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Pain Hustlers: Die wahre Geschichte hinter dem Netflix-Film
Mit „Pain Hustlers” macht sich Netflix auf die Spuren eines Skandals (Start: 27. Oktober 2023): Das Crime-Drama von Regisseur David Yates thematisiert die US-Opioid-Krise der letzten Jahre. Wie viel wahre Geschichte tatsächlich in Pain Hustlers steckt, liest Du im Folgenden.
In den letzten Jahren war David Yates eher im fantastischen Bereich unterwegs: Mit Filmen wie „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes” machte er sich einen Namen als Regisseur großartiger Blockbuster. Mit Pain Hustlers kommt nun ein ganz anderes Stück des Filmemachers zu Netflix.
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Das Crime-Drama widmet sich einem aufsehenerregenden – und folgenschweren – Pharmaskandal. Und: Pain Hustlers beruht auf einer wahren Geschichte. Die Hintergründe des Films haben wir hier für Dich durchleuchtet.
Pain Hustlers: Darum geht’s im Film
Für Liza Drake (Emily Blunt, „Oppenheimer”) läuft es alles andere als rund. Die Highschool-Abbrecherin ist chronisch knapp bei Kasse und zieht von einem Job zum nächsten. Dabei versucht die alleinerziehende Mutter, sich und ihre Tochter irgendwie über Wasser zu halten.
Dann verliert Liza einmal wieder ihren Job. Aus Geldnot heuert sie in einem Nachtclub an – wo sie während ihrer Schicht den Pharmareferenten Pete Brenner (Marvel-Star Chris Evans) kennenlernt. Brenner schlägt Liza vor, sich bei dem kleinen Pharma-Start-up Zanna zu bewerben, für das auch er selbst arbeitet.
Gesagt, getan: Schon kurz nach dem Treffen im Club steht Liza bei Zanna auf der Matte. Sie bekommt den Job und entpuppt sich als Naturtalent im Verkauf. Mit viel Charme und Überzeugungskraft schafft es Liza, die Absatzzahlen des angeschlagenen Start-ups durch die Decke schießen zu lassen.
Das einzige Produkt des Unternehmens von Firmenboss Jack Neel (Andy Garcia): ein Schmerzmittel für Krebspatient:innen mit höchst umstrittenen Inhaltsstoffen. Das Zanna großzügig auch an andere Patient:innen vermarktet.
Eine Weile lang genießt Liza den Erfolg und die finanziellen Vorteile, die ihre neue Karriere mit sich bringt. Doch dann meldet sich langsam ihr Gewissen …
Bei Risiken und Nebenwirkungen: So viel wahre Geschichte steckt in Pain Hustlers
Mit Pain Hustlers widmet sich Regisseur David Yates einem in den USA ebenso aktuellen wie brisanten Thema: der sogenannten Opioid-Epidemie, die die Vereinigten Staaten nun bereits seit den 1990er-Jahren in Atem hält. Das Drehbuch basiert auf dem Zeitungsartikel „The Pain Hustlers” von Evan Hughes, der Anfang Mai 2018 im New York Times Magazine erschien. Hughes arbeitete seinen Artikel später zu dem Roman „The Hard Sell: Crime and Punishment at an Opioid Startup” aus.
Obwohl wir es im Film mit fiktiven Figuren zu tun bekommen und die Handlung ein gutes Stück weit überzeichnet wurde, basiert Pain Hustlers im Kern also auf einer wahren Geschichte.
Das reale Pendant zum Start-up Zanna ist Insys Therapeutics. Gegründet wurde das US-Pharmaunternehmen 1990 von John Kapoor. In Pain Hustlers findet der sein filmisches Gegenstück in Andy Garcias Jack Neel. Die Firma vertreibt im Grunde nur ein einziges Produkt: Subsys, ein Schmerzmittel, das als Spray verabreicht wird und hohe Dosen Fentanyl enthält. Im Film heißt es Lonafen.
Das Opiumderivat wirkt 50- bis 100-mal stärker als Morphin und ist hochgradig süchtig machend. Aus diesem Grund ist Subsys verschreibungspflichtig – und offiziell nur für Krebspatient:innen im Endstadium vorgesehen.
Mit Bestechung zum Marktführer
Wie für Zanna in Pain Hustlers läuft das Geschäft mit Subsys für Insys Therapeutics anfangs schleppend. Bis Verkaufsmanager Alec Burlakoff sich mit dem Arzt Steven Chun zusammentut. Der Deal: Chun verschreibt so vielen Patient:innen wie möglich Subsys, dafür zahlt Insys ihm stolze Summen.
