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Ein amerikanischer Albtraum: Die schockierende wahre Geschichte hinter der Netflix-Doku
Bei Netflix erobert im Januar 2024 eine True-Crime-Doku die Top-10-Liste: „Ein amerikanischer Albtraum”. Die Dokuserie erzählt die unglaubliche Story von Denise Huskins und Aaron Quinn, die 2015 in eine grauenhafte Entführung verwickelt werden. Am Ende wird der Fall sogar mit dem Ben-Affleck-Film „Gone Girl” verglichen. Warum? Hier erfährst Du die wahre Geschichte von Ein amerikanischer Albtraum und was die Netflix-Doku über den Fall auslässt.
Die wahre Geschichte von Denise Huskins und Aaron Quinn liest sich nicht nur wie ein Albtraum: Am 23. März 2015 dringt ein Unbekannter gegen drei Uhr morgens ins Haus des Paares im kalifornischen Vallejo ein. Er nötigt Denise und Aaron, sich gegenseitig zu fesseln, verdeckt ihnen die Augen mit zuklebten Schwimmbrillen und setzt ihnen Kopfhörer auf.
Er verabreicht ihnen Drogen und entführt Denise im Kofferraum von Aarons Auto. Ihr Partner hingegen bleibt gefesselt zurück und kann sich erst am nächsten Tag befreien. Mit vorab aufgenommenen Nachrichten wird er angewiesen, per SMS und E-Mail auf Nachrichten des Entführers zu reagieren, der ein hohes Lösegeld für Denise verlangt. Er droht außerdem, sie zu töten, sollte Aaron die Polizei verständigen.
Ein amerikanischer Albtraum: Die wahre Geschichte
Als Aaron Quinn nicht mehr unter dem Einfluss der Drogen steht und sich von den Fesseln befreien kann, ruft er seinen Bruder an, einen FBI-Agenten. Auf dessen Drängen hin verständigt er doch die Polizei.
Nun allerdings nimmt die Geschichte hinter der Netflix-Doku wirklich albtraumhafte Züge an, denn wider Erwarten beginnt die Polizei von Vallejo nicht etwa mit den Ermittlungen. Stattdessen behandelt sie Aaron als Hauptverdächtigen, stellt seine Version der Ereignisse infrage und verhört ihn 18 Stunden lang. Unter anderem versuchen die Beamten massiv, ihn zu einem Geständnis zu bewegen.
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Detective Mathew Mustard nimmt an, Aaron habe seine Freundin umgebracht und ihre Leiche entsorgt. Die Entführung sei nur ausgedacht, um seine Täterschaft zu verschleiern.
Als Denise Huskins nach insgesamt 48 Stunden lebendig in Huntington Beach aufgefunden wird, dreht sich die Geschichte noch einmal. Wieso ist die Entführte plötzlich auf freiem Fuß, obwohl kein Lösegeld den oder die Besitzer:in gewechselt hat?
Warum glaubt die Polizei Denise nicht?
Denise Huskins’ Schilderungen der zwei Tage beim Entführer sind grauenhaft. Laut eigener Aussage wurde sie zweimal vor laufender Kamera missbraucht, dazu unter Drogen gesetzt. Nach zwei Tagen setzt er sie mit verbundenen Augen in einer Anfahrt in der Nähe ihres Elternhauses südlich von Los Angeles aus und fährt ohne ein Wort davon.
Dass sie ohne ein weiteres Zeichen des Täters plötzlich wieder auf freiem Fuß ist, irritiert die Polizei. Sie „verhalte sich nicht wie ein Entführungsopfer” (via Los Angeles Times), stattdessen geht die Polizei von einem Komplott des Paares aus.
Der Fall wird in den Medien auch als „Real-Life Gone Girl” bezeichnet, in Anlehnung an David Finchers Thriller mit Ben Affleck und Rosamund Pike, der nur ein Jahr früher erschienen war. Hier ist es Pikes Figur, die mittels einer gefakten Entführung ihren Mann als Täter darstellen will.
Entsprechend verkündet Vallejos Polizeichef Kenny Park laut San Francisco Chronicle am Tag von Hoskins’ Freilassung: „Aktuell haben wir keine Beweise, dass es sich um eine Entführung durch eine fremde Person oder überhaupt eine Entführung handelt. (…) Dieses Ereignis scheint abgesprochen zu sein und kein Kidnapping.”
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Ein amerikanischer Albtraum nimmt jedoch ein ganz anderes Ende, vorrangig dank der Polizistin Misty Carausu. Sie zieht Parallelen zu einem ganz ähnlichen Fall in Kalifornien und nimmt Matthew Muller ins Visier, einen Ex-Soldaten und Harvard-Absolventen.
