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Wolcen angespielt: Ein Top-Game, das noch keines ist
Seit dem 13. Februar 2020 ist das Action-Rollenspiel Wolcen: Lords of Mayhem endlich veröffentlicht. Damit beenden die Entwickler eine Beta-Phase, die sich über Jahre hinweg zog. Wir haben uns das gehypte Hack-and-Slay direkt zum Release vorgenommen und bereits ausführlich gespielt. Ob sich der Kauf des Diablo-3-Konkurrenten (schon) lohnt, erfährst Du hier.
Freiheit direkt zum Start
Grundsätzlich ist Wolcen ganz im Stil von Diablo 3 und Path of Exile gehalten. Heißt: Wir erlegen reihenweise Monster und sind immer auf der Jagd nach stärkerer Ausrüstung – das Ganze aus isometrischer Perspektive natürlich. Das Indie-Spiel orientiert sich zwar eindeutig an den Top-Vertretern des Genres, geht an vielen Stellen aber auch eigene Wege. Mittlerweile haben wir über 20 Stunden in dem Spiel verbracht und verschiedene Skillungen durchprobiert. Da wir auch den Online-Modus antesten wollten, sind wir aber etwas später ins Spiel eingestiegen als geplant.
Immerhin gibt es einen Offline-Modus, in dem Du Dich auch alleine austoben kannst. Also haben wir zunächst hier einen Charakter erstellt. Sehr Schön: Das Aussehen ist nicht festgelegt. Sowohl Geschlecht als auch Frisur, Gesicht und Augenfarbe kannst Du selbst auswählen. Viele Optionen gibt es jedoch nicht. Anschließend ein Starter-Set für Zauber, Nahkampf oder Fernkampf ausgewählt und schon geht’s los. Großer Vorteil gegenüber anderen Spielen dieser Art: Entscheidest Du Dich in Wolcen Sekunden (Stunden, oder Tage) nach dem Spielstart doch noch, einen Krieger statt Magier zu spielen, kannst Du jederzeit problemlos wechseln.
Derzeit ist das Spiel für den PC über Steam erhältlich. Mit einer schnellen Internet-Leitung ist der Download von über 20 GB für den Titel auch schnell erledigt. Die Entwickler versprechen für die Zukunft Controller-Support. Wird Wolcen ein großer Erfolg, sind Portierungen für PlayStation 4 und Xbox One also ebenso möglich – offiziell ist hierzu aber noch nichts bekannt. Mehr über das Action-Rollenspiel erfährst Du kompakt in unserem Preview-Video zu Wolcen: Lords of Mayhem:
Holprige Veröffentlichung
Einen guten Start hatten die Entwickler am 13. Februar 2020 nicht. Wenn Du so wie wir zum Release von Wolcen online spielen wolltest, hast Du womöglich schon die ersten Höhen und Tiefen miterlebt. Zunächst dauerte es ewig, sich auf den Servern einzuloggen. Als wir diesen Schritt freudig hinter uns gebracht hatten, haben wir sofort versucht, ein neues Spiel zu erstellen und mit dem ersten Charakter zu starten. Leider schlug dieser Vorgang immer wieder fehl und nach zwei Stunden voller erneuter Versuche haben wir den Online-Modus vorerst komplett aufgegeben. Offenbar war der Indie-Entwickler nicht auf ganze 90.000 Spieler vorbereitet, die gleichzeitig ins Spiel wollten. Es kam dadurch wohl zu einem großen Server-Crash.
Am Freitag, dem 14. Februar, entschied sich Wolcen Studios daraufhin, die Server für Wartungsarbeiten offline zu nehmen. Anschließend verlängerten die Entwickler immer wieder die angekündigte Auszeit. Letztendlich waren die Server somit nahezu das gesamte Wochenende nach Release nicht erreichbar. Erst am späteren Sonntagabend liefen sie wieder. Auf Twitter und Reddit machten viele Nutzer ihrem Ärger Luft.
Trotz des mehr als holprigen Starts stürzten sich sogar knapp 130.000 Menschen in den Online-Modus von Wolcen, als dieser wieder verfügbar war. Trotz Serverausfall ist die Spielerzahl also sogar noch einmal angestiegen (und glücklicherweise ist der Multiplayer nun halbwegs stabil). Zumindest dieses hohe Interesse an dem Hack-and-Slay-Titel deutet also auf einen Hit hin. Und das ist das Action-RPG in unseren Augen auch – oder zumindest ist das Potenzial da.
Die Story: Worum ging es noch gleich?
Einige Passagen des Spiels haben wir bereits mehrmals besucht. So wirklich möchte die Story von Wolcen aber dennoch nicht bei uns hängen bleiben. Das heißt nicht, dass die Geschichte schlecht ist. Der Hauptcharakter ist einer der drei „Kinder von Heimlock” und wurde vom gleichnamigen Großinquisitor als Kind gerettet, aufgezogen und in der Kampfkunst geschult. Heimlock will die Menschen als eine Front vor dem Übernatürlichen vereinen. Gerade deshalb steht diese Fraktion unserem Helden kritisch gegenüber, als dieser sich im Kampf mit einem Dämon selbst in ein mächtiges übernatürliches Wesen verwandelt.
