der Lorna Bow im Mystery-Drama Taboo einem breiten Publikum bekannt.
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Ulana Khomyuk gespielt von Emily Watson (fiktiv)
Die selbstbewusste Nuklearphysikerin Ulana Khomyuk arbeitet im Weißrussischen Institut für Kernenergie in Minsk.
Der Alarm im Institut versetzt die Wissenschaftlerin in Alarmbereitschaft, als nach einigen Tests klar wird, dass das Atomkraftwerk in Tschernobyl für die erhöhten Isotopwerte verantwortlich ist.
Schauspielerin Emily Watson äußerte sich gegenüber BBC über ihre Rolle: „Sie ist ein Abbild aller Wissenschaftler, die an der Sache beteiligt waren […] Sie stammt aus Weißrussland, wo man schreckliche Gräueltaten während des Zweiten Weltkriegs erlitt, als große Teile der Bevölkerung ausgelöscht wurden.”
Emily Watson war bereits in zahlreichen britischen TV- und Kinoproduktionen zu sehen, darunter auch im oscarprämierten Drama Die Entdeckung der Unendlichkeit.
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Valery Legasov gespielt von Jared Harris (nach realem Vorbild)
Der sowjetische Atomphysiker Valery Legasov (Waleri Legassow schreibt sich der reale Name der historischen Figur) hinterlässt nicht nur in der Serie auf Tonbändern seine Rekapitulation der Katastrophe.
Die packende Geschichte des realen Leiters der sowjetischen Untersuchungskommission Tschernobyl wird in der HBO-Serie ebenfalls erzählt. Legasov kam den Gründen der Explosion, aber vor allem auch der damit verbunden Korruption und Vertuschungskampagne auf die Spur.
Zwei Jahre nach der Nuklearkatastrophe beging der Wissenschaftler tatsächlich Suizid, aber nicht ohne in seinen vorher hinterlassenen Tonbändern zahlreiche brisante Staatsgeheimnisse rund um das Reaktorunglück offenzulegen. Waleri Legassow wurde am Morgen des 27. April 1988, also zwei Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl, tot in seinem Anwesen bei Moskau aufgefunden. Er hatte sich in seinem Haus erhängt.
In der Serie wird Valery Legasov von Allround-Seriendarsteller Jared Harris verkörpert. Der 57-jährige Brite spielte sich bereits durch eine ganze Bandbreite von Entertainment-Erfolgen wie Mad Men, Ocean’s 12, Der seltsame Fall des Benjamin Button, The Expanse oder The Crown.
Über seine Rolle sagte Harris in einem Video-Interview mit Goldderby.com: „Er erinnert mich an die Seherin Kassandra aus der griechischen Mythologie. Er sieht genau, was für einen schrecklichen Verlauf die Sache nehmen wird, aber niemand hört ihm zu. Er ist die intelligenteste Person unter allen Beteiligten und doch schenkt ihm niemand Beachtung, denn er hat keine Macht (…) Er ist sicher kein klassischer Held (…) Er hatte große Angst. Und er wusste, dass er in fünf Jahren würde sterben müssen.”
Stellan Skarsgård gespielt von Boris Shcherbina (nach realem Vorbild)
„Panik is schlimmer als Strahlung”, verkündete der reale Boris Shcherbina, als er kurz nach seiner Ankunft in Prypjat versuchte, eine groß angelegte Evakuierung um Tschernobyl zu unterbinden. Der stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates wird in Chernobyl geschichtsgetreu zur treibenden Maschinerie in der Vertuschungskampagne um die Reaktorkatastrophe.
Die Evakuierung leitete Shcherbina erst 36 Stunden nach dem Unglück ein. Ein fataler Fehler, der viele Menschen, die sich hätten retten können, das Leben kostete.
In die Rolle des Boris Shcherbina schlüpft in Chernobyl kein Geringerer als der schwedische Filmstar Stellan Skarsgård, der bereits in zahllosen internationalen Filmproduktionen sein Talent für Figuren aller Art unter Beweis stellte. Egal ob Marvel-Blockbuster (Marvels The Avengers) Musical-Kinohit (Mamma Mia! Here We Go Again) oder Literaturverfilmung (Jagd auf Roter Oktober), Skarsgård weiß in beinahe jeder Rolle zu überzeugen. Seine Performance in Chernobyl ist da keine Ausnahme.
Sie war für den zurückhaltenden Schweden eine ganz besondere Herausforderung: „Es gibt kaum Informationen über den Mann. Daher spiele ich nicht ihn direkt, sondern eine geskriptete Version. Aber es ist spannend, eine Figur zu verkörpern die für ein fehlerhaftes System steht und später beim Rückblick auf ihr Leben erkennen muss, wie sehr sie im Unrecht war”, erklärte der Schauspieler im Interview mit der Entertainment-Plattform Collider.
Chernobyl bei Sky Deutschland: Kurze Kritik zum Katastrophendrama
„Haben wir noch einen Vorrat an Jodtabletten auf Lager?”, fragt die junge Krankenschwester am Fenster mit besorgtem Blick in die unnatürlich erleuchtete Nacht. „Warum sollten wir die brauchen?”, fragt der Arzt ungerührt zurück und widmet sich wieder seiner schwangeren Patientin.
