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Die Therapie: Das Ende erklärt und was mit Josy passiert ist
Psychiater Viktor stürzt nach dem vermeintlichen Verschwinden seiner Tochter Josy in eine lebensbedrohliche Krise: Die Amazon-Serie nach dem Bestseller von Sebastian Fitzek ist ein wilder Ritt durch eine kranke Seele. Hier findest Du das Ende von „Die Therapie” erklärt.
Und darum geht’s in der Serie
Die sechsteilige Thrillerserie “Die Therapie” ist die Verfilmung des gleichnamigen Debütromans von Sebastian Fitzek. Der Bestsellerautor ist bekannt für seine verschachtelten Plots, finsteren Figuren und Geschichten aus den Grenzbereichen menschlicher Psyche.
All diese Elemente finden sich bereits in seinem Erstlingswerk aus dem Jahr 2006. Stephan Kampwirth spielt in der Serie den Psychiater Viktor Larenz, einen verzweifelten Vater auf der Suche nach seiner Tochter. Nach einem Arztbesuch scheint die an einer rätselhaften Krankheit leidende 13-jährige Josy Larenz spurlos verschwunden zu sein.
Auch Wochen nach dem angeblichen Verschwinden der Tochter finden weder er und Ehefrau Isabell noch die Polizei irgendwelche Hinweise auf Josys Verbleib. Viktor dreht durch, seine Ehe droht zu zerbrechen.
Woran leidet Viktor Larenz?
Die Therapie ist das Spiegelkabinett einer gestörten Psyche. Viktor Larenz befindet sich in einem permanenten psychischen Ausnahmezustand.
Sein Freund und Therapeut Dr. Frank Roth bringt es in der letzten Folge beinahe beiläufig auf den Punkt: Nach jahrelanger Behandlung fällt bei ihm endlich der Groschen und er murmelt die Worte “Münchhausen by proxy”, zu Deutsch Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.
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Menschen mit diesem Syndrom täuschen bei einer anderen Person, häufig dem eigenen Kind, Krankheiten vor, um eine medizinische Behandlung zu fordern. Das geht so weit, dass der eigentlich Erkrankte, in diesem Fall Viktor, seinem Schützling tatsächlich Schaden zufügt.
Viktor mischte Josy Medikamente in Lebensmittel, vergiftete sie und erzeugte so Symptome einer nicht existierenden Krankheit bei seiner Tochter. Aber warum?
Warum vergiftete Viktor seine Tochter?
Aus medizinischer Sicht ist die Antwort zunächst recht einfach. Menschen mit einem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom wollen mit ihrem Verhalten Aufmerksamkeit erregen und den Eindruck erwecken, sie seien besonders aufopferungsvoll.
Dabei handelt es sich in der Regel um Menschen, die eine schwierige Kindheit erlebt haben, etwa durch den frühen Verlust eines Elternteils.
Die Serie bemüht sich, Viktors psychische Erkrankung ähnlich zu begründen. Rückblenden zeigen Episoden seiner Kindheit. Seine Eltern waren offensichtlich erfolgreiche Schauspieler, also öffentliche Personen und häufig abwesend.
Dann das einschneidende Ereignis: Der Vater trennt sich von der Mutter und brennt mit einer Geliebten durch. Die Mutter nimmt sich daraufhin das Leben – mit einem Schnitt durch die Pulsadern in der Badewanne.
Der junge Viktor findet seine tote Mutter, ein traumatisches Erlebnis, das ihn auch als Erwachsener nicht loslässt. Daher erleidet er immer wieder vor dem Badezimmerspiegel Flashbacks mit der toten Mutter in der Wanne und einem blutüberströmten Fußboden.
Nach dem Tod der Mutter geht Viktors Leiden weiter. Sein Vater schiebt ihn in ein Internat ab, wo er ohne elterliche Liebe und Fürsorge aufwächst. Später als Vater will Viktor besonders fürsorglich mit seiner Tochter umgehen – um zu kompensieren, was er als Kind erlitten hat.
Viktor ist schizophren
Damit beschreibt die Handlung die typische Vorgeschichte eines Menschen, der am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidet. Aber damit sind noch längst nicht alle Fragen zu Viktors Geisteszustand beantwortet, denn Viktor ist zugleich schizophren.
Diese Diagnose stellt Dr. Roth nicht explizit, aber die Hinweise auf diese schwere psychische Erkrankung sind offensichtlich. Viktor hat eine gespaltene Persönlichkeit. Er flüchtet sich vor den Ereignissen auf die fiktive Insel Parkum, ausgelöst durch ein Landschaftsbild, das in der Praxis des Kinderarztes hängt.
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Auf der Insel und in einer luxuriösen Villa findet er jedoch keine Ruhe. Er wird vielmehr von den Geistern seiner Vergangenheit eingeholt und beginnt eine Art Selbsttherapie.
Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom und Schizophrenie stehen übrigens nach medizinischen Erkenntnissen üblicherweise in keinerlei Zusammenhang. Dieses doppelte Krankheitsbild ist der Fantasie des Autors Fitzek entsprungen – um seinen irren Helden noch rätselhafter zu machen.
Wer ist Anna Spiegel?
Kaum in Parkum eingetroffen, bekommt Viktor Besuch von einer jungen Frau. Sie stellt sich als Anna Spiegel vor, ist Schriftstellerin und schizophren. Sie will, dass der Psychiater Viktor sie behandelt.
