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Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull in der featured-Filmkritik: Eine Kostümkomödie mit Hang zum Klamauk
Thomas Manns unvollendeten Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ kennst Du vielleicht noch aus dem Deutschunterricht. Mit der gleichnamigen Verfilmung bringt Regisseur Detlev Buck die Lektüre auf die Leinwand. Ob sich der Gang ins Kino lohnt und was die beiden Hauptdarsteller:innen Liv Lisa Fries und Jannis Niewöhner von der Buchvorlage halten, liest Du in der featured-Filmkritik.
Sekt, Charme, die gehobene Gesellschaft und ein Hochstapler: Der Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull sollte ursprünglich aus zwei Teilen bestehen. Noch bevor Thomas Mann die Geschichte abschließen konnte, verstarb der bedeutende deutsche Schriftsteller. In seiner Verfilmung beleuchtet Regisseur Detlev Buck eine Episode der Lektüre und dichtet noch Liebeleien und zahlreiche Details dazu.
Außerdem haben wir die Gelegenheit während der Premiere in Essen genutzt, um mit den beiden Hauptdarsteller:innen Liv Lisa Fries und Jannis Niewöhner zu sprechen.
Die Handlung: Wie sich ein Hochstapler in die gehobene Gesellschaft mogelt
Felix Krull (Jannis Niewöhner) liebt es, mithilfe von Verkleidungen in neue Identitäten zu schlüpfen und in andere Gesellschaften einzutauchen. Da liegt es für den jungen Mann aus solidem, aber bankrottem Hause nahe, die Gelegenheit, in einem Pariser Hotel zu arbeiten, für sich zu nutzen. Zu Beginn noch in einer Anstellung als Liftboy, arbeitet er sich dank Charme und Gewitztheit schnell zum Oberkellner hoch.
Hier trifft er das erste Mal auf den stinkreichen Marquis Louis de Venosta (David Kross), der in Zaza (Liv Lisa Fries) verliebt ist. Dummerweise kann ihre Liebe nicht bestehen, denn sie bewegen sich in zwei unterschiedlichen Gesellschaftsklassen. Felix wittert die Chance, in eine neue Rolle zu schlüpfen und die beiden Männer schmieden den Plan, ihre Plätze zu tauschen, damit Venosta mit Zaza zusammen sein kann. Allerdings ist Zaza auch Felix‘ große Liebe und so steht der charmante Hochstapler vor der Wahl: Gesellschaftlicher Aufstieg oder die Frau seines Herzens. Wofür wird sich Felix wohl entscheiden?
Bekenntnisse eines Regisseurs: Ton getroffen und Details dazugedichtet
Das Drehbuch von Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull entstammt den Federn von Daniel Kehlmann und Detlev Buck. Letzterer, der auch im Regiestuhl saß, konzentriert sich bei der Verfilmung nur auf einen Teil des unvollendeten Romans. Zudem fügen Buck und Kehlmann noch zahlreiche Details hinzu und nehmen schwerwiegende Änderungen vor. Wie zum Beispiel das Liebesdreieck zwischen Zaza, Felix und Venosta, das es so im Roman nicht gibt. Es ist interessant, dass sie sich gerade Zaza dafür aussuchen, spielt sie im Buch doch nur eine sehr kleine Rolle. Stringent bleibt der Film allerdings beim Sprachstil, der sich sehr an der Romanvorlage von Thomas Mann orientiert. Das kann Liebhaber:innen der Lektüre gefallen, sorgt aber dafür, dass gerade Jannis Niewöhner als Felix Krull manchmal etwas überzeichnet wirkt.
Eine Kostümkomödie mit Hang zum Klamauk
Generell ist es so, dass Bekenntnisse des Felix Krull fast immer überspitzt daherkommt. Das ist zum Beispiel bei der Optik toll, denn die Kostüme und Kulissen sehen wirklich fantastisch aus. Andererseits könnten Dir die Passagen, in denen Felix vor allem als Frauenschwarm in Szene gesetzt wird, irgendwann auf den Keks gehen. Vielleicht liegt es aber auch an Jannis Niewöhner, der zwar einen soliden Job macht, bei dem es aber ab und an schwerfällt, den leidenschaftlichen Liebhaber abzukaufen. Der Humor ist an vielen Stellen platt und driftet in den Klamauk ab. Beispielsweise, wenn Madame Houpflé (Maria Furtwängler) Felix wieder einmal für eine Spezialaufgabe in ihr Hotelzimmer rufen lässt, um sich ihm dann an den Hals zu werfen oder wenn Joachim Król als Professor Kuckuck versucht, besonders schrullig zu sein.
