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The Forever Purge in der featured-Filmkritik: Die endlose Exploitation-Einfallslosigkeit
Brachte uns der Vorgänger „The First Purge“ zurück zu den Wurzeln, zeigt uns der nunmehr fünfte Kinofilm die Konsequenzen des jährlichen Rituals. Nett gedacht, plump umgesetzt. Wieso? Das erfährst Du in der featured-Filmkritik zu „The Forever Purge“.
Ein kurzer Rückblick zur Fiktion der Filmreihe: 2014 wird die Partei der Neuen Gründerväter von Amerika (NFFA) zur stärksten politischen Kraft der USA. Ab 2017 findet jährlich die sogenannte Purge in der Nacht vom 21. zum 22. März statt. Für zwölf Stunden ist alles erlaubt, inklusive Mord an auserwählten Opfern. Bei der Purge im Jahr 2022 überleben unter anderem das Mädchen Charlie Roan und ein Obdachloser namens Bishop. Im Jahr 2040 ist Bishop Teil des Purge-Widerstands; Charlie Roan ist Präsidentin der USA und schafft die Purge ab. Vorerst.
Hier siehst Du vorab den Trailer zum Sequel The Forever Purge, das seit dem 12. August im Kino zu sehen ist:
The Forever Purge: Es war einmal in Mexiko
2049: Seit einem Jahr sitzt die NFFA wieder im Amt. Nach acht Jahren ohne das brutale Ritual wird es im neuen Purge-Film erneut ausgerufen.
Das Pärchen Adela (Ana de la Reguera) und Juan (Tenoch Huerta) floh vor einem Jahr aus Mexiko nach Texas. Adela arbeitet in einem Fleischbetrieb, lernt fleißig Englisch und nimmt die Staaten als neue Heimat an. Juan arbeitet auf der Farm der Familie Tucker, trauert Mexiko nach und kommt mit der Sprache nicht so recht hinterher. Für beide wird es die erste Purge. Sie schließen sich anderen Migrant:innen an, die sich mit privatem Sicherheitsservice in einem Bunker verschanzt haben. Und so vergeht die Purge-Nacht. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Denn die landesweite Bewegung Ever After Purge wollen das Ritual das ganze Jahr über zelebrieren und nehmen vor allem Minderheiten und alles aus ihrer Sicht ‚unamerikanische‘ ins Visier – auch Familie Tucker, Adela und Juan.
Gesellschaftsdystopie als Verkaufsargument
Die Filme und die Serie im Purge-Kosmos waren nie sonderlich clever oder originell im eigentlichen Sinne. Das ist auch nicht schlimm. Der erste Film, „Purge – Die Säuberung“, wollte das Rad schließlich nicht neu erfinden. Es war ein Thriller mit netter Prämisse: Einmal im Jahr ist Mord legal für zwölf Stunden. Das machte aus einem einfachen Home-Invasion-Film eine kleine, aber feine Gesellschaftsdystopie. The Purge war minimalistisch, klaustrophobisch und spannend. Ab dem zweiten Film wandelte sich die Reihe zu einer reinen Action-Reihe. Produktionsfirma Blumhouse stockte jeweils das Budget auf und neben reichlich Kunstblut gab es die ein oder andere Explosion mehr. Das war berechenbar, absurd, überdreht, aber für Genre-Fans vielleicht auch unterhaltsam.
Wir möchten glauben, dass Schöpfer und Autor der Purge-Filme, James DeMonaco, eine ausgefuchste große Geschichte im Kopf hatte. Wir möchten auch glauben, dass er plausible Charaktere erzählen wollte, um damit einen satirischen, starken Kommentar zur amerikanischen Gesellschaft zu schaffen. Wir sehen aber, dass letztendlich in jedem Purge-Film doch nur eine Handvoll Maskierter wild wird. Mit „Purge: Election Year“ (2016) war die Story auserzählt, die Purge wurde abgeschafft; das Film-Amerika kam zur Besinnung.
Sattelfest im Action-Metier
Tote Pferde werden so lange geritten, wie sich jemand in den Sattel setzt und grinsend „Hüja“ brüllt. Exakt so wirkt The Forever Purge im Kontext der Reihe. James DeMonaco streicht den Zwölf-Stunden-Countdown, das einzige Alleinstellungsmerkmal der Reihe, und verwandelt die USA in einen sozialen Brennpunkt. Was bleibt dann noch? Genau, seltsame Wild-West-Ästhetik in der ersten Hälfte des Films, ein vorhersehbares Ende und dazwischen halbgares Politik-Geplänkel.
Nun ist der Film, trotz aller Kritik an der unnötig platten Story, kein kompletter Reinfall. Wer auf großkalibrige Action steht, kommt bei The Forever Purge stellenweise auf seine Kosten. Vom Messerkampf über Schrot(t)ladungen bis hin zum Flitzebogen darf sich der geneigte Actionfan die Hände reiben. Opfer gibt es natürlich reichlich zu beklagen. Dass das bei den meisten relativ wenig ans Herz geht, liegt daran, dass man nur schwer mit den Charakteren warm wird. Wie auch? Die meisten dienen lediglich dazu, in Gefahr zu geraten, um befreit zu werden. Persönlichkeit, die über Fiesling, Dummkopf, Unsympath oder Schwangere hinaus geht, gibt es nicht.
The Forever Purge: Die unendliche Geschichte
The Forever Purge stellt seine Welt auf den Kopf, ist aber so leer, dass nichts herunterfallen kann: Vorurteile existieren und können in Gewalt münden. Da ist die Realität dem Film (leider) ein Stück voraus. Diese Idee ersetzt auch leider nicht die Arbeit, eine originelle Filmwelt zu schaffen. So hangelt sich der Film von bedeutungsloser Actionsequenz zu politischer Phrasendrescherei und zurück.
In diesem Kontext wirken die Parallelen zur realen Situation an der mexikanischen Grenze unpassend und unnötig billig. James DeMonacho hat gegenüber dem Magazin Collider Interesse bekundet, die Reihe weiter am Leben zu halten.
Kein featured-Filmtipp, doch womöglich geeignet für Fans der Purge-Film- und Serienreihe und Popcorn-Dystopien à la „Death Race“ oder dem wesentlich besseren „Battle Royale“.
The Forever Purge | |
Originaltitel: | The Forever Purge |
Genre: | Action / Dystopie |
Bundesstart: | 12.08.2021 (Kino) |
Laufzeit: | 103 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Regie: | Everardo Gout |
Drehbuch: | James DeMonaco |
Vorlage: | Original-Drehbuch |
Bist Du Fan der Purge-Filme? Welche Dystopie packst Du gerne in den Player? Wir freuen uns auf Deinen Filmtipp in den Kommentaren