Die bunte Seite des Monds
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Bild aus Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim
Plakat zum Musical-Film Wicked

Die bunte Seite des Monds: Die Kritik zum Netflix-Animationsfilm

Nach­dem Net­flix ver­gan­ge­nes Jahr bere­its mit dem Wei­h­nachts-Zeichen­trick „Klaus” für Furore sorgte, will sich der Stream­ing-Dienst nun endgültig im Genre etablieren: Der Ani­ma­tions­film „Die bunte Seite des Monds” soll den Platzhirschen Dis­ney und Pixar Konkur­renz machen. Ob das gelun­gen ist, liest Du in unser­er Kri­tik zum Film.

Erst vor weni­gen Tagen verkün­dete Net­flix’ Co-CEO Ted Saran­dos eine geplante Großof­fen­sive, die zukün­ftig sechs Ani­ma­tions­filme pro Jahr aus dem Hause des Stream­ing-Gigan­ten her­vor­brin­gen soll. Ein ambi­tion­iertes Vorhaben, das die Net­flix-Sehn­sucht nach weit­eren Oscars und steigen­dem Pres­tige nur unterstreicht.

Der Stachel muss wohl noch immer tief sitzen, dass man bei der let­zten Oscarver­lei­hung mit „Klaus” und „Ich habe meinen Kör­p­er ver­loren” gle­ich zwei Filme in der Ani­ma­tion­skat­e­gorie ins Ren­nen schick­te und am Ende trotz­dem gegenüber dem allmächti­gen Konkur­renten Pixar/Disney („Toy Sto­ry 4”) das Nach­se­hen hatte.

Es ist aber dur­chaus möglich, dass sich schon bei der näch­sten Ver­lei­hung das Blatt wen­det. Mit „Die bunte Seite des Monds” hat Net­flix näm­lich einen wahrhaft gelun­genen Film in pet­to, der sich aus­gerech­net der Stärken des großen Rivalen bedient.

„Die bunte Seite des Monds” startet am 23. Okto­ber auf Net­flix. Den Film kannst Du auf Deinem Net­flix-Account auch mit Voda­fones GigaTV anschauen.

Die Bunte Seite des Monds

Auf ins Aben­teuer: Fei Fei und ihr Häschen Bungee sind nicht die typ­is­chen Astro­naut­en, aber dafür hoch motiviert — Bild: Net­flix

Die Handlung von Die bunte Seite des Monds: Hinauf in eine fremde Welt

Das Mäd­chen Fei Fei wächst behütet in ein­er chi­ne­sis­chen Kle­in­stadt auf, wo seine Eltern eine Mond­kuchen-Bäck­erei betreiben und sich liebevoll um ihre Tochter küm­mern. Ges­pan­nt lauscht sie den Geschicht­en ihrer Mut­ter über die leg­endäre Mondgöt­tin Chang’e, die ihre große Liebe einst ver­lor und nun ein­sam auf deren Rück­kehr wartet.

Doch Fei Feis Idyll bekommt eines Tages Risse, als ihre Mut­ter stirbt und ihr Vater Jahre später mit ein­er anderen Frau anban­delt. Um ihm zu zeigen, dass sich das Warten lohnt, fasst das pfif­fige Mäd­chen einen Plan: Es will zum Mond fliegen und so die Exis­tenz von Chang’e beweisen. Prompt bastelt Fei Fei eine Rakete und tritt mit ihrem Hasen Bungee und ihrem ange­hen­den Stief­brud­er Chin im Schlepp­tau die wage­mutige Reise an.

Die bunte Seite des Monds

Zwei tierische Begleit­er: Chins Frosch und Fei Feis Hase Bungee sor­gen für die witzig-süßen Momente in Die bunte Seite des Monds — Bild: Net­flix

Zur ihrer eige­nen Über­raschung hat sie tat­säch­lich Erfolg und lan­det auf dem leuch­t­en­den Him­mel­skör­p­er. Doch was sie dort erwartet, sprengt jegliche Vorstel­lungskraft: Hin­ter dem Mond liegt das ver­steck­te Kön­i­gre­ich Lume­ria, in dem bunte Fabel­we­sen leben und aller­lei magis­che Ver­rück­theit­en an jed­er Ecke lauern.

