Polizei auf der Reeperbahn
© picture-alliance / dpa/dpaweb | Carsten Rehder
Paul Mescal in einer Szene von "Gladiator II"
Das Bild im Artikel zum Squid Game US-Remake zeigt eine Szene aus der zweiten Staffel der Originalserie, in der der Frontman, eine mysteriöse Figur in einem kantigen, schwarzen, geometrischen Maske und einem grauen Kapuzenmantel, hinter einem Pult steht, umgeben von einer düsteren, blau beleuchteten Umgebung.

Reeperbahn Spezialeinheit FD65 - die wahre Geschichte der geheimen Polizeitruppe

Rotlicht­m­i­lieu, Zuhäl­ter und Pros­ti­tu­ierte ste­hen im Zen­trum ein­er Doku-Serie über die Ham­burg­er Polizei. „Reeper­bahn Spezialein­heit FD65” – die wahre Geschichte des ersten deutschen Polizeit­eams, das sich in den 80er-Jahren der Bekämp­fung des organ­isierten Ver­brechens widmete.

Worum geht es in der Serie Reeperbahn Spezialeinheit FD65?

Die Serie Reeper­bahn Spezialein­heit FD65 beruht auf wahren Geschicht­en. Sie erzählt vom Kampf der Fachdi­rek­tion (FD) 65 bei der Ham­burg­er Polizei gegen das organ­isierte Ver­brechen und Kiez-Größen. Zu Wort kom­men ehe­ma­lige Ermittler:innen genau­so wie Zeug:innen und Men­schen, die damals involviert waren. Die span­nende Mis­chung aus Kri­mi und his­torisch­er Doku­men­ta­tion ist einge­bet­tet in die Zeit­geschichte der 1980er-Jahre.

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Die fünf Episo­den liefen 2022 zunächst im Ersten. Später war die Serie in der ARD Mediathek zu sehen. Seit 1. Novem­ber 2024 kannst du die Serie zur Reeper­bahn Spezialein­heit FD65 bei Net­flix streamen.

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Die wahre Geschichte hinter der Gründung der Reeperbahn Spezialeinheit FD65 

In den 1980er Jahren hat­te das organ­isierte Ver­brechen die Ham­burg­er Reeper­bahn fest im Griff. Auf dem Kiez herrscht­en mafiöse Struk­turen und bru­tale Kämpfe um Macht und Geld zwis­chen rival­isieren­den Ban­den. Gangs wie „GMBH”, die „Nutel­las”, die „Chik­a­go-Bande” und die „Hells Angels” konkur­ri­eren im Geschäft um Dro­gen, Glücksspiel und Prostitution.

Noch in den 1970er-Jahren hat­te ein Ehrenkodex den Ein­satz von Waf­fen auf dem Kiez ver­hin­dert. Das änderte sich wenige Jahre später. Das erste Todes­opfer der Revierkämpfe war der Zuhäl­ter Fritz Schroer, genan­nt „Chi­ne­sen-Fritz”. Ein Unbekan­nter hat­te ihn mit drei Schüssen in der Bar „Ritze” erschossen. Danach eskalierte die Gewalt; sog­ar ein Auf­tragskiller war unterwegs.

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Die Behör­den fürchteten um die innere Sicher­heit der Hans­es­tadt. Im Mai 1982 ent­stand darum die streng geheime Fachdi­rek­tion FD65. Die Spezialein­heit arbeit­ete im Auf­trag der Staat­san­waltschaft und bestand aus 40 Ermittler:innen. Sie waren vorher in den Bere­ichen Sitte, Rauschgift, Men­schen­han­del und Hehlerei tätig gewesen.

Geleit­et wurde die FD65 von Wolf­gang Sielaff, dem vorheri­gen Leit­er des Rauschgift­dez­er­nats. Er hat­te 1980 und 1981 bere­its an der Spitze ein­er Son­derkom­mis­sion ges­tanden, die her­aus­find­en sollte, ob es in Ham­burg organ­isierte Krim­i­nal­ität gab.

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Wie arbeitete die Spezialeinheit FD65? 

