Der Trauerschwindler
© WDR/Fritz Gnad/Frank Bochtle
Outer Range
Das Bild in Severance Staffel 2 zeigt Mark Scout mit blauen Luftballons in der Hand.
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Der Trauerschwindler: Die wahre Geschichte hinter dem Betrug

Ein skru­pel­los­er Bestat­ter aus Ros­tock, der trauern­den Frauen etwas vor­spielt und ihre emo­tionale Not­lage aus­nutzt: Davon han­delt die Dokuserie „Der Trauer­schwindler”, die in der ARD-Mediathek und bei Net­flix ver­füg­bar ist. Wir erzählen hier die wahre Geschichte hin­ter Der Trauer­schwindler.

Der Trauerschwindler: Wie betrügt der Bestatter seine Opfer?

Eine 37-jährige Frau muss mit einem schreck­lichen Ver­lust umge­hen: Ihre Tochter stirbt durch plöt­zlichen Kind­stod. Die Frau ist trau­ma­tisiert und ste­ht neben sich. Den Umgang der Gerichtsmedi­zin mit ihrem toten Baby empfind­et sie als her­z­los: Unter anderem muss sie mit anse­hen, wie Babyk­lei­dung acht­los auf den Boden fällt.

Der Bestat­ter Herr B. dage­gen wirkt empathisch und warm; er unter­stützt sie und strahlt Sicher­heit aus. Der Mann, der in Ros­tock ein Bestat­tung­sun­ternehmen besitzt, soll das Baby beerdi­gen. Doch gle­ichzeit­ig küm­mert er sich fre­und­schaftlich um die trauernde Mut­ter und bietet ihr seine Hil­fe an.

Die bei­den kom­men sich näher, er spricht sog­ar von einem gemein­samen Leben. Nach eini­gen Monat­en bit­tet er sie wegen finanziellen Schwierigkeit­en um einen größeren Geld­be­trag, den er bald zurück­zahlen will. Aber das passiert nicht.

Herr B. hat nicht nur die Trauer dieser Frau aus­genutzt: Der Ehe­mann ein­er 64-jähri­gen Unternehmerin starb 2019 an Krebs und der Bestat­ter soll sich um die Einäscherung küm­mern. Auch in diesem Fall zeigt er sich zugle­ich als ein­fühlsamer und aufmerk­samer Mann, der die Witwe in ihrer schw­eren Zeit unter­stützt. Er nimmt sie schon beim ersten Besuch in den Arm und ist zum Reden da. Sie begin­nen eine Beziehung. Dann lei­ht er sich ins­ge­samt 140.000 Euro von ihr – die er nicht zurück­zahlt.

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Eine 63-jährige Frau lernt den Mann in der Bank ken­nen, in der sie arbeit­et. Zusam­men mit sein­er Tochter und seinem Sohn bit­tet er sie um einen Kred­it, weil er einen Fir­men­wa­gen anschaf­fen wolle. Der Bestat­ter und die Angestellte ver­brin­gen mehr Zeit miteinan­der und kom­men zusam­men. Er bit­tet sie, mit ihr auf seinem Bauern­hof zu leben. „In der Euphorie der Gefüh­le” lei­ht sie ihm 48.000 Euro, zitiert der NDR aus dem späteren Gericht­sprozess. Zurück­er­hal­ten hat sie schließlich nur 8.000 Euro.

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Die drei genan­nten Frauen sind nicht die einzi­gen Opfer des Bestat­ters – aber sie sind diejeni­gen, die ihn schließlich anzeigen. In Der Trauer­schwindler kom­men weit­ere betrof­fene Frauen zu Wort, beispiel­sweise eine Ärztin, deren Mann sich erschossen hat. Auch sie tröstet Herr B. zunächst, um sie dann um Geld zu betrü­gen.

Immer wieder gaukelt er Geld­prob­leme vor; mal will er ein Auto kaufen, mal sind es Urnen. Alle Frauen lei­hen ihm zwis­chen 40.000 und 200.000 Euro – und das jew­eils ohne Absicherung oder Quit­tung. Der Bestat­ter zahlt allen­falls kleinere Beträge zurück, und bricht dann den Kon­takt voll­ständig ab. Mit dem ergaunerten Geld zahlt er offen­bar seine Schulden ab.

Wahre Geschichte: Der Trauerschwindler fliegt auf

Eine der Frauen stößt in der Zeitung schließlich zufäl­lig auf einen Artikel, in dem es um Betrugsvor­würfe gegen den Bestat­ter geht. Es han­delt sich um die Mut­ter, die ihr Baby ver­loren hat. Die Frau begin­nt zu recher­chieren und find­et über Face­book-Kom­mentare weit­ere Betrof­fene, die Herr B. eben­falls um Geld bet­ro­gen hat. Auf eigene Faust wer­den anschließend Dutzende andere Opfer des Betrügers aufge­spürt.

