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Oskars Kleid | Kritik: Ein Griff in die Klischee-Schublade
Oskar möchte lieber Lilli sein. Eigentlich kein Problem – aber gerade Lillis eigener Vater Ben, gespielt von Florian David Fitz, kommt damit nur schwer zurecht. Ob wir mit der Drama-Komödie leicht zurechtkamen, verraten wir Dir in unserer Kritik zu „Oskars Kleid“.
Ben (Florian David Fitz) ist Polizeibeamter, von seiner Frau Mira (Marie Burchard) geschieden und hat zwei Kinder, Oskar (Laurì) und Erna (Ava Petsch). Wenn Ben nicht gerade mit seinem Kollegen Seyit (Kida Khodr Ramadan) auf Streife ist, sitzt er allein in seinem leeren Haus und versinkt im Selbstmitleid und Alkohol. Als Mira, die von ihrem neuen Partner Diego (Juan Carlos Lo Sasso) schwanger ist, im Krankenhaus liegt, muss Ben sich wieder mehr um die Kinder kümmern. Dabei fällt ihm auf, dass sich Oskar verändert hat. Denn er möchte nicht mehr Oskar, sondern Lilli sein. Genervt von dem ganzen „Genderirrsinn“, wie Ben es nennt, versucht er den Alltag mit seinen Kindern zu managen und gerät dabei an seine Grenzen.
Oskars Kleid: Endlich mal ein wichtiges Thema im deutschen Film
Florian David Fitz spielt in Oskars Kleid nicht nur die Hauptrolle, sondern steckt auch hinter dem Drehbuch der Dramedy. Es wurde zwar endlich Zeit, das Thema Transgender auch im deutschen Kino stärker hervorzuheben, wir hätten uns aber deutlich weniger Holzhammer und mehr Feingefühl gewünscht. Das erste Drittel des Films machte uns Hoffnung, denn hier hatte Oskars Kleid durchaus noch das Potenzial, als gutes Beispiel vorwegzugehen. Die Charaktere, gerade die beiden Kinder, machten Mut und auch Florian David Fitz’ Rolle als trinkender Polizeibeamter – deren Vorlage er irgendwo ganz tief in einer Klischeekiste gefunden haben muss – war ertragbar. Auch die Story versprach eine interessante Entwicklung. Leider nur bis zu dem Punkt, an dem Fitz und Regisseur Hüseyin Tabak in die Klischeekiste gestürzt sein müssen.
Toxische Männlichkeit und Mobbing
Ben akzeptiert zu Beginn des Films nicht, dass sein Sohn kein Junge mehr sein möchte. Während Mira und ihr neuer Lebenspartner das bereits schnell begrüßt haben, tut sich Ben lange damit schwer. Sehr lange. Er informiert sich über das Internet und versucht seinem Kind beizubringen, wie man sich gegen andere zu wehren hat. Ben ist nämlich schuld daran, dass Lilli in der Schule verprügelt wird. Denn dort wusste bis dato niemand, dass Lilli eigentlich Oskar heißt. Hinzu kommt noch Bens Frust darüber, dass seine Kinder mehr Zeit mit Diego verbringen und ihn seine Arbeit als Polizist auslaugt. Um dem Ganzen noch eines draufzusetzen, machen ihm zusätzlich seine Eltern (Senta Berger und Burghart Klaußner) das Leben schwer.
Das schwarze Schaf der Familie
Bens Eltern nehmen es ihrem Sohn immer noch übel, dass er als Jude trotzdem eine deutsche Uniform trägt. Wie bereits erwähnt, die Klischeekiste ist wirklich sehr weit offen und tief. Die Probleme in Bens Leben häufen sich und es ärgert uns, dass die eigentliche Thematik, nämlich Lillis Weg in den Hintergrund rutscht. Wir hätten uns gewünscht, dass Oskars Kleid deutlich mehr aus Lillis und weniger aus Bens Sicht erzählt worden wäre. Oder dass der Streifen sich stärker auf die eigentliche Geschichte konzentriert hätte. Bens Probleme mit seinen Eltern, seiner Arbeit, Miras neuem Partner und der Identität seines Kindes überlagern sich und werden so alle irgendwann abgedroschen.
Großartig besetzte Nebenrollen
Eine Sache hat uns in Oskars Kleid dann aber doch überzeugt: Die Nebenrollen. Während Laurì einen soliden Job macht, hat uns vor allem Ava Petsch als Lillis fröhlich-aufgedrehte und smarte Schwester beeindruckt. In allen Szenen, in denen sie vorkommt, stiehlt sie dem Rest durch pointierten Witz und gelungene Mimik die Show.
Großartig sind außerdem Senta Berger und Burghart Klaußner als wohlhabende, etwas versnobte und dennoch liebenswürdige Eltern von Ben. Sie transportieren die Wandlung von den Unwissenden hin zu den Akzeptierenden glaubhaft innerhalb von Minuten, für die Ben fast eineinhalb Stunden braucht und bieten dabei mehr Tiefe und weniger Klischees.
Oskars Kleid | Kritik: Unser Fazit
Oskars Kleid hatte die Chance, mit der Thematik und Besetzung ein richtig guter und wichtiger Film zu werden. Leider ist es Florian David Fitz weder als Drehbuchautor noch als Hauptdarsteller gelungen, den richtigen Ton zu treffen. Stattdessen bedient sich der Streifen nach dem ersten Drittel zu viel an der Klischeekiste und konzentriert sich zu wenig auf die eigentliche Protagonistin. Chance leider vertan.
Oskars Kleid
Genre: | Drama, Komödie |
Bundesstart: | 22. Dezember 2022 |
Laufzeit: | 102 Minuten |
FSK: | ab 6 Jahren freigegeben |
Regie: | Hüseyin Tabak |
Drehbuch: | Florian David Fitz |
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