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Meinung: Wieso Jedi Knight 2 (Academy) das beste Star-Wars-Spiel ist
May the 4th be with you! Der Star Wars Tag 2020 ist ein guter Anlass, um auf die Franchise-Historie zurückzublicken. In den vergangen Jahrzehnten sind etwa unzählige Star-Wars-Spiele erschienen. Doch welcher Titel ist der bislang beste? Zumindest ich habe hier eine klare Meinung: Jedi Knight 2: Jedi Outcast und Jedi Academy – besonders der Multiplayer. Warum das so ist und wieso ich glaube, dass dennoch nie wieder ein vergleichbares Spiel erscheinen wird, erfährst Du hier.
Bevor ich im Detail darauf eingehe, wieso ich Jedi Knight 2 (aus dem Jahr 2002) und dessen Spin-Off Jedi Academy (aus dem Jahr 2003) für die besten Star-Wars-Spiele halte, benötigst Du etwas Hintergrundwissen. Ich habe beide Teile damals sehr intensiv gespielt. Den Ableger Jedi Academy über Jahre in einem Clan. Entsprechend viele Multiplayer-Partien und Spielstunden habe ich hinter mir, zum Teil sprechen wir hier auch von ESL-Matches. Was damals aber keine besondere Sache darstellte, denn weder große Events noch Geld waren damit verbunden. Zudem gab es keine Einstiegshürden.
Nach mehreren Jahren an Erfahrung im Lichtschwertkampf war es für mich auch entsprechend ein Schlag ins Gesicht, als Electronic Arts sich die Lizenz am Franchise sicherte und über Jahre hinweg lediglich Star Wars Battlefront und dessen Nachfolger daraus hervorgingen. Lichtschwert-Nachschub ließ lange auf sich warten. Star Wars Jedi: Fallen Order (hier geht’s zu unserem Test) war hier zwar ein Lichtblick und sorgte durchaus für Spaß, doch auch dieses Spiel bot ein weniger freies Gameplay als die meiner Meinung nach besten Star-Wars-Spiele.
Übrigens: Alles zum Star Wars Day 2020 findest Du in diesem Artikel.
Endlich ein echter Jedi sein: Das einzigartige Kampfsystem
Du hast es womöglich schon bemerkt: Die Besonderheit an der „Jedi Knight”-Reihe ist der Kampf mit dem Lichtschwert. Mit Jedi Outcast führte Raven Software ein System ein, das auf Neulinge womöglich nur wie Fuchtelei wirkt. Allerdings steckt hier deutlich mehr dahinter. Dein Charakter führt unterschiedliche Schläge mit dem Lichtschwert aus, je nachdem, ob Du Dich nach vorne, vorne-rechts, rechts und so weiter, bewegst. Attacken von benachbarten Bewegungsrichtungen lassen sich zudem zu Kombos verbinden. Angriffe sind zusätzlich auch im Sprung möglich. Hinzu kommt, dass Du drei unterschiedliche Stile zur Auswahl hast und speziell in Jedi Academy neben dem einzelnen Lichtschwert auch ein Doppelschwert oder zwei einzelne Schwerter nutzen kannst.
In der Praxis bedeutet das, dass Du Dir einen ganz eigenen Kampfstil aneignen kannst und selbst zum kampferprobten Jedi wirst. Wie gut Du im Duell gegen andere Spieler abschneidest, hängt einzig von Deinen Skills ab. Nicht von vergebenen Fertigkeitenpunkten oder einer angelegten Ausrüstung – so etwas gibt es in Jedi Academy nicht (ausgenommen sind die Machtkräfte, die waren in Mehrspielermatches aber in der Regel ohnehin deaktiviert oder auf den Machtsprung reduziert). Jeder hatte also die gleichen Grundvoraussetzungen.
Gewaltige Unterschiede zwischen Anfängern und erfahrenen Spielern
Ich habe in den letzten Jahrzehnten viele Multiplayer-Games gespielt, aber mir fällt kein Titel außer Jedi Outcast/Academy ein (das Kampfsystem der Spiele ist identisch), bei dem der Unterschied zwischen einem erfahrenen Spieler und einem Anfänger derart groß ausfällt. Der Reiz besteht dementsprechend darin, die eigenen Skills immer weiter auszubauen und besser zu werden. Je länger man spielt, desto besser wird man automatisch. Die richtigen Angriffe, Ausweichmanöver und Timings müssen wie bei einem Kampfsport erlernt und mit dem eigenen Stil verflochten werden. Ein Fortschrittssystem mit Lootboxen hat es als Motivation für die meisten Spieler nicht gebraucht.
