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Carmel: Wer hat María Marta umgebracht? – Die wahre Geschichte der Netflix-Serie
Am 5. November startet die vierteilige True-Crime-Dokuserie „Carmel: Wer hat María Marta umgebracht?“ bei Netflix. Hier findest Du alle Infos zur wahren Geschichte hinter einem der schockierendsten Kriminalfälle Argentiniens.
True-Crime-Dokus haben nicht erst seit „Tiger King“ Hochkonjunktur bei Netflix. Bei dem populären Streaming-Dienst findest Du jede Menge Darstellungen ungewöhnlicher und kontroverser Kriminalfälle. Die jüngste Produktion schildert den Mordfall der argentinischen Soziologin María Marta García Belsunce. 2002 wurde sie tot ihrem Haus vorgefunden. Die Ärzte gingen zunächst von einem Unfall aus, erst später wurde klar: Die Frau wurde erschossen. Entsprechend erregte der Fall die Gemüter im südamerikanischen Staat Argentinien, der dort heute noch als großes Mysterium gilt.
„Carmel: Wer hat María Marta umgebracht?“ kannst Du übrigens auf Deinem Netflix-Account auch mit Vodafones GigaTV anschauen.
María Marta García Belsunce: Ihre wahre Geschichte
María Marta García Belsunce wurde am 24. April 1952 in Buenos Aires geboren. Sie war die Tochter des renommierten Juristen Horacio Adolfo García Belsunce und dessen Ehefrau Luz María Blanca Luisa Galup. Ihre Eltern lebten getrennt, seitdem María Marta sechs Jahre alt war. Ihre Mutter hatte zwei weitere Kinder mit Constantino Hurtig, einem rumänischen Kinderarzt. Beide Kinder leben momentan noch in den USA.
María Marta studierte Soziologie und widmete sich in den letzten Jahren ihres Lebens verstärkt gemeinnützigen Organisationen wie „Red Social” und der Stiftung „Missing Children Argentina”. Für letztere war sie sogar als Vizepräsidentin tätig.
Im Rahmen ihrer Arbeit für „Missing Children Argentina” stellte María Marta mehrmals öffentlich unangenehme Fragen zum Handel mit Minderjährigen in der Provinz Buenos Aires. Deswegen sah sie sich immer wieder mit diversen Drohungen konfrontiert. Im Jahr 1971 heiratete García Belsunce den Argentinier Carlos Carrascosa. Das Paar blieb kinderlos.
Der Mord an María Marta und das Versagen der Behörden
Am 27. Oktober 2002 wurde María Marta García Belsunce von ihrem Mann Carlos Carrascosa um kurz nach 19:00 Uhr leblos in der Badewanne ihres Hauses aufgefunden. Die beiden lebten in einer Gated Community namens „Carmel” unweit von Buenos Aires. Zunächst deutete alles auf einen Unfall hin. Die verantwortlichen Ärzte fanden schnell die vermeintliche Todesursache: María Marta sei demnach in der Badewanne ausgerutscht und habe sich den Kopf am Wasserhahn gestoßen.
Kurz nach dem vermeintlichen Unfall wurde María Marta beerdigt. Doch einige Ungereimtheiten in den kommenden Monaten ließen Behörden und vor allem die argentinischen Medien aufhorchen.
Im Fokus der Berichterstattung stand vor allem Staatsanwalt Diego Molina Pico. Der Sohn des ehemaligen argentinischen Admirals Enrique Molina Pico geriet immer mehr in die Kritik, äußerst zweifelhafte Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise ordnete er keine Autopsie an, obwohl dies auch nach derlei Unfällen in Argentinien üblich ist. Später gab er zu, dass Horacio García Belsunce, der Bruder des Opfers, den Polizeichef Ángel Casafús telefonisch darum gebeten hatte, die ermittelnde Polizei von dem Haus abzuziehen, in dem María Marta gestorben war.
Aufgrund der verwirrenden Aussagen der Beteiligten ordnete die Staatsanwaltschaft eine Exhumierung und Autopsie von María Marta an. Doch auch die Gerichtsmediziner fanden zunächst keine Hinweise auf einen Mord – bis sie die vermeintliche Bruchstelle im Schädel genauer untersuchten. Fünf Dellen fanden sie, die grob mit der Struktur des Wasserhahns in der Badewanne übereinstimmten. Eine sechste Wunde erregte besondere Aufmerksamkeit. Sie war leicht gerillt, was häufig als Indiz für eine abgeprallte Pistolenkugel gilt. Daraufhin ließ die Forensik den Schädel des Opfers öffnen und untersuchen. Der verstörende Fund: fünf Pistolenkugeln.
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Wer ist María Martas Mörder? Nicolás Pacheco und Carlos Carrascosa im Fadenkreuz der Ermittlungen
Anfang Dezember 2002 geriet der Fall schließlich in die Öffentlichkeit und inspirierte zahllose Theorien und Vermutungen über den potenziellen Mörder. Ins Fadenkreuz geriet dabei vor allem Nicolás Pachelo, ein Nachbar von María Marta. Pachelo hatte zwar ein Alibi vorzuweisen, welches sich aber nach genauerer Untersuchung als falsch herausstellte. Hinzu kam, dass der Nachbar Vorstrafen besaß.
