Rhine Clean Up Day
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Rhine Clean Up Day: “Wir wollen die Leute zum Grübeln bringen” – Die Gründer Ingo Lentz und Joachim Umbach im Interview

Während sein­er Reise nach Sin­ga­pur faszinierte Ingo Lentz die Sauberkeit der Stadt. Seine Heimat Düs­sel­dorf ließ sich damit kaum ver­gle­ichen. Daher fasste er 2018 den Entschluss, seinen neu ent­stande­nen Anspruch an die Sauberkeit ein­er Stadt auch in Düs­sel­dorf zu real­isieren. Zusam­men mit seinen Kol­le­gen Joachim Umbach, Dr. Klaus Vor­gang und Thomas De Groote, ver­wirk­lichte er die Ini­tia­tive „Rhine Clean Up Day“. Ver­gan­ge­nes Jahr haben bere­its 10.000 Men­schen geholfen, den Rhein an ver­schiede­nen Stellen Deutsch­lands von Müll zu befreien. In diesem Jahr wird auch Voda­fone die Aktion unter­stützen und mit einem Team in Düs­sel­dorf teilnehmen.

Zur diesjähri­gen Rhine Clean Up Day-Aktion am 14. Sep­tem­ber haben wir mit zweien der Grün­der, Ingo Lentz und Joachim Umbach, über die Ziele des Rhine Clean Up Days und ihre Hal­tung zum Umweltschutz gesprochen. So war der Rhine Clean Up Day für uns in Düsseldorf:

Wie kam es zum Rhine Clean Up Day?

Ingo Lentz: Die dama­lige Stadt­spitze Düs­sel­dorfs beschloss in den 90ern gemein­sam mit Vertretern der Messe etwas Konkretes für die Sauberkeit der Stadt zu tun. Anfangs, 1997, war das noch eine hochkarätige Wer­bekam­pagne, die sich eine aus den USA stam­mende Anti-Rauch­er-Kam­pagne zum Vor­bild nahm. Demzu­folge musste der, der Schmutz macht, „der Böse“ und der, der den Schmutz auf­sam­melt, ein Held sein. Das ist noch heute unser Grundgedanke, obwohl es langsam zur Selb­stver­ständlichkeit zu wer­den scheint. Aus dieser Kam­pagne ent­stand, auf Wun­sch von vie­len Düs­sel­dor­fern, der erste Dreck-weg-Tag 1999.

2018 real­isierte ich dann zusam­men mit Joachim Umbach, dem früheren Chefredak­teur der Neuen Ruhr Zeitung und der Schwäbis­chen Zeitung, und meinen Kol­le­gen, Dr. Klaus Vor­gang und Thomas De Groote, die Ini­tia­tive Rhine Clean Up. Ziel ist es, das Ufer des Rheins von der Quelle bis zur Mün­dung von Müll zu befreien. 2018 lief die Rhine Clean Up-Aktion unter der Flagge der gemein­nützi­gen Organ­i­sa­tion Pro Düs­sel­dorf. Im Feb­ru­ar 2019 wurde dann eine gemein­nützige GmbH, die Rhine Clean Up gGmbH, gegründet.

Welche Ziele verfolgt Ihr mit dem Rhine Clean Up Day?

Joachim Umbach: Natür­lich kann man mit ein­er ein­tägi­gen Müll­sam­me­lak­tion nicht die ganze Welt ret­ten. Durch unsere Aktion soll vielmehr eine Bewusst­seinsverän­derung her­beigerufen wer­den. Die Men­schen sollen zum Nach­denken bewegt wer­den, wie sie mit ihrem Abfall richtig umge­hen. Per­spek­tivisch haben wir allerd­ings noch weit­ere Über­legun­gen: So möcht­en wir uns in den näch­sten Jahren auch mit dem The­ma Mül­lver­mei­dung auseinandersetzen.

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Wie wird denn der Rhine Clean Up Day am 14. September konkret ablaufen?

Joachim Umbach: Vor­ab melden sich die inter­essierten Samm­ler über unsere Web­site an, sodass wir genü­gend Mate­r­i­al zum Aufräu­men organ­isieren kön­nen. In Düs­sel­dorf wer­den wir am 14. Sep­tem­ber ab 10 Uhr an vier zen­tralen Sam­mel­stellen vertreten sein: An der Oberkas­sel­er Brücke, Rheinkniebrücke, Theodor-Heuss-Brücke und am Paradiesstrand. Dort gibt es dann Mate­ri­alaus­gabestellen, wo Hand­schuhe, Müll­säcke und - in einzel­nen Fällen - auch Greifer verteilt wer­den. Die Greifer gibt’s lei­der nicht für alle, denn die kosten ordentlich Geld. Gle­ichzeit­ig fungieren die Sam­mel­stellen auch als Abhol­stelle, an denen die Düs­sel­dor­fer Abfall­wirtschaft „Awista“ nach der Aktion die Müll­säcke abholen wird. Während der Aktion kön­nen die Samm­ler ganz indi­vidu­ell sam­meln gehen und, je nach Lust und Laune, nach ein, zwei oder drei Stun­den wiederkommen.

