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Der Pfad | Kritik: Lohnt sich das deutsche Kino-Abenteuer?
Ab dem 17. Februar läuft die Romanverfilmung „Der Pfad” in den Kinos, die sich als Melange aus Abenteuerfilm, Coming-of-Age-Geschichte und Kriegsdrama präsentiert. Doch funktioniert dieser Genre-Mix überhaupt? Wir verraten es Dir in unserer Kritik.
Nur etwas weniger als fünf Jahre ist es her, dass Autor Rüdiger Bertram seinen Abenteuerroman „Der Pfad – Die Geschichte einer Flucht in die Freiheit” veröffentlichte. Regisseur Tobias Wiemann („Grossstadtklein”) hat sich nun der Vorlage angenommen und sie unter dem gekürzten Titel „Der Pfad” für die Kinoleinwand verfilmt.
Unterstützung holte er sich dafür von seiner Frau Jytte-Merle Böhrnsen („Bild von ihr”) sowie Rüdiger Bertram selbst, die beide das Drehbuch zu der in Deutschland und Spanien gedrehten Adaption verfassten.
Wenn ein Buch bereits nach so kurzer Zeit als Film realisiert wird, dann hat das sicherlich etwas zu bedeuten und kann in den meisten Fällen auch als Gütesiegel für die literarische Vorlage betrachtet werden. Aber wird die Verfilmung Der Pfad diesen Vorschusslorbeeren gerecht?
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Die Handlung von Der Pfad: Der lange Weg in die Freiheit
Es ist das Jahr 1941: Der 12-jährige Rolf Kirsch (Julius Weckauf) ist ein lebensfroher Junge, der am liebsten mit seinem fürsorglichen Vater Ludwig (Volker Bruch) und Hund Adi an der Mittelmeerküste Frankreichs den Tag verbringt. Doch leider sieht die Realität der drei alles andere als unbeschwert aus: Sie befinden sich nämlich nicht in Marseille, um Urlaub zu machen, sondern um ihre Flucht vor den Nazis nach New York vorzubereiten.
Denn Ludwig steht als regimekritischer Journalist auf der schwarzen Liste der NS, weshalb ihm die Hinrichtung droht, sollte er von Hitlers Schergen gefasst werden. Sein Plan ist jedoch mehr als gewagt: Gemeinsam mit Rolf will er zu Fuß über die Pyrenäen nach Portugal und von dort per Schiff schließlich in die USA gelangen. Dort wartet bereits Rolfs Mutter Katja (Anna Maria Mühe) seit Jahren sehnsüchtig auf ihre Liebsten.
Um sich auf dem riskanten Weg über die Gebirgskette nicht zu verlaufen, bekommen sie von Fluchthelfer:innen eine ungewöhnliche Führerin an die Seite gestellt. Das spanische Waisenmädchen Núria (Nonna Cardoner) kennt sich in den Bergen bestens aus und soll das Vater-Sohn-Gespann sicher und unbemerkt an ihr Ziel geleiten. Der Pfad in die Freiheit birgt allerdings jede Menge Gefahren…
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Der Pfad der Langeweile: Spannungsarmes Abenteuer ohne Biss
Filme über die Zeit des Zweiten Weltkriegs gibt es wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Natürlich kann man den damaligen Schrecken nicht oft genug in Erinnerung rufen, dennoch ist es immer eine willkommene Abwechslung, wenn ein Film eine untypische Herangehensweise wählt, um diesem dunklen Kapitel der Geschichte zu begegnen. Gemäß der für junge Leser:innen konzipierten Romanvorlage nimmt auch die Adaption Der Pfad die recht unschuldige Perspektive eines Kindes ein – eine durchaus interessante Ausgangslage.
So kommt der Film auch eher in Gestalt eines Coming-of-Age-Abenteuers daher, das hin und wieder einen Abstecher ins Kriegsdrama-Genre unternimmt. Der Pfad funktioniert jedoch in beiderlei Hinsicht nicht wirklich. Auf der Flucht der Protagonist:innen passiert schlicht und ergreifend zu wenig, um die Geschichte zu einem fesselnden Erlebnis zu machen.
Selbst bei einem jüngeren Publikum dürfte es kaum für aufgeregtes Herzklopfen sorgen, wenn die größten Spannungsmomente der vorübergehende Verlust eines Edelsteins und die Spaltung desselbigen sind. Hauptsächlich tröpfelt der Film aber nur vor sich hin, sodass die eigentlich spektakuläre Flucht vielmehr den Eindruck einer gemütlichen Wanderung erweckt.
