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Netflix’ Sandman: Serie vs. Comic – die größten Unterschiede und mehr zur Vorlage
Mit „Sandman“ hält sich aktuell eine Comic-Adaption weit oben in der Topliste der deutschen Netflix-Charts. Darin siehst Du eine faszinierende und düstere Geschichte um den Traumkönig Morpheus und seine „ewigen” Geschwister Death, Despair und Desire. Die Serie basiert auf dem gleichnamigen Comic von Neil Gaiman, der in den 1990er-Jahren ein Meilenstein des Fantasy-Genres war. Welche Unterschiede es zwischen der Sandman-Serie und den Comics gibt, warum der Stoff lange als unverfilmbar galt und warum Du nach dem Bingen der ersten zehn Folgen gleich die Comicbände verschlingen solltest, erfährst Du hier.
Es ist schon ungewöhnlich, dass eine Superhelden-Story damit anfängt, dass der Held gefangen genommen, all seiner Kräfte beraubt wird und hundert Jahre lang schweigt. Aber Morpheus, der auch Dream genannt wird, ist kein klassischer Superhero wie Batman und Superman – obwohl er im selben DC-Universum existiert. Bei den Sandman-Geschichten stehen die Menschen im Mittelpunkt, die seinen Weg kreuzen, und die Träume, die sie haben.
33 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Sandman-Comics gibt es nun endlich eine Adaption. Die Netflix-Serie kommt nicht nur visuell an die Kunstfertigkeit der Vorlage heran, sondern weiß auch die komplexen Geschichten unterhaltsam für das Heimkino zu erzählen. Dabei war es jahrzehntelang ungewiss, ob der Traum-Stoff überhaupt als Film oder Serie umsetzbar ist.
Worum geht es im Sandman-Comic?
Der Sandman-Comic ist zwischen 1989 und 1996 in 75 Heften (beziehungsweise zehn Sammelbänden) und einer Reihe von Sonderausgaben bei Vertigo erschienen. Einem Unterverlag von DC Comics, der sich auf „reifere” Erzählungen für Erwachsene fokussiert. In den ersten Ausgaben geht es um Morpheus, dessen Aufgabe es ist, den Menschen Träume und Alpträume zu bescheren. Als er eines Tages durch einen Zauber eingefangen wird, schwindet auch sein Einfluss. Sein Herrschaftsgebiet, das Traumreich, wo alle Menschen sich befinden, wenn sie Träumen, beginnt zu zerfallen. Einige der Träume entkommen in die wache Welt, und Millionen Menschen leiden an einer mysteriösen Schlafkrankheit. Alles nur, weil Dream sich nicht um sein reich kümmern kann.
Im Verlauf der Erzählungen lernst Du die Geschwister von Dream (Traum) kennen: Death (Tod), Desire (Verlangen), Despair (Verzweiflung), Destruction (Zerstörung), Destiny (Schicksal) und Delirium. Sie sind die Ewigen, die die Menschen schon immer begleitet haben. Die Geschichten spielen in verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Orten. Es treten Gottheiten, Märchenfiguren und Sagengestalten, Menschen jeden Alters und jeder Kultur und schreckliche Monstrositäten auf.
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Netflix-Serie vs. Sandman-Comic: Das sind die größten Unterschiede (Spoilerwarnung)
Größtenteils hält sich die Adaption eng an die Comicvorlage. Die ersten paar Folgen setzen jeweils eine Heftausgabe um. Von den zehn Bänden der Hauptreihe deckt die gerade veröffentlichte Staffel Sandman die zwei ersten Comics ab: „Präludien und Notturni” und „Das Puppenhaus”.
Der erste Teil behandelt Morpheus’ Suche nach seinen drei Kraftgegenständen. Das sind sein magischer Rubin, sein schützender Helm und der Sand, mit dem er Menschen zum Träumen bringt. Der zweite Teil handelt von der Geschichte von Rose Walker, die unfreiwillig zu einer Gefahr für das Traumreich wird. Ein paar Unterschiede gibt es aber doch. Hier sind einige der wichtigsten:
Die Burgess-Familie ist ausführlicher erzählt
Im Comic zaubert der Okkultist Roderick Burgess, auch genannt Magus, Morpheus herbei, nimmt ihn gefangen und beraubt ihn seiner Gegenstände. Dies geschieht auch in der Serie, allerdings wird hier ein anderes Motiv betont. Während Comic-Magus lediglich seine Zauberkräfte beweisen will, wünscht sich Serien-Magus (Charles Dance) nichts mehr, als seinen Erstgeborenen mit der Hilfe der Ewigen wiederzubeleben. Sein jüngerer Sohn, Alex (Laurie Kynaston), kommt in der Serie ebenfalls ausführlicher zum Zug. Im Comic ist er eher passiv, in der Verfilmung ist er ambivalenter und tötet sogar Morpheus’ Raben sowie seinen eigenen Vater.
Der Korinther wird gleich zu Anfang eingeführt
Der Korinther ist ein fleischgewordener Alptraum und mit seinen bezahnten Augen ein extrem gruseliger Gegner des Sandmans. Im Comic gab er sein Debüt erst in der Puppenhaus-Storyline. In der Serie wird er bereits in Folge eins als Serienkiller eingeführt, der um jeden Preis vermeiden will, dass Morpheus ihn ins Traumreich zurückbringt. Seine Rolle ist hier größer, seine psychopathischen Charakterzüge werden noch deutlicher.
