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Cowboy Bebop | Kritik: Starke Anime-Umsetzung – mit einem Haken
Weltraumkopfgeldjäger, Kung-Fu und jede Menge Style: Nach langer Wartezeit geht bei Netflix endlich die Realserien-Adaption des Kult-Animes „Cowboy Bebop“ an den Start. Doch hat sich das Warten gelohnt? Kann sich die Live-Action-Serie gegenüber dem Original behaupten? Erfahre es in unserer Serien-Kritik.
Anime-Realverfilmungen haben einen notorisch schlechten Ruf. Nicht zu unrecht. Auf jede gute Adaption wie „Rurouni Kenshin“ kommen zig Total-Desaster wie „Dragon Ball“, „Fullmetal Alchemist“ oder „Attack on Titan“. Selbst schön anzusehende Blockbuster wie „Ghost in the Shell“ konnten die Seele der Vorlage nie ganz greifen.
Auch Netflix hat sich in der Vergangenheit mit „Death Note“ nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Jetzt bringt der Streaming-Gigant mit Cowboy Bebop aber eine der heiß erwartetsten Live-Action-Verfilmungen überhaupt an den Start. Und hat sich damit einiges vorgenommen.
Die Handlung von Cowboy Bebop: Western im All
Spike Spiegel (John Cho) und der ehemalige Cop Jet Black (Mustafa Shakir) ziehen mit ihrem Raumschiff „Bebop“ von Planet zu Planet und halten sich als Kopfgeldjäger über Wasser. Ob Drogenschmuggler oder Umwelt-Terroristen: Kein Krimineller ist vor den beiden sicher.
Spike hat aber auch eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Einst gehörte er einem berüchtigten Syndikat an und erledigte für seine Oberen die Drecksarbeit. Als er mit seiner Geliebten Julia (Elena Satine) aus diesem Leben ausbrechen wollte, ging jedoch alles schief. Heute hält ihn das Syndikat für tot – und das sollte besser so bleiben.
Eines Tages stoßen Spike und Jet bei einem ihrer Aufträge mit der Kopfgeldjäger-Kollegin Faye Valentine (Daniella Pineda) zusammen, die es auf dasselbe Ziel abgesehen hat. Nach anfänglichen Reibungen beschließen die drei aber, künftig gemeinsame Sache zu machen. Eine gute Entscheidung.
Denn schon bald werden die Kopfgeldjäger von ihrer Vergangenheit heimgesucht und können jede Hilfe gebrauchen. Insbesondere Jet steckt bald in tiefen Schwierigkeiten, als sein alter Erzfeind Vicious (Alex Hassel) Wind davon bekommt, dass er noch am Leben ist.
Cowboy Bebop: Der Style stimmt
Der 1998er Anime Cowboy Bebop gilt nicht nur wegen seinem wilden Mix aus Space-Western, Martial Arts, Gangster-Ballade und Film Noir als absoluter Kult. Cowboy Bebop lebt und atmet durch seine von Jazz und Classic Rock beschwingte Stimmung und seinen aus dutzend Quellen zusammengeflickten Pulp-Style.
Wer im Vorfeld befürchtet hat, dass gerade diese locker-coole Seele von Cowboy Bebop in der Realverfilmung verloren gehen könnte, kann jetzt beruhigt sein. Die neue Netflix-Serie nimmt sich zwar zahlreiche kreative Freiheiten, der Geist des Originals ist aber von der ersten Folge an in jeder Szene zu spüren.
Von den knalligen Farben, staubigen Straßen und dreckig-schrillen Weltraum-Stationen: Spätestens, wenn sich Spike erstmals auf das knallgelbe Sofa der Bebop fläzt, fühlt man sich als Fan wieder richtig zuhause. Außerdem sieht das neue Cowboy Bebop einfach fantastisch aus. Spikes ikonischer, roter Raumjäger, die Bebop beim Landeanflug auf einen Fluss oder gigantische Weltraumpanoramen über einem Planeten verschlagen beim Zuschauen ein ums andere Mal die Sprache.
Dazu kommt die fantastisch dynamische Serienmusik vom Original-Komponisten Yoko Kanno, ohne die Cowboy Bebop einfach nicht Cowboy Bebop wäre. Und natürlich der schräge Humor, der sich in der Netflix-Serie nicht auf den vorgegebenen Pointen ausruht, sondern auf eigenen Wegen für Lacher sorgt und sogar ein größeres Schlaglicht auf die Figuren und ihre Beziehungen zueinander wirft.
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Klasse Cast und Figuren – mit einigen Freiheiten
Apropos Figuren: Der Cast von Spike Spiegel und Jet Black gleicht einem Genie-Streich. Insbesondere John Chos etwas ruppigere Interpretation von Spike hat einiges für sich, ohne dabei jedoch dessen schläfrige Coolness zu verlieren. Mit seinem leicht übergroßen lila Anzug, Wuschelfrisur und Kopfhörern überzeugt der Star Trek-Star nicht nur in den rasanten Kampfszenen, sondern strahlt auch denselben augenzwinkernden Magnetismus aus wie sein Anime-Vorbild.
