Innovation & Technologie
Connecting4Good: Graviky Labs macht Tinte aus CO2
Feinstaub ist hierzulande ein Dauerthema. Doch wer aus indischen Metropolen anreist, dürfte in deutschen Großstädten erstmal tief durchatmen. In kaum einem anderen Land der Welt ist die Luftqualität so schlecht wie in Indien. Das Start-up Graviky Labs macht aus der Misere eine künstlerische Ressource: „Air Ink“ ist die erste Tinte aus 100 Prozent Luftverschmutzung. In #Connecting4Good erfährst Du heute, wie das Unternehmen Tinte aus CO2 herstellt.
Die Skyline von Neu Delhi verschwindet regelmäßig in einer dichten grauen Wolke: Smog macht den Bewohnern der indischen Hauptstadt immer wieder zu schaffen. Doch auch in anderen Großstädten Indiens schränken Feinstaub und Stickoxide die Lebensqualität massiv ein. Laut World Air Quality Index ist die Luftqualität vielerorts nicht nur ungesund, sondern sogar gefährlich. Während Forscher und Entwickler weltweit an Lösungen zur Vermeidung von Emissionen arbeiten, hat ein indischer Erfinder das Problem von einer anderen Seite betrachtet und kam laut der Website von Graviky zu der Erkenntnis: „Verschmutzung ist nichts anderes als eine Ressource, die wir nicht nutzen.“
Air Ink: Die erste Tinte aus 100 Prozent Luftverschmutzung
Bei einem Spaziergang durch Bangalore bemerkte Anirudh Sharma, dass sich sein Hemd gräulich verfärbte. Mit den Fingern konnte er die Rußpartikel wie beim Malen verschmieren und schon war die Idee der Air Ink geboren, die erste Tinte, die vollständig aus Luftverschmutzung hergestellt wird. Anirudh gründete das Start-up Graviky Labs und tüftelte in Zusammenarbeit mit der MIT Media Lab India Initiative an einem Verfahren, bei dem er den kohlenstoffhaltigen Ruß aus der Luft filtern und recyceln kann. Das Ergebnis nach drei Jahren Arbeit ist eine innovative Technologie, die Kohlenstoffpartikel von Autoabgasen, Kaminen, Dieselgeneratoren und anderen Schadstoffquellen erkennt und als Ressource für die Air Ink nutzbar macht.
Technologie für saubere Luft: Graviky Labs recycelt CO2
Anfangs fuhr Anirudh mit einem präparierten Dieselauto durch die Stadt, bei dem ein Schlauch vom Auspuff direkt in ein großes Sammelgefäß führte. Nach unzähligen Tests und Versuchen konnte er die Technik auf ein handliches, nachrüstbares Modul schrumpfen, das direkt auf den Auspuff gesteckt wird. Der sogenannte Kaalink-Aufsatz erkennt mit verschiedenen Sensoren ultrafeine Kohlenstoffemissionen. Die gesammelten Rußpartikel werden anschließend in einem mehrstufigen Filterverfahren gereinigt. Toxische Stoffe wie Schwermetalle und krebserregende Bestandteile werden entfernt, sodass lediglich unbedenkliche Kohlenstoffpigmente übrig bleiben. Je nach gewünschtem Endprodukt kommen dann verschiedene Zusatzstoffe hinzu, mit denen die CO2-Tinte zum Beispiel für Stifte, Lacke, ölbasierte Farben und Spraydosen genutzt werden kann.
Eine künstlerische Ressource aus Smog
Neben dem urbanen Verkehr ist vor allem die Kohleindustrie für die dicke Luft in indischen Metropolen verantwortlich. Indien ist nach China und den USA der drittgrößte CO2-Verursacher der Welt. Der meiste Strom wird weiterhin aus Kohle gewonnen. Zumindest am Rohstoff für die Air Ink wird es also auch in Zukunft nicht mangeln. Anirudh sieht seine Innovation von der pragmatischen Seite: „Die Tinte wird aus Abgasen hergestellt, die sonst unsere Lungen verschmutzen würden“, sagt er. Ein durchschnittlicher Air-Ink-Stift mit 30 Millilitern Tinte soll rund 45 Minuten Abgasluft enthalten. Was ein Auto auf einer Strecke von zehn Kilometern emittiert, reicht, um eine ganze Druckerpatrone zu füllen.
Ein „chronischer Erfinder“ mit langem Atem
Das Kaalink-Filtermodul hat Anirudh bereits zum Patent angemeldet und nutzt die Prototypen in den hauseigenen Laboren. Das erste gedruckte Muster aus Air Ink entstand 2015. Trotz erfolgreicher Kickstarter-Finanzierung im Oktober 2017 ist die Luft-Tinte noch nicht im Handel erhältlich, diente aber bereits bei weltweiten Kunstprojekten als künstlerisches Werkzeug und war testweise in Finanz-, Kleidungs- und Verpackungsfirmen im Einsatz. Künftig soll die Air Ink auch an Druckereien geliefert werden, die dann nicht nur CO2-neutrale, sondern sogar CO2-negative Produkte anbieten könnten. CO2-negativ heißt, dass mehr kohlenstoffhaltige Schadstoffe in der Tinte gebunden werden, als während des Produktions- und Druckprozesses entstehen.
Anirudh bezeichnet sich laut Heise.de selbst als „chronischen Erfinder“ und hat vor der Air Ink schon andere wegweisende Ideen realisiert. Seine erste erfolgreiche Innovation waren smarte Schuhe für Blinde, die ihrem Träger über Sensoren und kleine Kameras vermitteln, wo er langlaufen muss.
Mit seinem Erfindergeist und seinen unerschöpflichen Ideen ist Anirudh definitiv auf einem guten Weg, die Welt ein Stückchen sauberer, lebenswerter und zukunftsfähiger zu machen.
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Wie gefällt Dir die Idee von Graviky Labs? Würdest Du auch gerne mit der Air Ink kreativ werden? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!