TV & Entertainment
Barbie | Kritik: Bye perfekte Welt, hallo ungeschönte Wirklichkeit!
Glänzendes Haar, schmale Taille und lange Beine: Die traditionelle Barbie-Puppe verkörpert seit 1959 eine schier unerreichbare Perfektion. Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig will nun in ihrem Film „Barbie“ damit aufräumen. Ob ihr das mit der bitterbösen Komödie gelingt, erfährst Du in unserer Kritik zu Barbie.
Barbie (Margot Robbie) führt in Barbieland das perfekte Leben. Als stereotypische Barbie steht sie jeden Morgen mit perfekter Frisur auf, läuft auf High-Heels durch ihr Barbiehaus und braust mit ihrem pinken Cabrio zum Strand, um ihre Freundinnen und die Kens zu treffen. Dabei wird sie immer vom platinblonden Ken (Ryan Gosling) angehimmelt. Alles scheint perfekt zu laufen, bis sie während einer Party ihren Freund:innen die Frage stellt, ob sie auch schon einmal an den Tod gedacht hätten. Das geht natürlich gar nicht, denn düstere Gedanken sind in der perfekten Barbie-Welt Tabu. Von nun an geschehen merkwürdige Dinge in Barbies Leben. Sie wacht beispielsweise nicht mehr perfekt zurechtgemacht auf, das Frühstück gelingt nicht mehr – alles scheint aus den Fugen geraten zu sein. Um wieder alles perfekt werden zu lassen, sucht sich Barbie Hilfe bei der seltsamen Barbie (Kate McKinnon). Diese erklärt ihr, dass das Problem in der echten Welt verwurzelt ist und mit ihrer Besitzerin zusammenhängt. Kurzerhand macht sich Barbie gemeinsam mit Ken auf nach Los Angeles und entdeckt, dass die echte Welt nicht einmal im Ansatz so perfekt ist wie Barbieland. Während Barbie nach ihrer Besitzerin und sich selbst sucht, entdeckt Ken das Patriarchat mit ungeahnten Folgen für Barbieland.
Barbieland: Eine fast perfekte Welt in Pink
Selbst wenn Du nie mit Barbies gespielt hast, kennst Du wahrscheinlich die Puppen und auch das Image, das ihnen bis heute anhaftet: Perfekte Frauen, die alles schaffen können. Präsidentin-Barbie, Ärztin-Barbie und Anwältin-Barbie sind dabei nur ein paar Beispiele, die ebenfalls im Film auftreten. Und wie kann es anders sein – sie alle wohnen natürlich auch in Barbieland. Während die ersten zwanzig Minuten mit allen Klischees der pink-perfekten Barbiewelt gespickt sind, widmet sich Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig („Lady Bird“ oder „Little Women“) im Anschluss dem Zusammenprall von Perfektion und Realität.
In der Welt, in der die Barbies leben, läuft alles nach bester Ordnung. Wäre da nicht von Anfang an die Erzähl-Stimme aus dem Off, die uns aus der scheinbaren Idylle reißt. Sie wirft Dir als Zuschauer:in immer wieder sarkastische Kommentare zu. Unter anderem macht sie sich darüber lustig, dass Barbies in der pinken Scheinwelt alles erreichen können, es in der echten Welt eben nicht so ist. Die Stimme merkt an, dass Männer die reale Welt dominieren und Gleichstellungsprobleme durch die perfekten Barbies nicht aus der Welt geschaffen werden können. Barbie lernt das aber erst, als sie selbst in Los Angeles ankommt.
Ein Realitätscheck für Barbie
Bereits im Trailer wird Dir gesagt, dass der Film sowohl etwas für Fans als auch für Hater der weltweit erfolgreichen Puppe sein wird. Wir finden: Der knapp dreiminütige Clip hat nicht übertrieben. Als Fan wirst Du Dich an den vielen klassischen Barbie-Elementen wie den unterschiedlichen Barbies, Barbie-Häusern und dem durchaus charmanten Humor erfreuen. Während Du als kritische:r Kinogänger:in vor allem das Spiel mit eben genannten Elementen und Seitenhiebe auf Barbie sowie dem dahinterstehenden Konzern Mattel genießen kannst. Letzteres ist besonders der Fall, wenn Barbie auf die männlich dominierte Chefetage von Mattel trifft. Die Männer rund um den CEO, der von Will Ferrell gespielt wird, trauen Frauen nichts zu. Statt zuzugeben, dass Frauen ihrer Meinung nach nichts in der Führungsriege zu suchen haben, beschwichtigen sie Barbie damit, dass es vor Urzeiten bereits zwei Frauen in der Chefetage gab. Das ist äußert lachhaft, denn zu sehen sind in dieser Szene eben nur Männer.