Bei einer Hausdurchsuchung findet sie unter anderem Schwimmbrillen mit Klebeband und blonde Haare, die eine direkte Verbindung zu Denise herstellen. Muller wird verhaftet und es ist klar: Das Paar hat die Wahrheit gesagt.
Hat Matthew Muller wirklich allein gehandelt?
Was Ein amerikanischer Albtraum größtenteils auslässt, ist die Theorie mehrerer Täter. Wie Denise (via ABC News) zu Protokoll gegeben hat, habe sie zwei Paar Beine im Zimmer gesehen, als sie und Aaron überfallen wurden. In E-Mails an den San Francisco Chronicle behauptet Muller außerdem selbst, Teil einer Gruppe gewesen zu sein.
Laut Denise habe Muller ihr außerdem gesagt, er sei Teil einer kriminellen Organisation mit drei weiteren Mitgliedern. Alle seien für verschiedene Teile der Operation zuständig (via ABC News).
Dennoch wird nie eine andere Person verdächtigt, nur Muller wird angeklagt und verurteilt. Ob er tatsächlich alleine gehandelt hat, ist bis heute ungeklärt.
Ein amerikanischer Albtraum: War Denise wirklich die Zielperson?
Was erneut einen kompletten Twist in die wahre Geschichte von Ein amerikanischer Albtraum bringt, ist die Tatsache, dass Muller vielleicht gar nicht hinter Denise her war.
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So bestätigt Melanie Woodrow, eine investigative Journalistin, laut ABC News über die Entführungsnacht: „…An einem gewissen Punkt wird dem Eindringling klar, dass er die falsche Person hat. (…) Er sagt zu Aaron ‚Sehen sich Denise und Deine Ex-Verlobte ähnlich?’ ” Das bestätigt Aaron, denn beide haben lange, blonde Haare.
Was hat Andrea Roberts mit der Entführung zu tun?
An dieser Stelle wird die wahre Geschichte der Entführung von Denise Huskins sehr undurchsichtig. Denn Aaron hatte zuvor mit seiner Ex-Freundin Andrea Roberts in dem Haus gelebt, aus dem Denise entführt wird.
Andrea äußert sich selbst nicht in der Serie Ein amerikanischer Albtraum. Allerdings datete sie vor Aaron den FBI-Agenten David Sesma, der wiederum in Denise Huskins’ Entführung ermittelt.
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War in Wirklichkeit Andrea Matthew Mullers Zielperson? Und könnte David Sesma das Ganze geplant haben, um sich an seiner Ex wegen der Trennung zu rächen? Demnach hätte Muller tatsächlich die Wahrheit gesagt: Er selbst könnte angeheuert worden sein, um eine blonde Frau aus Aaron Quinns Haus zu entführen. Dass er am Ende die falsche Person erwischt, realisiert er jedoch zu spät.
Sesmas und Andrea Roberts’ gemeinsame Vergangenheit spielt in Ein amerikanischer Albtraum jedoch kaum eine Rolle; bis heute gibt es keine Beweise für Sesmas Beteiligung an der Tat.
Was machen Denise Huskins und Aaron Quinn heute?
2016 reichen Denise Huskins und Aaron Quinn Zivilklage gegen die Stadt Vallejo und ihre Polizeibehörde ein, berichtet unter anderem LA Times. Die Vorwürfe lauten unter anderem Verleumdung und seelisches Leid. Die Stadt stimmt 2018 schließlich einem Vergleich über 2,5 Millionen Dollar zu, umgerechnet rund 2,3 Millionen Euro.
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„Was uns passiert ist, sollte niemand anderem widerfahren müssen”, lautet ein Statement des Paares. „Opfer sollten geschützt werden und nicht in der Öffentlichkeit gedemütigt. Wir hoffen, dieser Vergleich bringt andere dazu, offen zu sprechen und weiter zu kämpfen.”
2018 heiraten Denise und Aaron, 2020 kommt ihre Tochter Olivia zur Welt und noch am Ende des gleichen Jahres Tochter Naomi. Das Paar verarbeitet seine Erfahrungen unter anderem in dem Buch „Victim F”, das ihre Odyssee nach der Entführung beschreibt.
Wo ist Matthew Muller heute?
Matthew Muller bekennt sich 2016 der Entführung von Denise Huskins schuldig. 2017 wird er zu 40 Jahren Haft verurteilt. Im Jahr 2022 muss er sich einem neuen Verfahren stellen und wird zu 31 Jahren verurteilt, nachdem er sich unter anderem zum Vorwurf der Vergewaltigung schuldig bekennt.
Er sitzt seine Strafe in der Bundeshaftanstalt in Tucson, Arizona ab. Mullers Freilassung ist für das Jahr 2049 geplant.