Die Szenen, in denen Rolf, Ludwig und Núria Gefahr droht, sind erstaunlich blutleer inszeniert und wirken lustlos in die Handlung geworfen, als müsse sich Regisseur Tobias Wiemann selbst immer wieder daran erinnern, in welcher Zeit sein Film überhaupt spielt.
Zu keinem Zeitpunkt entwickelt das Drama ein Gefühl der Bedrohlichkeit, was der grundsätzlich erzählenswerten Geschichte die Relevanz raubt und zugleich die Situation, in der sich die Charaktere befinden, in gewisser Weise verharmlost.
Viel Klischee, wenig Tiefgang: Hübsch verpackte Inhaltslosigkeit
All das wäre zu verschmerzen, wenn Der Pfad stattdessen auf emotionaler Ebene überzeugen würde. Aber auch hier erweist sich die Romanverfilmung als ziemlich uninspiriert. So werden lediglich die obligatorischen Momente eines Outdoor-Buddy-Abenteuers abgespult: Der ungewollte Sprung ins Wasser, der knackende Ast im Versteck und zwischendurch natürlich das abtastend-distanzierte, aber niemals zu ernst werdende Gekabbel der Hauptfiguren.
Derartige Szenen gab es im Kino bereits zigfach zu sehen, wodurch Der Pfad seltsam altbacken anmutet. Man muss dem Film aber dennoch zugestehen, dass die traumhafte Kulisse von Kameramann Martin Schlecht in wirklich sehenswerten Bildern eingefangen wurde.
Zweifelsohne sammeln die beiden Kinder während des Films die notwendigen Sympathiepunkte, um Der Pfad nicht völlig in die Belanglosigkeit abdriften zu lassen. Die Autor:innen verlassen sich jedoch zu sehr auf die Grundelemente des Plots, ohne dem Thema Freundschaft irgendwelche neuen Erkenntnisse abzugewinnen. Die wachsende innere Verbundenheit zwischen Rolf und Núria ist am Ende nichts weiter als reine Behauptung.
Wie wunderbar hätte der im Film mehrfach erwähnte Erich Kästner-Roman „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee” als visuelle Metapher dienen können, um auf fantasievolle Weise zum emotionalen Kern der Geschichte vorzudringen. Das Drehbuch weiß allerdings absolut nichts damit anzufangen, weshalb auch diese Gelegenheit einfach verpufft.
Der Cast von Der Pfad: Julius Weckauf übertreibt, Nonna Cardoner überzeugt
Da können einem die beiden jungen Hauptdarsteller:innen fast schon leidtun, denn Julius Weckauf und Nonna Cardoner bemühen sich redlich, ihren Figuren Profil zu verleihen. Während es Neuentdeckung Cardoner ausgezeichnet versteht, aus Núria mit subtiler Mimik einen wahrhaftigen Charakter zu formen, schießt Weckauf als Rolf hingegen ein wenig übers Ziel hinaus.
Der zum Zeitpunkt des Drehs gerade mal 12-Jährige adaptiert hier lediglich sein viel beachtetes expressives Spiel als junger Hape Kerkeling aus „Der Junge muss an die frische Luft”. Das wirkt zuweilen fehl am Platz und erschwert den Zugang zu seiner Figur erheblich.
Als Vater Ludwig versucht „Babylon Berlin”-Star Volker Bruch dem zwar mit einer geerdeteren Darstellung entgegenzuwirken, die Chemie zwischen Filmvater und -sohn will jedoch nicht so recht stimmen.
Das Fazit zu Der Pfad: Mit großen Schritten Richtung Vergessenheit
Wenn Du ein realistisches Kriegsdrama erwartest, solltest Du einen großen Bogen um Der Pfad machen. Die Romanadaption klammert Politik, Gewalt und Tragik fast vollständig aus, was in Anbetracht des jungen Zielpublikums grundsätzlich auch vertretbar ist.
Leider verpasst es Regisseur Tobias Wiemann aber, seinen Film stattdessen mit Leben, Gefühl und eigenen Ideen zu füllen. Dadurch entpuppt sich Der Pfad als relativ zähe Angelegenheit, die letztendlich für Jung und Alt keinen wirklichen Mehrwert bietet.
Den inhaltlichen Leerlauf können auch die soliden Darsteller:innen nicht kompensieren, die zudem keine kollektive Dynamik entwickeln. Immerhin kann der Film mit tollen Landschaftsaufnahmen punkten, was den Gesamteindruck aber nur geringfügig verbessert. Auf diesem Pfad finden sich nur seichte Unterhaltung, aber wenig Erkenntnisse. Erinnerungswürdiges Kino geht anders.
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