Schließlich trifft sie auch auf Chang’e, die das Reich regiert und Fei Fei zunächst fes­tlich empfängt. Allerd­ings läuft nicht alles rei­bungs­los für die Jun­gas­tro­nautin, denn schwierige Auf­gaben und Hin­dernisse ste­hen ihr noch bevor.

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Schon nach weni­gen Minuten von „Die bunte Seite des Monds” ist zu erken­nen, dass die bei­den Regis­seure und Oscarpreisträger Glen Keane („Dear Bas­ket­ball”) und John Kahrs („Im Flug erobert”) ihre Hausauf­gaben gemacht haben. Bei­de arbeit­eten zuvor mehrmals für Dis­ney und wis­sen ganz genau, welche Knöpfe sie beim Pub­likum drück­en müssen.

Das fängt schon beim Pro­log des Films an, der mit all sein­er trau­rig-schö­nen Melan­cholie Erin­nerun­gen an die unvergessliche Anfangsse­quenz des Pixar-Streifens „Oben” weckt. So hat man als Zuschauer Fei Fei schneller ins Herz geschlossen als man „Mond­kuchen” sagen kann und lässt sich nur zu gern auf das emo­tionale Aben­teuer ein, das in der restlichen Laufzeit folgt.

Die Pro­tag­o­nistin ste­ht stel­lvertre­tend für eine ganze Rei­he von liebenswerten und grundsym­pa­this­chen Charak­teren, die das gesamte Spek­trum von leben­snah bis skur­ril-witzig abdeck­en. In den Szenen mit Fei Feis Hasen Bungee zieht „Die bunte Seite des Monds” zudem sämtliche Niedlichkeit­sreg­is­ter, die die Ani­ma­tion­ssoft­ware hergibt.

Die bunte Seite des Monds

Auf dem Mond ist sie der Star: Göt­tin Chang’e trägt jedoch ein trau­riges Geheim­nis mit sich herum — Bild: Net­flix

Dieses Umschme­icheln von Pub­likumsh­erzen und -augen lässt sich natür­lich ganz leicht als strate­gis­ches Kalkül abtun, zeugt aber eben auch von der Clev­er­ness und Erfahrung der Mach­er. Immer­hin spielt Net­flix hier nur nach den Regeln, die das Genre oft­mals vorgibt und die auch die Konkur­renz recht sel­ten variiert. 

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Es gibt allerd­ings keinen Anlass dafür, sich als Zuschauer für dumm verkauft zu fühlen. Hin­ter den traumhaft schö­nen Bildern und dem vorder­gründi­gen Eskapis­mus der Geschichte steckt näm­lich eine tief­greifende und bedeut­same Botschaft: Es geht um Trauer­be­wäl­ti­gung und den damit ver­bun­de­nen inner­lichen Rei­fung­sprozess eines Kindes.

Dies wird in mitunter herzzer­reißen­den Szenen, aber auch mit jed­er Menge schrägem Witz erzählt, wobei die Stim­mungswech­sel manch­mal etwas ruckar­tig stat­tfind­en und dadurch nicht durch­weg funk­tion­ieren. Ist die auf der Erde ablaufende Hand­lung beispiel­sweise durch ihre zurück­hal­tende Her­zlichkeit geprägt, schlägt der Film nach der Mond­lan­dung deut­lich lautere Töne an.