Während der Auseinandersetzung entzieht der Dämon unserem Charakter jedoch die frisch gewonnene Macht. Nach einem Sturz von der Klippe wacht dieser ohne Ausrüstung in einer Höhle auf – das Spiel beginnt. Ebenso wie das eindrucksvolle Intro wird die weitere Geschichte mit vielen vollvertonten Zwischensequenzen erzählt – das bieten die Platzhirsche Path of Exile und Diablo 3 zumindest in dem Umfang nicht. Im dritten Diablo-Teil gibt es immerhin längere gerenderte Zwischensequenzen, die durchaus eindrucksvoll sind. Leider tauchen diese nur sehr selten im Spielverlauf auf.
Eigentlich erwatet uns auch eine spannende und gut präsentierte Story (die nur leider im Verlauf etwas nachlässt), die sich über drei Akte mit den unterschiedlichsten Gebieten erstreckt. Wieso will die Story nicht wirklich hängenbleiben? Eine Theorie: Das fesselnde Gameplay selbst lenkt einfach von der Geschichte ab. Wir erwischen uns immer wieder beim Gedanken, die Story zu überspringen, um endlich weiterspielen zu können.
Das Gameplay: Gegner verdreschen mit mächtigen Skills
Für ein gutes Action-Rollenspiel benötigt es ein paar Zutaten: Flüssiges und spaßiges Monster-Schnetzeln, motivierende Loot-Spirale und abwechslungsreiche Umgebungen. All das liefert Wolcen bereits zum Start ab. So gibt es etwa viele unterschiedliche Skills, mit denen wir den Gegnern effektiv und kreativ nach dem Leben trachten können. Diese gibt es (zum Teil) bei einem Händler in der Stadt, Feinde lassen nach ihrem Ableben hin und wieder ebenfalls neue Fertigkeiten fallen. Je mehr wir spielen, desto breiter ist unser Angebot an Skills.
Vom klassischen Feuerball bis hin zu weitreichenden Ketten-Klingen und rotierenden Riesen-Hämmern erwartet Dich ein großes Arsenal an Fähigkeiten, mit dem Du auch ganze Horden in Sekunden vom Bildschirm putzen kannst. Alle Skills leveln zudem mit der Zeit auf. Hin und wieder erhältst Du dabei Punkte, mit denen Du Fertigkeiten anpassen kannst. Setzt Du die Punkte mit Bedacht, können Skills auch aufeinander aufbauen und so Combos mit hohem Schaden erzeugen.
Keine festgelegten Klassen
Der Vorteil bei der Fertigkeiten-Wahl: Jeder Charakter kann alle Skills erlernen. Beschränkungen im Einsatz gibt es nur teilweise. Einige Fähigkeiten erfordern eine Nahkampfwaffe, andere wiederum einen Bogen, Dolch oder Zauberstab. Durch einen sogenannten Katalysator, ein Item für die Nebenhand, können aber auch Nahkämpfer Magie wirken. Dafür verzichten sie allerdings auf einen Schild oder eine Zweitwaffe und generieren langsamer Willenskraft (nötig zum Zauberwirken).
So entstehen allerdings Hybrid-Charaktere, die zum Teil mächtig austeilen können: Kriegerfähigkeiten leeren etwa den Wut Balken und bauen Willenskraft auf. Magie reduziert wiederum den Willenskraft-Balken und baut Wut auf. Ein Kampfmagier kann also äußerst mächtig werden, da er ohne Verschnaufpausen abwechselnd mit Zaubern und Nahkampfskills angreifen kann. Beispiel gefällig? In unserem obigen Preview-Video zu Wolcen waren wir im Online-Modus zum Teil mit genau so einem Charakter als Begleiter unterwegs.
Mit jedem Level erhält Dein Charakter zehn Attributpunkte, die Du frei verteilen kannst. Außerdem bekommst Du einen Punkt für passive Skills spendiert. So kannst Du etwa Verteidigung oder Schaden stärken. Auch finden sich auf dem (anpassbaren) Fähigkeiten-Brett (teils zu) mächtige Perks, mit denen zum Beispiel Bogenschützen mit einem Schuss gleich mehrere Monster treffen können.
Fordernd und dynamisch
Wie für das Genre üblich, treffen wir in der Spielwelt zufällig auch auf besonders starke und herausfordernde Gegner. Wenn Du hier Dein Hirn ausknipst und stumpf angreifst, könnte Dein Charakter selbst am Ende im Staub liegen. Im Kampf hilft Dir nicht nur die richtige Takik, sondern auch Deine Leertaste. In Wolcen gibt es nämlich Ausweichrollen, mit denen Du besonders harten Schlägen ausweichen oder Dich in eine bessere Angriffsposition bringen kannst. Durch den schnellen Positionswechsel gewinnen Auseinandersetzungen an Dynamik und werden nicht langweilig.