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Offiziell werden die Zahlungen als Provisionen für Vorträge bei Ausbildungsseminaren deklariert. Doch bei den alibihalber abgehaltenen Treffen handelte es sich keineswegs um Seminare, sondern vielmehr um gemeinsame Besuche in Restaurants, Bars oder auch Stripclubs.
Das Bestechungssystem entpuppt sich für beide Seiten als überaus vorteilhaft. Sowohl Chun als auch Insys Therapeutics verdienen sich von nun an eine goldene Nase an dem verschreibungspflichtigen Schmerzmittel. Und immer mehr Mediziner:innen steigen mit ein. Bis 2013 wird Subsys so zum meistverschriebenen Medikament seiner Art auf dem US-Markt.
Das Ende der Geschichte: Der Absturz der wahren Pain Hustlers
Für einige Zeit läuft das „Geschäftsmodell” von Insys mehr als reibungslos. Doch 2015 kommt der große Absturz: Das FBI führt mehrere Razzien in Kliniken durch, die wegen einer übermäßigen Verschreibung von Subsys in den Fokus der Ermittlungsbehörde geraten sind. Das Mittel ist inzwischen wegen seiner süchtig machenden Eigenschaften in Verruf geraten, mehrere Patient:innen sind infolge der Einnahme gestorben.
Schließlich nehmen Bundesbeamte Insys-Gründer John Kapoor in Gewahrsam. Zusammen mit sieben ehemaligen Führungskräften des Unternehmens (darunter Burlakoff) wird Kapoor wegen organisierter Kriminalität angeklagt. Auch Dutzende Ärzt:innen müssen sich unter anderem wegen der illegalen Verschreibung von Opioiden und Versicherungsbetrugs verantworten. 2019 werden Kapoor und vier weitere Insys-Mitarbeitende vom Gericht für schuldig befunden.
John Kapoor wird 2020 zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Zusätzlich muss Insys Therapeutics 225 Millionen US-Dollar Strafe zahlen. Kurz danach meldete das Unternehmen Konkurs an.
In Netflix’ Pain Hustlers wird die wahre Geschichte des Schmiergeld- und Gesundheitsskandals nun in fiktionalisierter Form aufgearbeitet. Mehrere Filme, Dokus und Serien haben sich der Opioid-Epidemie in den letzten Jahren bereits gewidmet. Unter anderem nahm sich HBO des Themas 2021 in einer zweiteiligen Doku an. Während sich Teil 1 von „The Crime of the Century” mit Purdue Pharma und dem Medikament OxyContin beschäftigt, dreht sich Teil 2 um Insys Therapeutics und Fentanyl.
Wie real ist die Figur der Liza Drake?
Wie auch einige andere Rollen in Pain Hustlers ist die Figur der Liza Drake fiktiv. Sie hat kein reales Vorbild bei Insys Therapeutics. Emily Blunts Liza Drake ist gewissermaßen der emotionale rote Faden in der Geschichte; der menschliche Faktor, der uns in die Ereignisse hineinzieht.
So erläutert es auch Regisseur Yates in einem Interview mit Netflix: „Emily und ich fühlten uns beide zu einer Person hingezogen, die unterbewertet und unterschätzt wurde. (…) Sie war in der Schule nicht besonders gut, dennoch unglaublich kompetent. Sie war einfühlsam und sehr gut auf andere Menschen eingestellt.”
Lizas Werdegang in Pain Hustlers ist im Grunde der klassische Weg vom Tellerwäscher zum Millionär. Dabei verstrickt sie sich allerdings in kriminelle Machenschaften und muss sich moralischen Fragen stellen. Ihr kometenhafter Aufstieg ist vordergründig ein glänzender Erfolg, aber der Preis des Erfolgs ist am Ende sehr hoch. Liza Blake ist die gebrochene Heldin, mit der sich Zuschauer:innen identifizieren können. Denn sie wirft die Frage auf: Wie weit wäre ich an ihrer Stelle gegangen?
Wann kann ich Pain Hustlers streamen?
Pain Hustlers feierte am 11. September 2023 auf dem Toronto International Film Festival in Kanada seine Weltpremiere. In den USA lief der Film ab dem 20. Oktober 2023 in ausgewählten Kinos. Hierzulande kannst Du Pain Hustlers seit dem 27. Oktober 2023 bei Netflix streamen.