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Eternals in der featured-Filmkritik: Götterkomplexe und komplexe Götter
Jahrtausende lebten sie unter den Menschen, verehrt als Götter. Mit der bevorstehenden Vernichtung der Erde zeigen sie sich nun erneut: Warum Marvels Alien-Avengers Futter für großes Science-Fiction-Kino bieten, aber uns trotzdem verwirrt zurücklassen, erfährst Du in der featured-Filmkritik zu „Eternals“.
Marvels Eternals will spektakuläres Science-Fiction-Kino sein; reich an Vorgeschichte und divers in seiner Charakterauswahl. Blöd, dass zeitgleich „Dune“ in den Kinos läuft und diesen Thron klar für sich beansprucht. Auch als Marvel-Film funktioniert er so mäßig gut und muss sich von jetzt auf gleich im MCU etablieren, ohne dass die Figuren jemals erwähnt wurden. Schwieriger Start, aber im Herzen liebenswert.
Eternals: Götter unter uns
Seit über 7000 Jahren leben Ajak (Salma Hayek) und die Eternals auf der Erde. Sie sehen aus wie Menschen, sind aber unsterblich und haben einzigartige Fähigkeiten, wegen denen sie in der Vergangenheit als Gött:innen verehrt wurden.
Ihre Mission ist es, die Menschheit vor den Deviants zu beschützen, reptilienartigen Monstern mit niederen Instinkten. An einem bestimmten Punkt in der Vergangenheit schien es, als hätten sie die Mission erfüllt. Angriffe durch Deviants blieben aus. Die Eternals trennten sich, um jeweils unerkannt unter den Menschen zu leben.
Nach den Ereignissen aus „Avengers: Endgame“ tauchen die Deviants wieder auf. Und diesmal scheint es, als sei der komplette Planet Erde dem Untergang geweiht. Die Eternals suchen einander: Denn im Kampf gegen die Deviants sind ihre speziellen, individuellen Fähigkeiten gefragt.
Captain Exposition: Erklärungsnot am Horizont
Die Einleitung zu dieser Kritik ist ungefähr dreimal länger als sonst. Liegt vielleicht an uns. Liegt vielleicht aber auch daran, dass das Motiv des Films, die Figuren und das behauptete kosmische Gefüge, in dem sich das alles bewegt, einfach unfassbar umfangreich sind. Es drängt sich regelrecht der Gedanke auf, dass diese Geschichte einfach ungeeignet für einen sehr langen Film ist. Letztendlich bietet er uns eine Handlungsabfolge und Hintergrundgeschichte an, aber keine Story, die befriedigt.
Team-ups, also Filme wie „Avengers“ (2012) oder „Guardians of the Galaxy“ (2014), bezahlen am Ende immer einen Preis für ihre Masse an Charakteren. Avengers hat Iron Man, Captain America und Co. in Solofilmen ausgiebig etabliert. Guardians of the Galaxy hingegen gab zwar seinem Helden Star-Lord eine Hintergrundgeschichte; Charaktere wie der Baum Groot oder der großmäulige Waschbär Rocket hingegen blieben diesbezüglich unerzählt – obgleich das vermutlich kaum jemanden gestört hat.
Eternals hingegen bringt zehn Superheld:innen und Schurk:innen, die niemand kennt, und eine detaillierte Hintergrundgeschichte, die MCU-Fans auch noch nicht kennen, mit. Oscarpreisträgerin Chloé Zhao wollte sichtlich keine Zugeständnisse machen. Deshalb schuf sie ein zweieinhalb Stunden langes Epos, das über die Einleitung nicht hinauskommt und im letzten Drittel so wirkt, als hätte man dringend noch einen Abschluss gesucht.
Macht und Mythos: Die Eternals und ihr Platz im MCU
Visuell hat Eternals eine Menge zu bieten. Fans von buchstäblich großen Bildern und Blockbuster-Action werden zweifelsfrei auf ihre Kosten kommen. Energieblitze schießen über die Leinwand, Monstren werden verwandelt, die Erde klüftet auf und Augenlaser zersäbeln im Viertelstundentakt die Kulisse – so weit, so bekannt. Das Problem: Es geht schon wieder um Alles. Andere Marvel-Filme haben zwar demonstriert, dass kleine und intimere Geschichten besser dafür geeignet sind, um neue Figuren einzuführen. Bei Eternals geht es um nicht weniger als den Weltuntergang und das ist einfach egal – weil wir zu 99 Prozent davon ausgehen können, dass Marvel die Erde nicht untergehen lässt! Ungeachtet dessen ist die Rettung der Welt ein denkbar ungünstiger Anlass, um sich vom restliche MCU abzuheben. Eternals bezieht sich zwar auf Ereignisse und Figuren früherer Filme, will darüber hinaus aber eigenständig bleiben. Unnötig bei einer Geschichte dieser Größenordnung.
Besonders schade: Graphic-Novel-Autor Neil Gaiman widmete sich ab 2006 einer Neuinterpretation der Eternals. In dieser Story leben die Eternals als normale Menschen, weil sie ihr Gedächtnis verloren haben. Das wäre der perfekte Ansatz für den aktuellen Kinofilm gewesen, da er die Integration in dieses bestehende Filmuniversum so leicht nachvollziehbar gemacht hätte. Und wenn wir ganz ehrlich sind, wäre der Stoff als zehnteilige Serie noch viel besser aufgehoben gewesen.
Eternals: Wenn Du den Inhalt magst, aber die Verpackung nicht
Wir mögen Eternals sehr – zumindest die Titelheld:innen und deren Geschichten. Science-Fiction-Fans kommen schon ordentlich auf ihre Kosten. Als Gesamtkonstrukt zählt er jedoch zu Marvels schwächeren Leistungen. Dabei haben sich die Filmemacher:innen schlichtweg überhoben. Im Gegenzug sind wir gespannt darauf, was Marvel mit der einen oder anderen Figur geplant hat. Nach so viel Erklärung und Einführung wäre es schade, wenn wir von den Eternals nichts mehr sehen würden.
Ein Filmtipp für Neulinge im MCU und Fans von Filmen wie „Krieg der Welten“ (2005), „Immortal – New York 2095: Die Rückkehr der Götter“ (2004) oder auch „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ (2014).
Eternals | |
Originaltitel: | Eternals |
Genre: | Superhelden / Science Fiction |
Bundesstart: | 3. November 2021 (Kino) |
Laufzeit: | 157 Minuten |
FSK: | Ab 12 Jahren |
Regie: | Chloé Zhao |
Drehbuch: | Chloé Zhao, Patrick Burleigh, Ryan Firpo |
Vorlage: | „Eternals“, Charaktere von Marvel Comics, nach Jack Kirby |
Welche Comic-Adaption aus Marvels Fundus würdest Du gerne auf der großen Leinwand sehen? Wir freuen uns auf Deine Ideen in den Kommentaren.