Das Fazit: Was Thomas Mann wohl dazu sagen würde?
Leider übertüncht gerade der Klamauk die Stärken des Films. Nämlich die Szenen, in denen Liv Lisa Fries glänzt und leichtfüßig ihre beiden Kollegen an die Wand spielt. Sie mimt die junge Zaza, die ganz genau weiß, was sie will, authentisch und nachvollziehbar. Leider geht ihr Charakter bei all den Nebengeschichten unter. Und spätestens nach der Hälfte der 114 Minuten verrennt sich der Film in zu vielen Geschichten, die nur oberflächlich erzählt werden. Immerhin ist die Verfilmung, dank grandiosem Kostüm- und Set-Design nicht ganz so trocken wie eine Doppelstunde Schulunterricht am Nachmittag, aber so richtig begeistert hat uns der Film leider nicht. Schade, da lesen wir lieber noch einmal das Buch.
Der Cast der Romanverfilmung im featured-Interview
Liv Lisa Fries kennst Du vielleicht schon aus ihrer Rolle als Charlotte Ritter in der Erfolgsserie „Babylon Berlin“ und auch Jannis Niewöhner ist bereits in einigen großen Film- und Serienproduktionen zu sehen gewesen. Er könnte Dir bekannt vorkommen, wenn Du beispielsweise „Narziss und Goldmund“ oder „Cortex“ gesehen hast. Für die Romanverfilmung Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull standen sie gemeinsam vor der Kamera. Im featured-Interview haben wir mit ihnen über ihre Rollen, den Roman und ihre Leidenschaft für die Schauspielerei gesprochen.
Stellt bitte kurz Eure Rollen vor.
Jannis: Felix Krull ist immer wieder in neuen Rollen und an immer wieder neuen Orten, die er braucht. Er braucht die Abwechslung und dadurch braucht er auch die Unabhängigkeit, merkt aber, dass die Liebe, die er kennenlernt, ihn auch abhängig machen könnte und muss sich entscheiden.
Liv Lisa: Meine Figur ist eine sehr freiheitsliebende Frau, die sich aber aus existenziellen Gründen von Sicherheitsfragen leiten lässt.
Was können die Zuschauenden von diesem Film erwarten?
Jannis: Vor allem – wir haben den Film gestern in München noch einmal gesehen – tatsächlich einen richtigen Kinofilm. Es gibt einfach Filme, die sollte man nicht auf einem kleinen Bildschirm anschauen. Weil der auch etwas Altmodisches hat, aber nicht altbacken ist. Die Zuschauenden können sich auch auf ganz tolle Musik, Wahnsinnsbilder und interessante Charaktere freuen.
Liv Lisa: Ich empfehle auf jeden Fall den Film im Kino zu sehen, denn er ist wirklich toll auf der großen Leinwand. Man kann sich auf einen tollen Jannis Niewöhner freuen, auf einen tollen David Kross. Alle sind einfach super.
Jannis: Was man auf jeden Fall noch sagen kann, ist, dass es eine Romanverfilmung ist, die dem Werk schon treu bleibt. Dadurch, dass wir Daniel Kehlmann, der Thomas Mann sehr gut kennt, als Drehbuchautor hatten und die Sprache auch ins Drehbuch bringen konnte, hat das gut geklappt. Aber es ist auch ein Film, der sich traut wegzugehen vom Original oder ihm noch etwas hinzuzufügen.
Habt Ihr das Buch denn gelesen?
Jannis: Ja, ich hab’s gelesen mit, ich glaube, Achtzehn, weil es mir damals von meinem Onkel geschenkt wurde, und ich hab es sehr gemocht.
Was genau hat Dir daran so gut gefallen?
Jannis: Gerade die Rolle von Felix Krull hat mir gefallen. Er ist es auch, bei dem ich denke, dass sich die Menschen mit ihm verbinden können. So wie mit der Geschichte. Weil sich jede:r in ihr wiederfindet oder wiederfinden will. Da ist ein großes Wort im Buch: Lebenssehnsucht. Also einfach eine ungeheure Lust aufs Leben zu haben und alles, was dazugehört. Inklusive der ganzen unterschiedlichen Charaktere, die einem währenddessen begegnen und einen inspirieren. Und natürlich die Charaktere, in die man selbst schlüpft. Deshalb mochte ich das Buch so gern.