Die bunte Seite des Monds

Es gibt kein Leben auf dem Mond? Fei Fei weiß es nach ihrem bun­ten Trip ins All bess­er — Bild: Net­flix

Hier wird man als Zuschauer in ein über­wälti­gen­des Far­ben­meer gewor­fen, das irgend­wo zwis­chen kindlich­er Fan­tasiewelt und LSD-Trip pen­delt. In Lume­ria gel­ten keine wis­senschaftlichen Geset­ze mehr, was Autorin Audrey Wells qua­si unbe­gren­zten Spiel­raum gab, jede noch so kauzig-kuriose Idee zu ver­fol­gen und ins Drehbuch zu schreiben. Das ist äußerst tem­por­e­ich insze­niert, zu kein­er Zeit lang­weilig, aber stel­len­weise auch etwas anstren­gend anzuschauen.

Vor allem für die ganz kleinen Zuschauer ist dieser Teil von „Die bunte Seite des Monds” wenig geeignet, da die grellen und far­ben­fro­hen Bilder dann doch zu wild und hek­tisch anmuten.

Musik und Mythologie: Der gezielte Griff nach den Sternen

Wiederum alles richtig haben die Mach­er mit der Auswahl der Songs gemacht, die wun­der­bar vor­ge­tra­gen sind, ins Ohr gehen und mit der per­fekt abges­timmten Mis­chung aus Emo­tion­al­ität und Energie den Ani­ma­tions­film um eine weit­ere Ebene ergänzen.

Die bunte Seite des Monds

Fliegende Kuschel­löwen sind nicht das ver­rück­teste, was sich im Reich der Mondgöt­tin bewegt — Bild: Net­flix

Sicher­lich lässt sich in den musikalis­chen Momenten den Pro­duzen­ten erneut vor­w­er­fen, die Dis­ney-Sch­ablone etwas zu akku­rat angelegt zu haben, ihre beab­sichtigte Wirkung ent­fal­ten die Lieder aber dennoch.

Mehr Finesse bei der Darstel­lung der chi­ne­sis­chen Kul­tur wäre jedoch wün­schenswert gewe­sen. Zwar wid­met sich der Film mit Chang’e ein­er Fig­ur der chi­ne­sis­chen Mytholo­gie, tappt dabei jedoch ein­mal zu oft in die Klis­cheefalle. So ent­pup­pt sich zum Beispiel das tra­di­tionelle Fam­i­lienessen von Fei Feis Sippe als Schmaus der asi­atis­chen Stereo­typen. Und natür­lich muss das aufgeweck­te Mäd­chen aus­gerech­net ein kleines Genie in Natur­wis­senschaften sein.

Dieser etwas bit­tere Beigeschmack bleibt aber zum Glück nicht haften, zu sehr über­wiegt am Ende die Freude über einen so empathis­chen wie unter­halt­samen Ani­ma­tions­film, der sich berechtigte Hoff­nun­gen auf eine Oscar-Nominierung machen darf.

Die bunte Seite des Monds

Kuli­nar­ische Tra­di­tion: In Fei Feis Fam­i­lie kom­men jedes Jahr zum Mond­fest mehrere Gen­er­a­tio­nen an den Essen­stisch — Bild: Net­flix

Auch wenn „Die bunte Seite des Monds” zugegeben­er­maßen eine eigene Iden­tität ver­mis­sen lässt, kann man sich dem Charme dieses musikalis­chen Fan­ta­sy-Aben­teuers nicht erwehren. Ob das nun gewiefte Tak­tik oder ein schlaues Jonglieren mit alt­bekan­nten Genre-Ele­menten ist, darf jed­er für sich entscheiden.

Abschließend sollte nicht uner­wäh­nt bleiben, dass die deutsche Ver­sion des Films eben­so mit der Wahl der Syn­chron­sprech­er punk­tet, die alle­samt einen tollen Job machen. Hier wurde auf pro­fes­sionelle Sprech­er (unter anderem Friedel Mor­gen­stern, Tim Sander und Man­ja Doer­ing) geset­zt, die ihr Handw­erk ver­ste­hen, und nicht auf große Namen.

War „Die bunte Seite des Monds” eine lohnenswerte Film­reise für Dich oder ein eher hol­priges Vergnü­gen? Hin­ter­lasse uns gern Deine Mei­n­ung in der Kommentarspalte!

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