Wobei Langeweile spätestens bei den Bossen Geschichte sein dürfte. Gerade die Akt-Endgegner haben es wirklich in sich und erfordern Deine Aufmerksamkeit. Es kann schon einmal passieren, dass Du mehrere Anläufe für einen Boss benötigst, da dessen Spezialattacken ganze Lebensbalken auf einen Schlag leeren können. Hier hilft nur gezieltes Ausweichen und der gekonnte Einsatz all Deiner Fähigkeiten. Wird es dennoch einmal eng, kannst Du auch noch die Aspekte der Apokalypse verwenden und Dich in eines von mehreren mächtigen Wesen (etwa einen Engel) verwandeln. Du teilst für kurze Zeit dann deutlich mehr Schaden aus. Solltest Du diese Kämpfe auch nach vielen Versuchen nicht gewinnen, gibt es noch einen Story-Modus, der das gesamte Spiel viel einfacher gestaltet.
Beute überall
Der Hauptmotivator von Wolcen ist natürlich der Loot, den uns das Spiel entgegenwirft. Überall in der Spielwelt warten Truhen auf uns, einige öffnen sich sogar erst, wenn wir bestimmte Gegner besiegt haben. Außerdem lassen auch Monster und sonstige Feinde neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände fallen. Grundsätzlich kann Dein Charakter alle Gegenstände tragen. Unterteilt sind diese aber in „Zauberer”, „Schurke”, Schläger” und „Schwer” – und verbessern für die jeweilige Rolle wichtige Werte. Ganz nach dem Vorbild von Diablo 3 und Path of Exile hat Beute unterschiedliche Qualtät. Gegenstände findest Du in (aufsteigend) Blau, Gelb und Orange. Noch mächtiger sind einzigartige Gegenstände mit Lila-Schriftzug.
Die Hatz nach der besten Ausrüstung funktioniert zumindest. Wie es sich für ein Action-RPG gehört, freuen wir uns immer sehr, wenn ein besonders seltener Gegenstand aus einem Feind herausplatzt.
Spielspaß versus Bugs und Balance
So positiv unsere Spielerfahrung zu Wolcen auch klingt: Von Perfektion ist der Titel leider noch ein Stück weit entfernt. Offenbar haben die Entwickler den Titel viel zu früh veröffentlicht. Zahlreiche Spieler beschweren sich in diversen Foren über die unterschiedlichsten Bugs. Mal steht uns eine unsichtbare Wand im Weg, hin und wieder will sich auch eine Tür nicht öffnen. Zudem hakt das Inventar häufiger und einige Klicks werden einfach nicht registriert.
Ein weiterer Fehler macht Fledermäuse zu unseren Erzfeinden: Mit Fernkämpfern lassen sich diese einfach nicht anvisieren. Abhilfe schaffen Skills mit Gebietsschaden. Die helfen auch dann weiter, wenn ein wichtiger Quest-Gegner in einer Wand feststeckt. Allerdings kam das bislang nur zweimal vor. Im Netz ist außerdem von einem Bug/Exploit zu lesen, der für unendlich viel Gold sorgt. Spätestens ab dem zweiten Akt fehlt auch die deutsche Übersetzung für einige Gegenstände. Das Team vom Wolcen Studio hat also noch eine Menge Arbeit für sich.
Bislang hatten wir wohl sehr viel Glück, da nur wenige Bugs sich wirklich auf den Spielspaß ausgewirkt haben. Auch der Online-Modus läuft nun weitgehend problemlos, selten steigt die Latenz für kurze Momente aber noch stark in die Höhe. Nerviger ist da ein Balancing-Problem einiger Skills. Aktuell kannst Du noch Charaktere kreieren, die wohl deutlich stärker als geplant sind. Einige passive Fertigkeiten und auch aktive Skills müssen von den Entwicklern also noch einmal überarbeitet werden.
Lohnt sich Wolcen?
Wir sind ehrlich: Auf der einen Seite sind wir von dem Hack-and-Slay-Titel sehr angetan. Auf der anderen Seite gibt es da auch noch die Bugs. Grundsätzlich gilt: Hast du Spaß mit Spielen wie Diablo 3 und Path of Exile, wird Dir auch Wolcen viel Freude bereiten. Vorausgesetzt, das Spiel läuft auf Deinem Computer weitgehend problemlos. Ob Dich viele Fehler heimsuchen, ist aktuell offenbar Glückssache. Bis die Entwickler die größten Patzer ausgemerzt haben, könnte es auch noch Wochen dauern. Wir können Dir den Titel daher zwar empfehlen, müssen Dich aber auch gleichzeitig vorwarnen.
In den kommenden Tagen werden wir sicherlich noch mehr Abenteuer in der Welt von Wolcen erleben. Sobald wir Eindrücke vom Endgame (und vielleicht noch weiteren Bugs) gesammelt haben, folgt hier ein Test-Update.
Hast Du Wolcen bereits gespielt? Was ist Dein erster Eindruck von dem Spiel? Teile ihn mit uns im Kommentar-Bereich!
Titelbild: Wolcen Studio