Wie es aussehen kann, wenn man seine Waffe beherrscht, zeigt folgendes Video, das von Michael „Mike” Gummelt höchstpersönlich stammt – dem Entwickler des Kampfsystems. Achtung: Er hat in dem Clip mit einer Option gespielt, die den Lichtschwertschaden deutlich nach oben schraubt.
Video: Youtube/Mike Gummelt
In einem Interview auf Youtube hat Gummelt gegenüber Game Brain erklärt, dass er dem Spieler möglichst viele Freiheiten mit seinem Kampfsystem gewähren wollte. Zudem sei er selbst etwas überrascht, dass es nach Jedi Academy bis heute keinen Titel von anderen Entwicklern gibt, der einen ähnlichen Ansatz bei der Steuerung verfolgt hat. Gerade deshalb stechen für mich die Jedi Knight-Spiele immer noch stark hervor.
Video: Youtube/Game Brain
Multiplayer zum Abhängen: Die eigene Welt von Jedi Academy
Es gibt noch einen Grund, wieso Jedi Academy/Jedi Outcast für mich die besten Star-Wars-Spiele sind. Die Community schuf mit der Zeit nämlich ihre eigenen Regeln, was ich in der Form nicht einmal in MMORPGs in den letzten Jahrzehnten gesehen habe. Auf Free-for-All-Servern (vergleichbar mit dem Modus „Deathmatch”) konntest Du damals zwar im Prinzip jeden Spieler direkt angreifen, doch das wurde in der Regel nicht gerne gesehen. Wiederholungstäter brachten schnell alle Spieler gegen sich auf oder wurden von einem Admin einfach direkt aus dem Spiel geschmissen.
Kämpfe auf FFA-Servern liefen fast ausschließlich in Duellen ab, in denen zwei Spieler ihre Kräfte messen, während sie von anderen Spielern unbehelligt blieben. Gleichgesinnte zum Herausfordern gab es immer genug, denn wer gerade nicht aktiv im Duell befand, saß meist am Rand des Spielfeldes. Richtig gelesen: Viele Spieler hingen zwischen Auseinandersetzungen tatenlos auf dem Server ab und chatteten miteinander. Meist auch, um auf einen Wunsch-Gegner zu warten, der sich aktuell noch in einem Zweikampf befand.
Community kreierte eine Spielwiese
Auch abseits von Duellen und Chats bot das Spiel Freiraum für unvorhergesehene Aktionen. So gab es auf einigen Maps Sprungparcours oder jede Menge Schalter, die Käfige öffneten oder Fallen auslösten. Ich erinnere mich etwa daran, dass ich als Server-Admin meiner Pflicht nachkam und am Abend einen „Nachtwächter” ins Spiel setzte. Es handelte sich um einen mutierten Rancor, der nicht nur viel aushält, sondern ohne viel Mühe nur von einem anderen Server-Admin entfernt werden konnte. Doch findige Clan-Kollegen lockten das Monster mit viel Aufwand in einen Käfig und sperrten es ein. Das Ergebnis bekam ich dann als Screenshot zugesendet. Nur ein weiteres Beispiel, wie viele Freiheiten Jedi Academy dank Modding-Community und zahlreichen Admin-Kommandos bot.
Ebenso spaßig: Als Admin konntest Du aufgrund einer Mod NPCs in Mehrspieler-Partien setzen. Zu meinen Favoriten gehört der Sandwurm. Der greift keine Spieler an und ist nur durch einen kleinen runden Schatten zu erkennen, somit fast unsichtbar. Wenn er das Zeitliche segnet, schießt er für eine Animation jedoch mit lautem Gebrüll aus dem Boden hervor. Dank Konsolen-Befehl konnte ich das bei sogar 20 Würmern gleichzeitig auslösen, die ich vorher heimlich platziert habe. Nicht selten reagierten Spieler mit etwas wie „Mir ist das Herz gerade fast stehengeblieben!” – ein riesiger Spaß.
