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Die Farbe aus dem All in der featured-Filmkritik: Der Tag, an dem das Alpaka still stand
Wie nähert man sich filmisch dem kosmischen Horror des Schauerliteraten H.P. Lovecraft? Regisseur Richard Stanley setzt auf Neonfarben, handgemachte Effekte und Alpakas. Was das zu bedeuten hat, erfährst Du in unserer featured-Filmkritik zu „Die Farbe aus dem All“.
Seitdem Richard Stanley bei der Filmproduktion zu „DNA – Experiment des Wahnsinns“ (1996) als Regisseur ersetzt wurde, hat er keinen Langspielfilm mehr gedreht. Bis jetzt. „Die Farbe aus dem All“ ist der vielversprechende Auftakt zu einer geplanten Trilogie von H.P.-Lovecraft-Adaptionen, die in naher Zukunft mit „Das Grauen von Dunwich“ fortgesetzt werden soll. Aber fürs Erste begnügen wir uns gerne mit einem Nicolas Cage in Hochform und mutierenden Alpakas.
Aus dem All: Das (kosmische) Grauen auf der Alpaka-Farm
Nathan Gardner (Nicolas Cage) zieht mit seiner Familie in das geerbte Landhaus seines Vaters, irgendwo in den Wäldern der Stadt Arkham. Nach der Brustkrebs-OP seiner Frau Theresa (Joely Richardson), will Nathan der Familie dort einen ruhigen Neustart ermöglichen – als Alpaka-Züchter.
Eines Nachts schlägt ein in Neonpink leuchtender Meteorit in den Brunnen der Farm ein – mit weitreichenden Folgen. Während innerhalb der Familie zunächst nur der Ton schärfer wird, verändern sich Flora und Fauna wesentlich sichtbarer auf groteske Art. Bald muss die Familie schmerzlich erkennen, dass diese Farbe aus dem All mehr ist als ein ko(s)misches Leuchten.
Nicolas Cage: Berufspsychopath fürs (Heim)kino
Lust auf ein Spiel zum gemeinsamen Filmabend? Starte „Die Farbe aus dem All“. Jedes Mal, wenn einer der Zuschauenden laut „Overacting!!!“ denkt, gibt es etwas Süßes. Mit dem daraus resultierenden Zuckerschock dürftest Du über das gleiche Mimik- und Gestik-Repertoire verfügen wie Nicolas Cage. Nicolas Cage, der Ex-Hollywood-Star aus Hits wie „Stadt der Engel“ (1998). Nicholas Cage, der im bunten Herbst seiner Karriere durchschnittlich vier bis fünf Filme pro Jahr dreht, mittlerweile meist für den Heimkinobereich. Zum Zeitpunkt der vorliegenden Kritik stehen neun weitere Filme mit ihm in den Startlöchern.
Aber während des Films dämmert es Dir plötzlich: Nicolas Cage ist der Einzige, der in der Rolle einer frustrierten Familienvater-Ehemann-Personalunion, wild gestikulierend und grimassierend, mutierte Riesenpfirsiche in den Mülleimer kloppen darf, ohne sich dabei der Lächerlichkeit preiszugeben. Die eben beschriebene Szene findet so im Film statt. Seine Manie; sein plötzlich aus ihm herausbrechendes Gelächter, die weit aufgerissenen Augen, sein Timing: Alles Methode, alles gewollt. Der „King of Overacting“ laut Berliner Tageszeitung; der „beste schlechte Schauspieler der Welt“ laut dem Spiegel. Der beste Mann für diese Rolle laut featured. Ironiefrei.
Auch der restliche Cast überzeugt. Allen voran Madeleine Arthur, die als „Liviana“ eine Tochter spielt, die am Höhepunkt ihrer Pubertät Sorge für den angeschlagenen Familienfrieden übernehmen will und sich dafür in ausufernde Hexenrituale begibt.
Praktische Dinge: Effekte aus einer anderen Welt
Währenddessen das Blockbuster-Kino der Gegenwart recht farblos daherkommt, trägt „Die Farbe aus dem All“ seinem Filmtitel Rechnung und erstrahlt stellenweise in blickfangendem Neonpink. Zusammen mit den oft wunderschön fotografierten Nacht- und Naturaufnahmen von Kameramann Steve Annis (er)schafft Regisseur Richard Stanley etwas, was nur wenigen Lovecraft-Adaptionen bisher vergönnt war: Atmosphäre. Und die hält sogar Computer-Generated-Imagery-Effekte aus, die nicht immer lupenrein sind.
Fans von John-Carpenter-Filmen wie „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder auch „Die Fürsten der Finsternis“ werden sich bisweilen angenehm in die Achtziger zurückversetzt fühlen, ob der praktischen Effekte. Auf diesem Gebiet liefert „Die Farbe aus dem All“ sicherlich einige der einprägsamsten WTF-Momente der jüngeren Science-Fiction- und Horrorfilmzeit – inklusive an Reminiszenzen an „Das Ding aus einer anderen Welt“ (1982) von John Carpenter. Und ohne zu viel verraten zu wollen: Alpakas werden danach nie wieder das Gleiche für Dich sein.
Das Drehbuch von Scarlett Amaris und Richard Stanley meint es gut mit der literarischen Vorlage; meint es besser als alle vorangegangen Filmadaptionen. Vom übergeordneten Rahmen einer zunehmend degenerierenden Familie bis zur deutlichen Verortung im Lovecraft-Kosmos, durch Details wie die Stadt „Arkham“ oder das Buch „Necronomicon“, bleibt das Skript nah an der Originalgeschichte, holt sie aber unaufgeregt in die Gegenwart.
P.S.: Das Musikstück „Contact“ aus dem Score zu „Die Farbe aus dem All“, komponiert von Colin Stetson, kannst Du Dir auf YouTube kostenfrei anhören.
Die Farbe aus dem All: Ein wunderschöner Alptraum in Neonpink
„Die Farbe aus dem All“ ist sicherlich nicht perfekt. Denn am Ende des Tages ist er ein Genre-B-Film, dessen abstrakte Story, anachronistische Creature-Effekte und exaltierter Hauptdarsteller ihn vor allem in Nischen abseits des Mainstreams platzieren. In diesen jedoch, das darf gesagt werden, dominiert er. „Die Farbe aus dem All“ ist so Achtziger, so unverkrampft retro, wie es selbst Filme in den Achtzigern nicht waren. Und dafür kann man ihm eigentlich nur danken. SciFi at it’s best; Nic Cage in Hochform und ein gelungenes Spielfilm-Comeback für Richard Stanley.
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Die Farbe aus dem All
Originaltitel: | Color Out of Space |
Genre: | Science Fiction / Cosmic Horror |
Bundesstart: | 23.04.2020 (Heimkino) |
Laufzeit: | 111 Minuten |
FSK: | Ab 16 Jahren |
Regie: | Richard Stanley |
Drehbuch: | Richard Stanley, Scarlett Amaris |
Welche Lovecraft-Adaptionen stehen bei Dir auf der Liste! Welche Science-Fiction-Filme jagen Dir einen wohligen Schauer über den Rücken? Wir freuen uns auf Deinen Filmtipp.