Annas Leidensgeschichte weist Parallelen zu Viktors Leben auf, etwa der frühe Tod eines Elternteils. Dann behauptet Anna, Josy getroffen zu haben. Durch den gewaltsamen Tod seines Hundes, Annas mysteriöse Andeutungen und die Entdeckung seines Kinderzimmers im Keller der Villa verliert Viktor endgültig die Übersicht.
Oder anders ausgedrückt: Er erwacht nach zwei Jahren aus dem Koma und findet sich in einem Krankenhausbett wieder. Am Bett steht Dr. Roth, der mit eigenwilligen Methoden um seinen Patienten kämpft. Viktor erkennt, dass Parkum nur Einbildung ist.
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Mit Dr. Roths Hilfe versucht er aber dennoch, Anna Spiegel ausfindig zu machen. Aber bald wird klar: Anna ist ebenfalls eine Kopfgeburt, genau wie die Insel und ihre Bewohner:innen. Er muss auch erkennen, dass Anna die eigentliche Therapeutin ist in diesem Spiel, nicht etwa er der Therapeut von Anna.
Anna ist eine Art Spiegelbild von Viktor, eine Doppelgängerin. Sie führt ihn zurück zu den Ursachen seines Leiden, und hält die Verbindung zu seiner Tochter aufrecht. So hilft sie ihm, mit der Situation klarzukommen.
Viktors Fantasiefigur Anna Spiegel steht für den Versuch einer Selbstheilung. Daher ist es nur konsequent, dass Viktor diese Behandlung fortsetzen will. Er versetzt sich mittels Drogen wieder ins Koma, um an Annas Seite – der weiblichen Seite seiner Persönlichkeit – endlich das Rätsel um Josys Verschwinden aufzuklären.
Welche Rolle spielt Dr. Roth?
Der Doktor ist Viktors Rettungsanker und dafür verantwortlich, dass er wenigstens ansatzweise sein eigenes Handeln durchschaut. Der Mann mit den unkonventionellen Methoden und dem eher unsympathischen Auftreten macht selbst eine Wandlung durch und absolviert in der Serie eine Art Therapie.
Er befreit sich vom einengenden Klinikbetrieb und macht sich mit einer eigenen Praxis selbstständig. Er schafft es sogar, sich bei dem Opfer seines Erpressungskomplotts zu entschuldigen. Die wichtigste Entwicklung aber zeigt Dr. Roth in der Beziehung zu seiner Tochter Mila, der besten Freundin von Josy.
Der gestresste und sehr auf seine Arbeit fokussierte Psychiater hatte sich von seiner Tochter entfremdet. Bevor er aber vollends den Kontakt zu Mila verliert, tritt er beruflich auf die Bremse und zügelt seinen (krankhaften) Ehrgeiz.
Roth ist das Gegenmodell zu seinem Patienten Viktor. Er zeigt ihm, das schwierige Familien- und Berufsverhältnisse lösbar sind. Dr. Roth ist die einzige Figur, die in Die Therapie so etwas wie ein Happy End erlebt.
Das Ende von Die Therapie erklärt: Josys Schicksal
Auch für Josy scheint es ein Happy End zu geben. Sie verschwand nicht spurlos aus der Arztpraxis und überlebte die Anschläge auf ihre Gesundheit durch ihren Vater. Und sie ertrank auch nicht, als sie sich mit ihrem Vater vor der angeblich bewaffneten Mutter im Kanal versteckte.
Nach diesem Vorfall dreht Viktor vollkommen durch: Er schafft es nicht, seine Tochter wiederzubeleben. Das tut ihre Mutter, die ihre leblose Tochter am Ufer entdeckt. Sie war es auch, die ihr zuvor das Leben rettete.
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Als Viktor vollkommen aufgelöst aus der Arztpraxis bei Isabell anruft und vom Verschwinden Josys erzählt, weiß sie Bescheid. Sie findet ihren Verdacht bestätigt, dass Viktor ernsthaft krank ist. Mithilfe des Familienanwalts Wolfgang Riegger versteckt sie Josy im Ausland und bringt sie so vor Viktor in Sicherheit.
Viktor glaubt später, er habe Josy umgebracht (was er auch beinahe getan hätte) und will den Mord gestehen. Roth will seinem Patienten die Augen öffnen und ihn konfrontieren. Daher bringt er ihn Jahre nach Josys angeblichem Verschwinden zu Isabell. Doch keiner der Männer rechnet damit, dass Josy noch am Leben ist. Es kommt zum Wiedersehen zwischen Vater und Tochter.
Das Ende nach dem Ende
Verständlicherweise kann Josy ihrem Vater das Leid, das er ihr angetan hat, nicht verzeihen. Umso rätselhafter sind die letzten Szenen am Ende von Die Therapie.
Josy und ihre Freundin Mila, mittlerweile fast erwachsen, wollen nach Amsterdam reisen. Auf dem Weg zum Flughafen schlägt Josy einen Abstecher zu Viktors Berliner Villa vor. Sie klingelt an seiner Tür, er öffnet und erkennt seine Tochter. In seiner Vorstellung befindet er sich wieder auf Parkum und die Ankunft seiner Tochter scheint ihn sehr glücklich zu machen. Josy tritt ein und verschwindet hinter der Tür.
Warum tut sie das? Sie hatte ihrem Vater nicht verziehen, wird aber magisch von ihm angezogen. Nun betritt sie sein Haus, das Haus eines psychisch Kranken, der in einer Scheinwelt lebt. Setzt sich damit ihr Leiden fort?