Liv Lisa: Ich habe das Buch auch in meiner Jugend gelesen. Für die Ausarbeitung meiner Rolle als Zaza ist es allerdings gar nicht so wichtig. Gerade sie wurde ja für den Film so unglaublich vergrößert und ausgearbeitet, was ich gut fand.
Warum?
Liv Lisa: Naja, ich finde es insofern einfach interessant, weil sie eine Frau ist und dabei auch draufzuschauen, was sie bewegt. Gerade im Zusammenspiel mit Krull und Venosta. Was sind da Themen, die für sie wichtig sind? Und das finde ich, jetzt im Jahr 2021, schon interessant, da noch eine Frauenfigur hinzuzudichten, die gleichauf ist mit den Männerfiguren. Das finde ich einfach sehr zeitgemäß.
Gerade Du, Liv Lisa, kennst das ja bereits aus Babylon Berlin – wie fühlt es sich an, wieder in die Kleidung vom Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hineinzuschlüpfen?
Liv Lisa: Es fühlt sich schon anders an. Gerade durch das Korsett. Also, auf diese Erfahrung könnte ich gerne verzichten – nicht so gut atmen zu können, während man spielt. Aber es war auch ganz toll. Vor allem der große Hut hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die gesamte Ästhetik der Mode und der ganzen Zeit finde ich einfach eine Augenweide. Auch die Kollegen in den Kostümen zu sehen, war wirklich schön.
Jannis: Es macht immer Spaß, historisch zu spielen, weil es natürlich auch in einem etwas ganz Kindliches berührt. Ich habe mich als Kind wahnsinnig viel verkleidet und liebe das immer noch. Es macht einfach etwas mit einem, sobald man in einem Smoking ist. Automatisch wird die Spiellust angeregt. Das macht einfach Freude.
Gute Überleitung, denn bei Felix Krull geht es ja um die Illusion und Schauspielern schlägt ja in die gleiche Kerbe. Wieso schauspielert Ihr?
Jannis: Naja, ich glaube, Felix schafft natürlich eine Illusion für andere. Aber das ist nur dadurch möglich, dass er selbst an die Realität und die Person, die er darstellt, glaubt. Das ist ja so erfüllend für ihn. Also, dass er wirklich in eine andere Welt eintaucht und die Welt durch die Illusion anders erfährt. Und das gibt einem das Schauspielern eben auch. Es ist wirklich ein Perspektivwechsel und Anteile in einem, die man durch eine Rolle nochmal stärker spüren kann, treten hervor.
Liv Lisa: Für mich ist es, glaub ich, nur in zweiter Instanz eine Illusion. Also natürlich fiktiv, weil die Figuren fiktiv sind, die ich zum Teil spiele. Aber es ist für mich auch eine Auseinandersetzung mit dem Menschsein, gerade bei Felix Krull. Es geht ihm ja um den Schein und die Frage, warum das Menschen überhaupt machen. Der Schein ist für mich auch nur die Oberfläche. Fragen wie Freiheit oder Sicherheit liegen unter diesem Mantel. Beim Spielen gibt es natürlich auch Maskeraden, hinter denen man sich versteckt, es geht aber vor allem darum, spürbar zu machen, was hinter der Illusion steckt. Das ist für mich in der Arbeit ein wichtiger psychologischer Effekt. Da kommt sehr viel Realität und Fiktion zusammen. Meine Herangehensweise ist also die, als wäre das alles nun real.
Letzte Frage: Wie würde Felix Krull heute vorgehen?
Jannis: Er würde auf jeden Fall kein Instagram haben. Naja, das Schöne ist ja, dass der Film zwar in einer anderen Zeit spielt, aber auch das ist ein Grund, warum wir uns alle damit verbinden können – das, was die Menschen antreibt, ist nämlich gar nicht so unterschiedlich in den einzelnen Jahrzehnten. Wahrscheinlich wäre Felix Krull heute der, der er damals auch war.
Liv Lisa: Ein total schöner Schluss!
Vielen Dank für das Gespräch!
Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull | |
Genre: | Komödie |
Bundesstart: | 2. September 2021 |
Laufzeit: | 114 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren freigegeben |
Regie: | Detlev Buck |
Drehbuch: | Daniel Kehlmann, Detlev Buck |
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