Die FD65 war die erste Spezialein­heit in Deutsch­land, die sich der Bekämp­fung des organ­isierten Ver­brechens wid­mete. Das Vor­bild für das Team war das FBI in den USA. Es kamen neue Meth­o­d­en und Mit­tel zum Ein­satz, zum Beispiel mod­erne Abhörtech­niken sowie eine ver­schlüs­selte Kom­mu­nika­tion. Die Beamt:innen schleusten V-Leute in die Szene ein und ermit­tel­ten erst­mals personenbezogen.

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Vorher hat­te die Polizei nur reagiert, wenn es Anzeigen von Straftat­en gegeben hat­te. Nun ver­sucht­en die Beamt:innen, auch bei einem Ver­dacht auf Ver­brechen Infor­ma­tio­nen zu beschaf­fen. Sie sam­melten beispiel­sweise Infor­ma­tio­nen zu Kiez-Größen, um ihnen Delik­te nachzuweisen. Später legte die FD65 auch das erste Zeu­gen­schutzpro­gramm in Deutsch­land auf.

Die Reeper­bahn Spezialein­heit FD65 arbeit­ete unab­hängig von der übri­gen Polizei und unter absoluter Geheimhal­tung. Sie bezog ein abgeschot­tetes Stock­w­erk im Polizeiprä­sid­i­um und besaß eigene Tech­nik und Fahrzeug. Die Ermittler:innen soll­ten ein­er­seits die Ban­den­struk­turen im Rotlicht­m­i­lieu zer­schla­gen und ander­er­seits kor­rupte Polizist:innen ent­tar­nen. Min­destens 17 Beamt:innen von der Polizei­wache an der Reeper­bahn sollen von Gang­stern geschmiert wor­den sein.

Der Pate von St. Pauli und Werner Pinzner: Wer waren die Gangster auf der Reeperbahn?

Der eine war 20 Jahre lang der unange­focht­ene Boss auf dem Kiez, der andere ein gefürchteter Auf­tragskiller. Die Reeper­bahn Spezialein­heit FD65 ermit­telte unter anderem gegen diese bei­den zen­tralen Fig­uren auf dem Kiez:

Wilfrid „Frida” Schulz alias Der Pate von St. Pauli

Seit Ende der 60er-Jahre galt Schulz als mächtig­ster Mann auf der Reeper­bahn. Als Zuhäl­ter ver­di­ent er viel Geld mit Stun­den­ho­tels und Nacht­clubs wie dem „King George”. Zudem bere­icherte er sich als Casi­no-Betreiber an Glücksspiel. Der eitle Schulz trug stets feine Nadel­streife­nanzüge und Schuhe aus Krokodilled­er. So erhielt er den Spitz­na­men „Fri­da”, den er hasste.

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Der Pate galt als bru­tal: Fein­den ver­passte er schon mal einen Messer­stich in den Po – das lief unter dem Begriff „antöten”. Ihm zur Seite standen sein Geldein­treiber Dako­ta-Uwe sowie die „Schwarze Gang” um den ehe­ma­li­gen Box­er Horst Fasch­er. Schulz hat­te Kon­tak­te zur US-Mafia und trat auch als Box-Pro­mot­er in Erscheinung.

Werner Pinzner

Der Auf­tragskiller war für seine Skru­pel­losigkeit bekan­nt. Nach ein­er lan­gen Gefäng­nis­strafe wegen eines Raub­mords war er in den 1980er-Jahren auf den Kiez zurück­gekehrt. Im Auf­trag des „Chikago”-Bandenmitglieds Josef Peter Nuss­er alias „Wiener Peter” erschoss er fünf andere Zuhälter.

Pinzn­er wurde im April 1986 ver­haftet, doch seine Anwältin schmuggelte eine Waffe ins Polizeiprä­sid­i­um. Bei ein­er Vernehmung am 29. Juli 1986 erschoss Pinzn­er zuerst seine Frau Jut­ta und dann sich selbst.