Ingo Lentz: Wer in den Düs­sel­dor­fer Stadt­teilen Kaiser­swerth oder Wit­tlear wohnt, kann natür­lich auch dort sam­meln. In Kaiser­swerth gibt es eine Aus­gabestelle, die der dor­tige Ini­tia­tivkreis betreut. Vom 11. bis zum 13. Sep­tem­ber wer­den außer­dem jew­eils von 10 bis 16 Uhr Mate­ri­alien im Atri­um der Stadtsparkasse, Berlin­er Allee 33, verteilt.

Habt Ihr neben dem Rhine Clean Up Day noch andere Aktionen veranstaltet?

Joachim Umbach: Jet­zt im August haben wir die Rheinkip­pen-Aktion in Düs­sel­dorf ver­anstal­tet. Es ist ein Prob­lem, dass es zu wenige Abfall­be­häl­ter zur Entsorgung von Zigaret­tenkip­pen gibt. Das Bewusst­sein für die Schädlichkeit von Zigaret­tenkip­pen, die über die Kanal­i­sa­tion in die Flüsse und von dort aus in die Meere gelan­gen, ist noch nicht vorhan­den. Also ich möchte keinen Fisch mit Kip­pen essen!

Durch den Dreck-Weg-Tag vor sechs Jahren geri­et der Par­tymüll infolge des Grill­booms ins öffentliche Visi­er. Heute ste­hen da dank des Engage­ments der Stadt Düs­sel­dorf alle 200 Meter auf den Rhein­wiesen und am Paradiesstrand große Müll­con­tain­er. Ide­al wäre es natür­lich, die Leute dazu zu bewe­gen, über­haupt weniger Müll zu pro­duzieren und weniger Plas­tik zu nutzen.

Ingo Lentz: Unser Köl­ner Fre­und Mario Merel­la ist Grün­der von „Toba Cycle“ und das ist eine echt span­nende Sache: Mit seinem gemein­nützi­gen Vere­in hat er ein Sam­mel­sys­tem für Zigaret­tenkip­pen geschaf­fen.  Die Zigaret­tenkip­pen wer­den hier­bei rest­los ver­w­ertet, auch die Asche und die Gift­stoffe. Alles wird zu einem spritzfähi­gen Gran­u­lat ver­ar­beit­et, aus dem dann die Behäl­ter für das Sam­mel­sys­tem hergestellt wer­den. Diese wiederum kön­nen wieder recycelt wer­den, was zu einem geschlosse­nen Wert­stof­fkreis­lauf führt. Merel­la macht aus den schädlichen Kip­pen etwas Nutzbares und hil­ft dabei ein nicht zu unter­schätzen­des Umwelt­prob­lem zu bekämpfen.

Wie viel Müll wird denn an einem Rhine Clean Up Day eingesammelt?

Joachim Umbach: Ver­gan­ge­nes Jahr haben wir in 59 Städten mit 10.000 Leuten fast 120 Ton­nen Müll gesam­melt. Da wir mit­tler­weile in 100 Kom­munen aktiv sind, gehe ich davon aus, dass wir dieses Jahr zwis­chen 200 und 300 Ton­nen Müll sam­meln wer­den. Trotz­dem ist der gesam­melte Müll natür­lich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Am wichtig­sten ist uns das Sig­nal, das wir in die Welt senden und so Bewusst­sein für das Müll­prob­lem schaf­fen. Wir wollen die Leute zum Grü­beln bringen.

Was findet man da so Interessantes bei der Müllsammelaktion?

Joachim Umbach: Das ist schon erstaunlich, was man da alles find­et. Es gibt nichts, was nicht im Rhein lan­det: Fahrräder, Kühlschränke mit den Kühlmit­teln - ganz gefährlich! - Autor­eifen, gold­ene Uhren, vergessene und gefüllte Kof­fer, sog­ar alte Hand­granat­en. Bei solch kri­tis­chen Fun­den sind die Samm­ler jedoch instru­iert, die Polizei oder Feuer­wehr einzubeziehen. Man muss beacht­en: Jed­er sam­melt auf eigene Gefahr. Acht­samkeit ist hier­bei gefragt, um sich vor solch gefährlichen Fun­den zu schützen. Generell sollte auch nicht zu nah am Wass­er gesam­melt wer­den. Schon gar nicht auf den Buh­nen, wo die Strö­mungen des Rheins so stark sind, dass diese viele Schwim­mer im Som­mer mit ihrem Leben zahlen. Viel zu Sam­meln gibt es beispiel­weise in den Böschun­gen der Brücken.