Auch Mustafa Shakir („Marvel’s Luke Cage“) gibt einen tollen Jet Black ab, der dem Bebop-Kapitän genau die richtige Dosis aus mürrischem Eigenbrödlertum, grimmiger Härte und väterlicher Fürsorglichkeit verleiht. Die hinzuerfundene Serientochter wäre da aber wirklich nicht nötig gewesen und wirkt im Großen und Ganzen überflüssig.
Dennoch ist es vor allem die Figur von Faye Valentine, die die größten Veränderungen im Vergleich zum Original erfahren hat. Ihre Hintergrundgeschichte bleibt zwar weitgehend dieselbe, doch aus der gewieften Meisterdiebin ist nun eine weitere Kopfgeldjägerin geworden. Die abgebrühte Kratzbürstigkeit und verführerische Pin-Up-Erotik aus dem Anime tauscht Schauspielerin Daniella Pineda („Jurassic World 2“) gegen großäugige Verschmitztheit und entwaffnende Offenheit ein.
Tatsächlich bringt die so neudefinierte Figurenkonstellation ein angenehmes Maß an Menschlichkeit und Wärme in Cowboy Bebop. Die Interaktionen, Wortgefechte und Neckereien zwischen Spike, Jet und Faye werden so zu den echten Highlights der Serie. Man spürt förmlich die familiäre Bande, die sich zwischen den Dreien entwickelt.
Vicious & Julia: Schritt in die falsche Richtung
Gerade zu Beginn hält sich das neue Cowboy Bebop noch deutlich an den episodenhaften Charakter der Vorlage. Jede Folge ein neuer Auftrag, jede Folge ein neuer Bösewicht, den es gegen Kopfgeld hinter Gitter zu bringen gilt. Und hier zeigt sich die Netflix-Serie auch am stärksten.
Die einzelnen Fälle sind dabei nie nur bloße Nacherzählungen der Original-Plots, enthalten ihre eigenen Drehungen und Wendungen, während andere Elemente sinnvoll weggelassen wurden. Dass zum Beispiel der egozentrische Kopfgeldjäger Cowboy Andy keinen Auftritt hoch zu Ross in der Realserie hat, mögen manche Fans bedauern, verringert jedoch die Gefahr unfreiwilliger Albernheiten. Nicht alles, was in einem Anime-Kontext gut funktioniert, hat in einer Live-Action-Umsetzung dieselbe Wirkung.
Ins Schlingern kommt die Netflix-Adaption aber leider genau dann, wenn sie den Haupt-Plot um Spikes Vergangenheit eigenständig erweitern will. Denn der ausgebaute Storystrang um dessen alten Feind Vicious und seine große Liebe Julia ist nicht nur äußerst holprig geraten und strotzt vor Klischees – er raubt den Figuren eher Facetten, als dass er ihnen neue hinzufügen würde.
Die unantastbare Aura von Vicious und das Mysterium um Femme Fatale Julia? Je mehr sich Cowboy Bebop mit den beiden befasst, umso blasser wirken deren Charaktere, Motivationen und Handlungen.
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Cowboy Bebop: Der Zwang der 2. Staffel
So verständlich das Bemühen der Drehbuchautoren um eine alles übergreifende Geschichte ist – man merkt der Serie zum Ende hin deutlich an, dass einige Entscheidungen nur getroffen wurden, um eine Fortsetzung von Cowboy Bebop vorzubereiten.
Der Original-Anime gipfelte nach nur einer Staffel in einem fulminanten Finale, das sich in all seiner nervenaufreibenden Spannung, seiner Melancholie und Schönheit ins Gedächtnis der Fans eingebrannt hat. Damit muss sich nun auch die Netflix-Serie messen – und scheitert in diesem Bezug leider auf ganzer Linie.
Schon im Vorfeld war klar, dass sich die neue Cowboy Bebop-Serie wohl kaum auf eine Staffel beschränken wird. Zu viel hat sich verändert im modernen Streaming-Zeitalter, zu viel Prestige hängt auch an der Marke Cowboy Bebop. Dass damit auch eine Problematik einhergeht, führt das Finale schmerzlich vor Augen.
Denn auf der einen Seite will das neue Ende dank dem Aufgreifen der Kathedralen-Kulisse Erinnerungen an das ursprüngliche Finale wecken – sich aber gleichzeitig auch alle Türen offenhalten. Das Resultat ist jedoch eine fehlende Fallhöhe und eine ganze Reihe an fragwürdigen Figurenentscheidungen und weiteren Unglaubwürdigkeiten. Schade.
Cowboy Bebop-Kritik: Fazit zur Realserie des Kult-Animes
Die neue Netflix-Realserien-Adaption von Cowboy Bebop zieht ihr eigenes Ding durch, vibriert aber in jedem Detail vor Liebe zum Original. Bunt, witzig, hart und mit jeder Menge Bebop-Flair zieht einen die Serie wieder tief hinein in das Kult-Universum. Und John Cho ist als Spike Spiegel wirklich eine absolute Wucht.
Es bleibt zu hoffen, dass sich Cowboy Bebop in einer zweiten Staffel von dem schwachen Staffelfinale erholen kann. Und auch bei einigen Nebenhandlungssträngen müssen einige Weichen neu gestellt werden. Der fantastische Cast, die tollen Figuren und überhaupt der Aufwand, das Cowboy Bebop-Universum in einem solch eigenwilligen Maße auferstehen zu lassen, haben es definitiv verdient.
Wir sehen uns, Space Cowboy…
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