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GMBH-, die Chikago- und die Nutella-Bande: Kampf um die Macht auf St. Pauli

Die Reeper­bahn Spezialein­heit FD65 musste sich mit ver­schiede­nen Ban­den befassen, die alle um die Macht auf dem Kiez konkurrierten:

  • GMBH-Bande: Die gut organ­isierte Truppe kon­trol­lierte in den 1980er-Jahren einen Großteil der Pros­ti­tu­tion in Ham­burg. Sie war nach den Vor­na­men ihrer Mit­glieder bekan­nt – Gerd Gliss­mann, Michael Lucht­ing alias „Der schöne Mis­cha”, Boss Wal­ter „Bea­t­le” Vogel­er und Har­ry Voerth­mann. Sie ließen ihre Pros­ti­tu­ierten unter anderem im Eros-Cen­ter arbeit­en, dem damals größten Bor­dell Europas. Die GMBH-Bande war für ihre Bru­tal­ität bekan­nt und zwang viele Frauen zur Prostitution.
  • Nutel­la-Bande: Diese Gruppe machte der GMBH-Bande Konkur­renz – und nan­nte diese „Opas”. Sie bestand Mitte der 1980er-Jahre aus 80 jün­geren Zuhäl­tern im Alter meist zwis­chen 18 und 21 Jahren, die als weniger gewalt­tätig gal­ten. Der Kopf dieser Truppe war Klaus Barkowsky, auch der „Schöne Klaus” genan­nt. Thomas Born alias „Karate-Tom­my” war für das Ein­treiben von Schutzgeld und die Sicherung des Reviers zuständig. Er war Vize-Europameis­ter im Kick­box­en und Inhab­er ein­er Kampfsportschule.
  • Chik­a­go-Bande: Die Zuhäl­ter-Truppe rund um Rein­hard „Ringo” Klemm war klein­er als GMBH- und Nutel­la-Bande – und schon seit den 1970er-Jahren aktiv. Sie betrieb ein Bor­dell, organ­isierte Glücksspiele und stieg in den Kokain-Han­del ein.
  • Hells Angels: Die Rock­er trieben Schutzgeld ein und waren eben­falls in Geschäfte um Men­schen­han­del, Dro­gen und Rauschgift verwickelt.

Was war der erste Erfolg der Reeperbahn Spezialeinheit FD65 - die wahre Geschichte

Am 4. Novem­ber 1982 ver­haftete die FD65 den Pat­en Wil­frid „Fri­da” Schulz und seinen Geldein­treiber Dako­ta-Uwe. An dem Coup waren 800 Beamt:innen beteiligt, 19 Verdächtige wur­den festgenommen.

Die Ermittler:innen beschlagnahmten so viele Akten, Waf­fen und Uten­silien zum Glücksspiel, dass mehrere Last­wa­gen gefüllt waren. Doch bei der Durch­suchung von Schulz’ Haus fehlten wichtige Beweis­mit­tel. Der Pate wurde darum nicht wegen Grün­dung ein­er krim­inellen Vere­ini­gung und Glücksspiels angeklagt, son­dern „nur” wegen Bestechung, Steuer­hin­terziehung, Urkun­den­fälschung, Ans­tiftung zum Mord und Förderung von Prostitution.

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Schon vorher war Schulz ver­haftet wor­den – mehr als 50-mal. Aber verurteilt wer­den kon­nte er damals nur ein­mal, wegen Steuer­hin­terziehung. In Polizeikreisen war er darum als „Teflon-Wil­frid” bekan­nt, weil ihm nichts anhaften kon­nte. Doch nach dem Ein­satz der FD65 saß „Fri­da” drei Jahre und sechs Monate in Haft. Nach Ende der Haft­strafe zog er sich vom Kiez zurück und starb 1992 an Krebs.

Was macht die Spezialeinheit FD65 heute? 

Die Reeper­bahn Spezialein­heit FD65 gibt es in sein­er dama­li­gen Form heute nicht mehr. 1989 wurde die Spezialein­heit als Abteilung „Organ­isierte Krim­i­nal­ität” in das neu gegrün­dete Lan­deskrim­i­nalamt (LKA) Ham­burg eingegliedert.

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