Es kommen keine anderen DC-Held:innen vor
Sandman ist Teil des DC-Comic-Universums, aber davon merkt man in der Netflix-Serie kaum etwas. In den Sandman-Comics erhält er seinen Rubin mit Hilfe des Martian Manhunters, der zur Justice League gehört. Als er die Hölle betritt, führt ihn der Dämon Etrigan zu Luzifer. Der okkulte Detektiv John Constantine, der bereits in einer Verfilmung von Keanu Reeves und in einer Serie von Matt Ryan gespielt wurde, wird in der Serienadaption von einer neuen Figur verkörpert – Johanna Constantine (Jenna Coleman). Und John Dee (David Thewlis) ist im Comic nicht in irgendeiner x-beliebigen Psychiatrie, sondern im berüchtigten Arkham Asylum, wo zum Beispiel auch der Batman-Bösewicht Scarecrow einsitzt.
Luzifer tritt selbst zum Duell an
In der Hölle lässt sich Morpheus von Luzifer den Dämonen Choronzon bringen, in dessen Besitz sich der Helm des Traumkönigs befindet. Das folgende Duell wird im Comic von Choronzon persönlich ausgetragen. In der Serie lässt er allerdings Luzifer für sich antreten. Sicherlich wurde dies so arrangiert, um den Konflikt zwischen Luzifer und Morpheus in einer möglichen zweiten Staffel deutlicher zu machen. Dies bahnt sich schon am Ende der letzten Folge an, wo Luzifer sich mit dem Dämonen Azazel gegen Sandman verschwört. Der dritte Höllenfürst aus dem Comic, Beelzebub, wird in der Serie noch nicht erwähnt.
Sandman-Comics: Der Stoff, aus dem die Träume sind
Es gibt also vieles in den Sandman-Comics zu entdecken, was es nicht in die Netflix-Serie geschafft hat. Aber auch darüber hinaus sind die Comicbände, die von unterschiedlichen Künstler:innen illustriert wurden, echte Kunstwerke, die es wert sind, gelesen zu werden. Die zehn Bände der Hauptreihe sind auf Deutsch bei Panini in verschiedenen Editionen erhältlich. Dazu gibt es noch reihenweise Spin-off-Comics und Prequels zu Figuren wie Death, Luzifer und den anderen Ewigen.
Der Sandman-Comic erhielt dutzende Auszeichnungen, darunter die Hugo- und Eisner-Awards, und landete sogar auf der New York Times Bestseller-Liste. Viele dieser Preise waren bis dato nur „richtiger” Literatur vorbehalten. Zusammen mit Werken wie Alan Moores „Watchmen” und Frank Millers „The Dark Knight Returns” sorgte Neil Gaimans Sandman in den 90ern dafür, dass das Image von Comics sich wandelte und kunstvolle „Graphic Novels” erwachsene, anspruchsvollere Leser:innenschaften anzog. Denn bis dahin wurden sie oft als Schundliteratur für Kinder abgetan.
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The Sandman auf Netflix: Alle Infos zur Comicserie von Neil Gaiman
Warum galt Sandman als unverfilmbar?
Klar, dass sich durch den Erfolg des düsteren Goth-Comics eine Menge Filmschaffende die Finger danach leckten. Aber wie lassen sich 3.000 Seiten mit hunderten Charakteren, existenziellen Themen, Schauplätzen von Shakespear’schen Zauberwäldern bis zu den Ringen der Hölle, poetischen Dialogen und dazu noch blutigen Splatter-Szenen für ein Blockbuster-Kinopublikum verfilmen?
Gaimans Antwort darauf: „Am besten gar nicht.” Aus Angst, dass eine schlechte Verfilmung das Vermächtnis seines Comics zerstören könnte, wies der Fantasy-Autor mehrere Hollywood-Produzent:innen ab. Er wartete stattdessen auf Umsetzungen, die dem Original-Material würdig waren. Erste Drehbücher von Warner Bros. wurden abgelehnt, da die Verantwortlichen Sandman lieber als strumpfhosentragenden Actionhelden sehen wollten, als den grübelnden Antihelden aus den Comics. Mehrere Adaptionen wurden begonnen und abgebrochen: Sandman steckte jahrelang in der Development Hell. Einer der letzten unverwirklichten Versuche stammte von Joseph Gordon Levitt und wurde 2016 endgültig eingestampft.
Mit der neuen Netflix-Adaption ist nun eine Umsetzung gelungen, die selbst den skeptischen Gaiman, der hier ausführende Produzent ist, zufrieden stellt. Da es auf der Streaming-Plattform mehr Sendezeit gibt, steht genug Raum für die ausufernden Erzählstränge zur Verfügung. Und die Regisseure Allan Heinberg und David S. Goyer waren selber Fans der Comics und wollten unbedingt mit Gaiman zusammenarbeiten.
Sandman Staffel 2: So könnte es mit Morpheus bei Netflix weitergehen
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