Dich erwartet bei Barbie alles andere als eine leichtgängige Komödie, die nur mit Klischees spielt und zwei Stunden lang ein pinkes Plastikfeuerwerk zündet. Greta Gerwig geht mit einem feministischen Ansatz an die Story heran und reift Figuren aus. Wir finden, dass genau das Barbie so sehenswert macht.
Greta Gerwig: Die besten Filme von und mit der Barbie-Regisseurin
Wir haben uns bei GigaTV einmal angeschaut, warum der Barbie-Film so kontrovers ist. Jetzt reinschauen:
Gesellschaftskritik auf den Punkt gebracht
Greta Gerwig schafft es, Gesellschaftskritik unglaublich humorvoll in den Film einzubetten. Dafür versetzt sie die perfekte Barbie in ihr untypische Situationen: Ihr passen plötzlich die High-Heels nicht mehr und alle Barbies schreien, als wäre das der Untergang. Für uns ein klarer Seitenhieb auf die absurden Schönheitsideale in unserer Welt. Noch deutlicher wird die Gesellschaftskritik, als Bauarbeiter ihr in der echten Welt hinterherpfeifen. Unsere perfekte Barbie bekommt es mit Objektivierung und Catcalling zu tun. Barbie reagiert auf solche Situationen zunächst naiv, später schlagfertig. Eine Entwicklung, die uns gefällt. Rundum ist der Barbie-Film wunderbar bissig und zeigt auf, was nach wie vor in der Realität schiefläuft.
Die Komödie ist dadurch eher ein Film für Erwachsene, denn Barbie ist zwar bereits ab sechs Jahren freigegeben, so richtig viel Freude werden jüngere Kinogänger:innen aber allerhöchstens an den Kostümen und dem klassischen Barbie-Schnickschnack haben. Und natürlich an Margot Robbie als Barbie. Sie verkörpert die Puppe zunächst mit all ihrer Perfektion, nur um ihr dann durch (kaum geschminkte) brillante Mimik immer mehr Tiefgang zu verleihen. Gleiches gilt für Ryan Gosling – Ken wird durch sein Spiel mehr als nur ein Typ mit Waschbrettbauch. Er zeigt Verletzlichkeit, was eine wichtige Ebene ist, um den Film voranzutreiben.
Barbie in der Kritik: Unser Fazit
Barbie war für uns einer der heiß erwarteten Filme des Kinosommers und wir wurden nicht enttäuscht. Greta Gerwig spielt in der bitterbösen Komödie bewusst mit Klischees und unseren Lachmuskeln. Der Streifen ist definitiv ein Film für Dich, wenn Du Lust auf eine sarkastische Gesellschaftssatire hast und Dich das viele Pink nicht abschreckt. Dazu musst Du nicht einmal Barbie-Fan sein!
Du kannst es kaum abwarten, bis Du den Blockbuster im Heimkino schauen kannst? Wir verraten Dir mehr:
Alle Infos zum Streaming-Start von Barbie mit Margot Robbie
Genre: | Komödie |
Bundesstart: | 20. Juli 2023 |
Laufzeit: | 115 Minuten |
FSK: | Ab 6 Jahren freigegeben |
Regie: | Greta Gerwig |
Drehbuch: | Greta Gerwig, Noah Baumbach |
Mit „Oppenheimer” läuft zeitgleich ein sehr unterschiedlicher Film gleichzeitig im Kino an. Wir haben uns im Quadrataugen-Podcast beide Streifen einmal genauer angeschaut und verraten Dir unsere Meinung . Jetzt reinhören:
Du spielst zwar nicht mehr mit Barbie-Puppen, bist aber trotzdem sehr gespannt auf den Film? Verrate uns in den Kommentaren, ob und warum Du Dir bereits Kinokarten für den Streifen gekauft hast.