Pachelo hatte ausgesagt, er sei mit seiner Mutter zur Tatzeit in einem Einkaufszentrum gewesen. Drei Zeugen gaben allerdings zu Protokoll, dass sie Pachelo kurz nach dem Tatzeitpunkt unweit seines Hauses gesehen hatten. Pachelo wurde vor allem zum Verdächtigen, weil er von der Familie des Opfers beschuldigt wurde, María Marta und ihren Mann beraubt zu haben. Demnach soll María Marta ihren Nachbarn auf frischer Tat ertappt haben, woraufhin dieser die Frau ermordete.
Schließlich schaltete sich Staatsanwalt Molina Pico im Januar 2003 erneut ein und klagte acht Verdächtige der Vertuschung an: María Martas Bruder Horacio, ihren Ehemann Carlos Carrascosa, ihren Schwager Guillermo Bártoli, ihren Stiefvater Constantino Hurtig, ihren Halbbruder Juan Hurtig, die Masseurin Beatriz Michelini, ihren Nachbar Sergio Binello und den Sanitäter Juan Ramón Gauvry Gordon.
Geschichten über Klebstoff und Vertuschung
Während der weiteren Ermittlungen gelangten immer mehr Details ans Tageslicht. Forensiker entdeckten Klebstoffreste am Schädel von María Marta und interpretierten diese als Vertuschungsaktion. Der „Tropfen“ des Klebers zierte einige argentinische Schlagzeilen und wurde so zum Symbol für den Fall.
Im Oktober 2003 nahm die Polizei María Martas Ehemann Carlos Carrascosa in Untersuchungshaft. Mitte Februar 2004 ließ man das geplante Gerichtsverfahren wieder aufheben, eine Entscheidung des Richters. Zwei Monate später wurde Carrascosa allerdings schon wieder verhaftet und schließlich 2007 verurteilt – wegen der Vertuschung des Mordes, aber nicht für den Mord selbst. 35 Tage saß Carrascosa in Haft und wurde schließlich gegen eine Kaution von 100.000 Pesos entlassen. Erst am 18. Juni 2009 folgte eine weitere Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen des Mordes an seiner Frau.
Doch damit war der Fall noch lange nicht erledigt. Einige Ungereimtheiten während der Ermittlungen boten Angriffsfläche für die Anwälte von Carrascosa. Der hatte während seiner Haft seine Memoiren verfasst und schwere Vorwürfe erhoben. Der Fall wurde mit dem Fokus auf der Vertuschung des Mordes neu aufgerollt. Angeklagt wurden erneut María Martas Schwager Guillermo Bártoli, ihr Stiefbruder Juan Hurtig, ihr Bruder Horacio García Belsunce, ihr Nachbar Sergio Binello, die Masseurin Beatriz Michelini und der Sanitäter Juan Ramón Gauvry Gordon.
Alle Angeklagten bis auf Beatriz Michelini wurden am 4. November zu Haftstrafen zwischen drei und fünf Jahren verurteilt. Die Richter sprachen Beatriz frei, weil sie ihrer Ansicht nach nichts mit der Vertuschung zu tun hatte, sondern die Szenerie erst betrat, als die Verschleierung bereits in vollem Gange gewesen sei.
Carlos Carrascosa saß bis 2015 im Gefängnis und wurde anschließend wegen gesundheitlicher Probleme und seinem Alter unter Hausarrest gestellt. Im Dezember 2016 sprach ihn der Oberste Gerichtshof Argentiniens dann doch in sämtlichen Anklagepunkten frei und hob die Strafe auf.
Journalist erhebt schwere Vorwürfe: Keine Klärung in Sicht
Nicht zuletzt wegen der anlaufenden Netflix-Doku geriet der Fall der María Marta in jüngster Zeit wieder in die Schlagzeilen. Der Journalist Pablo Duggan, ein renommierter Experte und Beobachter des Falls, erhebt dabei schwere Vorwürfe.
Es gebe in diesem Kriminalfall zwei Hauptschuldige, so Duggan: den wahren Mörder von María Marta und Staatsanwalt Diego Molina Pico. Letzterer habe nicht entschlossen genug gehandelt, habe keine Autopsie angeordnet und Carlos Carrascosa aus politischen Gründen ans Messer geliefert. Im Hintergrund habe Eduardo de la Cruz in Wirklichkeit die Fäden gezogen. Der Generalstaatsanwalt wollte laut Duggan zum Gouverneur des Bundesstaates Buenos Aires aufsteigen. Doch das Verhalten seines Staatsanwaltes habe seine politische Macht bedroht, weil er rechtlich gesehen die Verantwortung dafür getragen habe, so Duggan.
Also setzte Eduardo de la Cruz alle Hebel in Bewegung, um die potenzielle Vertuschung durch die Familie zu beweisen – so jedenfalls die Behauptung von Duggan.
Letztlich wurde bis heute niemand endgültig für den Mord an María Marta García Belsunce verurteilt. Die True-Crime-Doku „Carmel: Wer hat María Marta umgebracht?“ versucht sich jetzt an einer umfassenden Darstellung der Fakten dieses kuriosen Falls, der ein bisschen an Brettspielklassiker wie Cluedo erinnert.
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