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Neues aus der Welt – Kritik: Wie gut ist der Tom Hanks-Western?
Im bildgewaltigen Western „Neues aus der Welt“ stellen sich Tom Hanks und Systemsprenger-Jungstar Helena Zengel der wilden Prärie des amerikanischen Westens und den einen oder anderen menschlichen Abgründen. Doch kann der Film dem Genre wirklich noch was Neues abgewinnen? Erfahre es in unserer Kritik.
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Raue Natur, verrohte Menschen und Mega-Star Tom Hanks in seiner (überraschenderweise) ersten Westernrolle. Flankiert von der jungen Deutschen Helena Zengel, die ihren Namen im Sozialdrama Systemsprenger bereits aufwühlend-eindrucksvoll in den Boden der Filmlandschaft gestampft hat, machen die Rohzutaten von Neues aus der Welt schon einiges her.
Neues aus der Welt ist der nun schon zweite Film nach Captain Phillips, für den Regisseur Paul Greengrass (Jason Bourne) und Tom Hanks zusammenarbeiten. Und auch der zweite Film von Tom Hanks, der seit Beginn der Coronakrise im Eiltempo an einen Streamingdienst verkauft wurde.
Im Gegensatz zum Kriegsdrama Greyhound war Neues aus der Welt in den USA immerhin ein eingeschränkter Kinostart Ende 2020 vergönnt, was er auch definitiv verdient hat. Denn diese Reise durch den Wilden Westen mag das Rad zwar nicht neu erfinden, hat aber nicht nur wegen seinem hervorragenden Hauptdarstellerduo deutlich mehr zu bieten als durchgekaute Western-Tropen.
Die Handlung von Neues aus der Welt
Fünf Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg zieht der Veteran Captain Kyle Kidd (Tom Hanks) noch immer ruhelos von Stadt zu Stadt. Er ist Nachrichtenerzähler und berichtet der hart arbeitenden Bevölkerung, die selbst kaum Zeit fürs Zeitunglesen findet, von den wichtigsten Ereignissen, furchtbarsten Katastrophen und erstaunlichsten Abenteuern aus der ganzen Welt.
Auf seinem Weg durch Nordtexas stößt Kidd eines Tages an einem umgestürzten Wagen auf ein junges Mädchen. Die zehnjährige Johanna (Helena Zengel), so erfährt er, wurde vor sechs Jahren von Mitgliedern des Kiowa-Stammes entführt und von diesen aufgezogen.
Nun sollte die Kleine zu ihren letzten lebenden Verwandten in die Nähe von San Antonio gebracht werden. Da ihre eigentliche Begleitung bei einem Überfall getötet wurde und sich sonst niemand verantwortlich sieht, fällt dieses Los nun Kidd zu.
Bald wird ihm jedoch klar, dass Johanna gar nicht an einer Rückkehr in die vermeintliche Zivilisation interessiert ist – ganz im Gegenteil. Und das ist nicht die einzige Herausforderung, mit der sich die beiden auf ihrer beschwerlichen Reise konfrontiert sehen.
Denn weder Mensch noch Natur kennen in diesem wilden Landstrich Gnade.
Neues aus der Welt: Harte Menschen in einem gespaltenen Land
Der Bürgerkrieg hat in Neues aus der Welt tiefe Spuren im Land und in der Bevölkerung hinterlassen. War die Lebenssituation im amerikanischen Süden schon zuvor hart und voller Widrigkeiten, scheint der jahrelange Konflikt diese Probleme nur forciert zu haben.
Die Menschen sind unzufrieden und nehmen die Niederlage und die damit verbundenen Konditionen des Nordens als ungerechtfertigt war. Banden ehemaliger Soldaten der Konföderation treiben sich in den Städten herum, verroht von den barbarischen Kämpfen der letzten Jahre. Der Platz für Mitgefühl und Empathie scheint in den Köpfen der Menschen restlos aufgebraucht.
Greengrass, der auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, konnte es sich nicht ganz verkneifen, Parallelen zwischen der geschilderten Situation und dem heutigen Amerika herzustellen. Zumindest weckt der Ausruf „Texas first“ eines aufgebrachten Südstaatenbürgers nicht ohne Grund Erinnerungen an den berüchtigten Trump’schen Wahlkampfspruch – und an die bürgerkriegsähnlichen Bilder der vergangenen Monate.
Tom Hanks: Paraderolle als moralischer Lichtblick
Tom Hanks‘ Captain Kidd erscheint hier als Vermittler zwischen den verhärteten Fronten. Er ist ein Geschichtenerzähler und Diplomat, der nach seinen eigenen traumatischen Kriegserfahrungen die Menschen nicht nur unterhalten, sondern auch miteinander und der restlichen Welt verbinden will.
Eine Paraderolle für den 64-Jährigen. Auch in Neues aus der Welt beweist Tom Hanks mal wieder, wieso er bis heute als Strahlemann Hollywoods bekannt und beliebt ist. Kaum jemand dürfte es ihm so leicht nachmachen können, mit einem solch reduzierten Spiel ein so hohes Maß an Menschlichkeit und Würde zu transportieren.