Umweltschutz ist medial ein verbreitetes Thema. Meint Ihr, dass aktuell bereits ein Umdenken stattfindet oder benötigt es noch mehr Aufmerksamkeit, wie durch den Rhine Clean Up Day?

Ingo Lentz: Ja, da bewegt sich was. Das Ange­bot an Müll­sam­me­lak­tio­nen und die Nach­frage danach wer­den immer größer. Aber es stellt sich gle­ichzeit­ig auch die Frage: Wo kann man wirk­lich etwas bewe­gen? Der richtige Ansatz, das Bewusst­sein der Men­schen zu verän­dern, ist hier­bei vor allem wichtig.

Joachim Umbach: Ich glaube festzustellen, dass im Ver­gle­ich zum ver­gan­genen Jahr bere­its eine Verän­derung stattge­fun­den hat. 2018 waren wir mit unser­er Aktion noch die Exoten, dieses Jahr sind die Rück­mel­dun­gen pos­i­tiv­er und wir bekom­men viel Hil­fe ange­boten. Nicht nur die jün­gere Gen­er­a­tion ist inter­essiert, auch die ältere ist immer ambitionierter.

Was sind Eure Wünsche hinsichtlich des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit für die Zukunft? 

Ingo Lentz: Für den Prozess des Umdenkens muss die Menge der Bürg­er mitgenom­men wer­den. Gle­ichzeit­ig ist auch der Ein­satz von Fir­men und Organ­i­sa­tio­nen wichtig sowie Koop­er­a­tio­nen mit Aktio­nen wie unser­er. Hier­bei sollte beson­ders darauf geachtet wer­den, dass diese Koop­er­a­tio­nen authen­tisch bleiben. Der Aspekt der Nach­haltigkeit und nicht die Verkaufs­förderung sollte hier im Vorder­grund stehen.

Worauf sollte man denn den Fokus legen, wenn die Menge bewegt werden muss?

Joachim Umbach: Es braucht Druck. Ohne Druck bewegt sich nichts. Mit­tler­weile haben wir Druck, durch die Medi­en, durch Fri­days for Future und natür­lich durch die Ein­bindung der Poli­tik, auch bei unser­er Aktion. Mit diesem Druck müssen wir jet­zt etwas bewe­gen. Als Thomas De Groote ver­gan­ge­nes Jahr nach den 59 erre­icht­en Städten, als näch­stes 100 Städte in Angriff nehmen wollte, lächel­ten wir. Heute haben wir die 100 Städte erre­icht, die dieses Jahr am Rhine Clean Up Day teil­nehmen wer­den. Wir haben also Ver­trauen geschaffen.

Unsere Aktion kommt mit­tler­weile auch in der Poli­tik an. Die rhein­landpfälzis­che Umwelt­min­is­terin Malu Drey­er aus Mainz wird aktiv sein - und auch die Umwelt­min­is­ter und Min­is­terin­nen der Rheinan­lieger-Bun­deslän­der, Ursu­la Heinen-Ess­er, Franz Unter­steller, Ulrike Höf­fken, kon­nten wir dafür begeis­tern, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Sie alle wer­den am Rhine Clean Up Day dabei sein und in ihren Bun­deslän­dern mitsammeln.

Ingo Lentz: Wichtig ist es, lokal Fuß zu fassen. Das baut sich dann weit­er­hin nach oben auf, sodass wir dieses Jahr schon deutsch­landweit plakatieren und mit unser­er Aktion bun­desweit für Auf­se­hen sorgen.

Laufen am Rhine Clean Up Day neben dem Müllsammeln noch andere Aktionen?

Joachim Umbach: Es wird noch etwas ziem­lich Spek­takuläres passieren. Wir haben uns mit ein­er anderen Organ­i­sa­tion, der Pottwale e.V., zusam­menge­tan. Diese Düs­sel­dor­fer Ini­tia­tive küm­mert sich um das Wohl der Wale. Zusam­men mit bel­gis­chen Kün­stlern wird ein Pottw­al in Lebens­größe, ein 1:1-Nachbau aus ein­er Hartwachs-Sub­stanz, auf der Oberkas­sel­er Rhein­wiese platziert wer­den. Diese Aktion ist ein Sym­bol für die Veren­dung der Tiere an Plas­tik­müll. Auf Face­book haben bish­er 59.000 Leute für die Ver­anstal­tung zum Kunst­werk zuge­sagt. Da wird mir schon ein biss­chen schumm­rig – aber ob am Ende dann wirk­lich so viele Leute kom­men, das bezwei­fle ich.

Schaut Ihr denn zuversichtlich auf den kommenden Samstag?

Ingo Lentz: Wir haben ver­gan­ge­nes Jahr schon den richti­gen Weg gefun­den, daher wird dieses Jahr auch gut laufen!

Das glauben wir auch. Vielen Dank für das Interview. Wir sehen uns dann am 14. September beim Rhine Clean Up Day!

Bilder: Rhine Clean Up gGmbH 

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