Später werden er und seine Kollegin die Anzüge der zahlreichen hochgradig strahlenkranken Feuerwehrmänner kurzerhand im Krankenhauskeller „entsorgen”. Doch dann wird der Strahlen-Spuk bereits größte und unwiederbringliche Ausmaße erreicht haben.
Die Katastrophe nimmt ihren Lauf, als ein simulierter Stromausfall innerhalb des Reaktors durchgeführt wird. Er soll zum Beweis dienen, dass das Kraftwerk auch in einem solchen Fall noch ausreichend Energie liefern könnte, um die Reaktor-Kühlsysteme am Laufen zu halten.
Bedienungsfehler schleichen sich ein, Sicherheitsvorschriften werden übergangen. Das Kraftwerk gerät außer Kontrolle. Unruhe macht sich breit unter den Angestellten.
Der stellvertretende Chefingenieur des Kernkraftwerkes Tschernobyl und Leiter des Versuchs Anatoly Dyatlov (Paul Ritter) wirft sich umgehend in ein verheerendes Selbsttäuschungsmanöver: „Ein Tank kann unter Umständen mal explodieren. Aber der Atomkern selbst? Unmöglich!”
In einer bescheidenen Arbeiterwohnung mit orange-gelb geblümten Tapeten beruhigt Feuerwehrmann Vasily Ignatenko derweil mitten in der Nacht seine schwangere Frau Lyudmilla. Mit ungekämmter blonder Dauerwelle und besorgtem Blick steht auch sie am Fenster und bittet ihren Mann, in der Wohnung zu bleiben. „Es ist nichts Gefährliches. Nur ein Brand außen am Dach. Geh wieder ins Bett und schlaf schön”, entgegnet Vasily und bricht auf zum Unglücksort.
Nur wenig später findet sein Feuerwehrkollege während den wahnwitzigen Löscharbeiten ein eigenartiges Stück schwarz-glitzernden Gesteins. Kurz darauf verwandeln sich erst seine Hand und später sein Gesicht wie von Geisterhand in einzige offene Fleischwunden.
Der erste Moment, in dem Regisseur Johan Renck das Phantom Kernkraft sichtbar am menschlichen Körper in Erscheinung treten lässt. Von nun an gleicht Chernobyl einer bestürzenden Collage einer Apokalypse, der die Menschheit völlig macht-, ahnungs- und kopflos gegenübersteht.
Apokalypse setzt kaum jemand so um wie The Walking Dead- und Chernobyl-Regisseur Johan Renck. 5 weitere Endzeitserien haben wir trotzdem noch für dich parat.
Chernobyl: Der unsichtbare Horror in staatlicher Reinform
Aus alptraumartigen Bildern von turmhohen Rauchwolken, willkürlich blutenden Körpern und Erbrochenem destilliert Chernobyl die Essenz eines Katastrophendramas, das in erster Linie schockieren und warnen will. Dazu tragen aber nicht nur die dramatischen Bilder, sondern auch die teils überspitzten aber absolut effektvollen Dialoge bei. Die leben vor allem vom Wissen des Publikums um die Ausmaße der Katastrophe, denen sich kaum jemand in der Sky-Serie bewusst werden will.
Dabei zeichnet die Serie nicht nur ein elaboriertes Bild der politischen Interessen der sowjetischen Gorbatschow-Regierung sondern spielt mit eindeutigen Zeilen auch auf aktuelle politische Meinungsmache an. „Mir sind meine Meinungen lieber als ihre”, entgegnet ein ignoranter führender Politiker auf die Warnung von Nuklearphysikerin Ulana Khomyukauf und ihre Bitte, die Evakuierung einzuleiten. Und diese Szene bleibt lange nicht die einzige, die auf aktuelle Debatten um Umwelt- und Klimaschutz offen anspielt.
Zur Vermeidung der „Streuung von Unwahrheiten” lässt die Regierung kurzerhand Telefonleitungen kappen, verharmlost bestürzende Messwerte in aller Öffentlichkeit und verweist die aufklärende Wissenschaft entschieden in ihre Schranken. Und dann agiert da noch ein fahrlässiger Gorbatschow, der die Katastrophe als einen „Moment, um zu glänzen” und eine Gelegenheit „Vertrauen in den Sozialismus” zu zeigen, beschämend fehlinterpretiert.
Chernobyl demaskiert einerseits in Eindrücken von Sondersitzungen in biederen Räumen und andererseits blutig-entstellten Gesichtern vor tiefschwarzen Rauchwolken ein System, was sein eigenes Volk auf dem Gewissen hat.
Zwar arbeitet das Format auch mit fiktiven Figuren und überzeichnet gelegentlich den ein oder anderen staatstreuen Apparatschick, erhebt dabei aber auch nie den Anspruch, eine bis ins kleinste Detail akkurate Abhandlung der Geschehnisse zu erzählen.
Das wichtigste Anliegen von Chernobyl ist nämlich ein viel dringlicheres: Aufwachen, aber schnell!
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Chernobyl ist ab dem 14. Mai bei Sky verfügbar (Link zur Anzeige).[/content-hub-info-box]