Es ist also nicht ganz verwunderlich, dass Neues aus der Welt viel seiner Kraft und seines Aussagepotentials aus seiner Hauptfigur und der gewaltigen Präsenz seines Darstellers – sowie aus dem Kontrast beider zu ihrem oft abgestumpften Umfeld – zieht.
Dass Neues aus der Welt dabei nicht zum rein plakativen Starvehikel für Tom Hanks verkommt, ist vor allem auch der wieder einmal beeindruckenden Leistung von Helena Zengel zu verdanken. Sie erdet die Handlung und führt im Zusammenspiel mit dem Weltstar eine zutiefst bewegende, doch niemals aufgesetzt wirkende, intim-zwischenmenschliche Ebene in den Film ein.
Helena Zengel: Waise zweier Welten
Die junge Johanna ist in ihrem Leben gleich zweimal zur Waise geworden. Erst wurden ihre leiblichen Eltern von den Kiowa massakriert, später sollte dasselbe Schicksal auch ihre neue Familie durch die Hände der US-Armee ereilen. Während die eine Welt ihr über die Jahre fremd, fast feindlich geworden ist, scheint die Brücke zur anderen nun unwillkürlich abgebrannt.
Obwohl Johanna in weiten Teilen des Films nur in der Stammessprache der Kiowa kommuniziert, sind es vor allem ihre forschenden Blicke, mit denen sie ihre Verlorenheit, gleichzeitig aber auch Sturheit und Willensstärke zum Ausdruck bringt. Unterbricht Helena Zengel die fast schon stoische Haltung ihrer Figur dann durch einen wilden Tobsuchtsanfall, verfehlt dies wie schon in Systemsprenger nicht seine Wirkung.
Es ist durchaus bemerkenswert, mit welcher Reife die Jungschauspielerin Zengel ihre Rolle anzulegen und unter Mithilfe des Drehbuchs gängige Beschützer-Kind-Klischees zu umgehen vermag. So bekommt man oftmals das Gefühl, dass Veteran Kidd nicht nur Johannas Vertrauen, vor allem aber ihren Respekt erkämpfen muss.
Vielleicht sogar im wörtlichen Sinne, wie man unweigerlich denken muss, wenn sie nach einer wilden Schießerei Kidds Taten in kindlichen Kiowa-Versen besingt.
Neues aus der Welt: Lebendiger Westen in beeindruckenden Bildern
Die endlosen Weiten der Prärie, finster wuchernde Wälder und opulente Kamerafahrten über gewaltige Viehherden hinein in das nächste heruntergekommene Kleinstädtchen: Paul Greengrass und sein Kameramann Dariusz Wolski (Sicario 2, Alien: Covenant) wissen den Wilden Westen in Neues aus der Welt in starke Bilder zu fassen.
Zwar gibt es an dieser Front nicht viel Neues zu sehen – bei über 100 Jahren Westernfilm auch kein Wunder – dennoch erweist sich gerade Nachrichtenerzähler Kidd als Figur, die uns immer wieder in so ungewohnte wie angenehm authentisch und lebendig wirkende Situationen bringt.
Das geht von seinen regelmäßigen Lesungen in Heuschobern und Scheunen, wo ihm nicht nur die Neugierde, sondern auch der Hunger nach Unterhaltung und die Dankbarkeit seines Publikums nur so entgegenschwappt, bis hin zu einem, durch seine pragmatische Darstellung schon wieder sehenswerten, Kutschenunfall.
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Gezielte Action – mit gewitzten Kniffen
Die spärlich eingesetzte Action in Neues aus der Welt ist, wie man es von Paul Greengrass nicht anders kennt, wieder hervorragend in Szene gesetzt. Die in der Jason-Bourne-Trilogie perfektionierte Handkamera wird hier zwar zurückgefahren, dennoch vermitteln die intensiv eingefangenen Schusswechsel auf nervenzerreißende Weise das Gefühl von angespanntem Lauern und gehetzten Bewegungen.
Dies wirkt vor allem im Westerngenre, mit der begrenzten Munition von Sechsschüssern und zweiläufigen Schrotflinten, umso effektiver.
Eine überraschend abwechslungsreiche Wirkung zeigen dagegen kleine Einfälle, wie das Füllen von Schrotpatronen mit Kidds Wechselgeld. Das schaurig klingelnde Sounddesign beim Einschlag der tödlichen Münzladung? Ein trockenes Augenzwinkern der Filmemacher und ein garantierter kalter Schauer zugleich.
Neues aus der Welt-Kritik: Das Fazit zum Tom Hanks-Western
Ganz klar: Neues aus der Welt konzentriert sich voll und ganz auf sein hervorragendes Darstellerduo – und das ist auch gut so. Tom Hanks brilliert ein weiteres Mal in einer Charakterrolle, während Jungschauspielerin Helena Zengel für ihren Part nicht umsonst für den Golden Globe als beste Nebendarstellerin nominiert wurde.
Die rau-authentischen Bilder, knackigen Actionspitzen und die bewegende Geschichte tun ihr Übriges, um Neues aus der Welt zu einem mitreißend-soghaften Westernerlebnis zu machen, das so noch einige Zeit im Kopf bleiben wird.
Der Westen muss schließlich nicht immer etwas komplett Neues bieten…
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