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Sie befürcht­en, dass es noch weit­ere Betrof­fene geben kön­nte, die sich nicht trauen, über ihre Erfahrung zu sprechen. 20 Jahre lang soll der Bestat­ter unver­froren andere Men­schen bet­ro­gen haben, lautet der Vor­wurf vor Gericht.

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Das Urteil gegen den Bestatter aus Rostock

Vor dem Ros­tock­er Amts­gericht muss sich der Trauer­schwindler schließlich wegen Betruges in elf Fällen ver­ant­worten. Es geht dabei nur um die drei Frauen, die ihn angezeigt hat­ten. Neun der Fälle betr­e­f­fen eines der Opfer: Sie hat­te ihm ins­ge­samt neun­mal Geld gegeben. Die anderen bei­den Fälle beziehen sich auf je ein weit­eres Opfer. Ver­han­delt wer­den nur Tat­en im Zeitraum zwis­chen Juni 2017 und April 2018.

Im Mai 2023 wird der damals 49-Jährige zu ein­er Frei­heitsstrafe von drei Jahren und zehn Monat­en verteilt – wegen gewerb­smäßi­gen Betrugs. Er hat­te von den drei Frauen ins­ge­samt 233.000 Euro erschlichen. Die Rich­terin urteilt in der Begrün­dung, die Frauen hät­ten ihm helfen wollen, nach­dem er Geld­prob­leme vor­getäuscht hat­te. Er habe immer die gle­iche Masche ange­wandt und ihre emo­tionalen Not­la­gen aus­genutzt.

Vor Gericht kommt her­aus, dass der Trauer­schwindler pleite ist: Gegen ihn läuft ein Insol­ven­zver­fahren. Die Opfer wer­den ihr Geld also wohl nicht zurück­bekom­men. Der Anwalt des Bestat­ters betonte, dass die Frauen ihm frei­willig etwas gezahlt hät­ten. Sie hät­ten über seine Geld­prob­leme Bescheid gewusst – was diese bestre­it­en. Sie sagen, er habe sich als erfol­gre­ich­er Geschäfts­mann präsen­tiert.

Das Urteil ist bis heute nicht recht­skräftig, da die Staat­san­waltschaft in Beru­fung gegan­gen ist. Während der Vertei­di­ger des Angeklagten einen Freis­pruch gefordert hat­te, hat­te die Staat­san­waltschaft auf fünf Jahre Haft plädiert. Bis in Ros­tock erneut ver­han­delt wird, bleibt der Mann auf freiem Fuß.

Wahre Geschichte: Der Trauerschwindler und seine anderen Betrugsmaschen

Das Vorstrafen­reg­is­ter des Bestat­ters aus Ros­tock ist lang: Wegen 18 Straftat­en wurde der Mann seit 2001 verurteilt. Darunter sind mehrere Fälle von Betrug, aber eben­so Dieb­stahl, uner­laubter Waf­fenbe­sitz sowie Fahren ohne Führerschein. Das Urteil im Prozess um die bet­ro­ge­nen Frauen ist das erste, bei dem der Angeklagte zu ein­er Haft­strafe ohne Bewährung verurteilt wurde. Davor kam Herr B. immer mit Geld­strafen oder Bewährung davon.

Und auch nach dem Prozess um den Trauer­schwindler ermit­telt die Polizei in mehreren Fällen von Betrug, heißt es in einem RTL-Bericht. - und zwar gegen den Bestat­ter und zwei nahe Fam­i­lien­ange­hörige. Dem­nach soll Herr B. einen anderen Bestat­tung­sun­ternehmer finanziell ruiniert haben, als er ihm seinen Betrieb abkaufte, ohne dafür zu zahlen.

Nach dessen Aus­sage arbeit­et der Trauer­schwindler dafür mit sein­er Tochter zusam­men: Er soll die Geschäfte einge­fädelt haben, während sie die Kaufverträge unter­schrieb. Zudem bet­rog er laut RTL ein Rent­ner-Ehep­aar um ihr Haus.

Der Trauerschwindler – in der ARD-Mediathek und bei Netflix

Die True-Crime-Doku über den Trauer­schwindler lief zuerst im Jan­u­ar 2023 im Ersten – also noch vor dem Urteil gegen Her­rn B. Seit dem 1. Juli 2024 sind die ins­ge­samt vier Episo­den der Serie auch bei Net­flix zu sehen. Zu Wort kom­men darin unter anderem die Opfer, die langjährige Fre­undin des Bestat­ters sowie sein Anwalt.

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