Einzelspieler-Kampagne mit bekannten Gesichtern
Der Einzelspieler-Modus von Star Wars Jedi: Fallen Order unterhielt zwar und die Story fesselte. Doch bekannte Gesichter aus den Star-Wars-Filmen sucht man hier vergebens. In Jedi Outcast sieht das anders aus: Protagonist Kyle Katarn wandte sich zwar von der Macht ab, doch nach einem Zwischenfall erarbeitet er sich seine Jedi-Kräfte zurück. Das hat einerseits den Vorteil, dass sich die ersten Stunden des Titels wie ein klassischer Shooter spielen. Machtkräfte und Lichtschwerter bekommt er hingegen aus der Jedi-Akademie von Luke Skywalker.
Die legendäre Figur tritt nicht nur im Hintergrund auf, es gibt sogar Passagen, in denen Du Seite an Seite mit Luke gegen Feinde kämpfst. Auch in Jedi Academy treten der Großmeister und weitere alte Bekannte auf. Leider hinkt der Einzelspieler-Modus dieses Titels hinter Jedi Knight 2 hinterher und ist eher Beiwerk zum Multiplayer.
Für zusätzliche Atmosphäre sorgt die lizenzierte Musik. Viele bekannte Stücke aus den Filmen haben ihren Weg in Jedi Outcast und Academy gefunden. Das sorgt in Verbindung mit dem freien Lichtschwert-Kampfsystem für ein Star-Wars-Feeling, das nicht einmal Fallen Order erreicht.
Darum wird es nie wieder ein „Jedi Knight” in dieser Form geben
Auch im Jahr 2020 finden sich immer noch Server, auf denen Personen Jedi Academy im Multiplayer spielen. Jüngst erschien der Titel sogar für die Nintendo Switch, PS4 sowie Xbox One und hat auch dort einige Spieler in Online-Matches gelockt (und durch einen Bug gleich alte PC-Veteranen mit dazu, die hilflose Konsolen-Spieler in die Knie zwangen). Mich reizt die Konsolenumsetzung leider nicht, da mir hier die Bewegungsfreiheit von Tastatur und Maus fehlt. So könnte ich mit Controller beispielsweise keinen Rückwärtsalto nach vorne in Gegnerrichtung ausführen und währenddessen angreifen (richtig gelesen).
Natürlich wünsche ich mir ein Jedi Knight 3, mit dem alten Kampfsystem von Mike Gummelt, nur verbessert und bugfrei. Aber das wird wohl nie passieren – und das nicht nur, weil Gummelt derzeit mit der „Call of Duty”-Reihe beschäftigt ist. Sein Lichtschwert-Gameplay ist einfach nicht wirklich für Controller ausgelegt. Ein komplett neues Jedi Knight mit langer Einzelspielerkampagne lohnt sich für die Entwickler zumindest mit einem derart freien Kampfsystem nicht, weil dieses nur auf dem PC so richtig zur Geltung kommen würde. Die Entwicklungskosten für moderne Spiele sind so hoch, dass zumindest Electronic Arts die Konsolen-Spieler niemals derart vernachlässigen würde.
Selbst wenn eines Tages ein neuer „Jedi Knight”-Ableger erscheint (was auch deshalb schwierig wäre, da Kyle Katarn nicht zum Disney-Kanon gehört), würde es sich wohl eher wie Fallen Order spielen: Blocken, Angriff, Spezialangriff. Für jede Aktion gäbe es eine eigene Taste, die auch unabhängig von der Bewegungsrichtung des Spielers funktioniert.
Was ich mir von EA wünsche – aber niemals bekommen werde
Statt einem neuen Ableger der Reihe wünsche ich mir aufgrund der oben genannten Punkte, dass der Mehrspieler-Modus von Jedi Academy mit einigen Verbesserungen und „Battlefront 2”-Grafik als Free-to-Play-Spiel zurückkehrt. Dafür würde ich selbst In-Game-Käufe und Lootboxen inkaufnehmen. Ein Matchmaking-System dürfte auch neuen Spielern den Einstieg erlauben, ohne für Frust mit unfairen Duellen zu sorgen.
So ein Spiel wäre aber womöglich dennoch eher etwas für alle Veteranen. Kenner, die damals vor über zehn Jahren das Lichtschwert mit mir in Jedi Academy gekreuzt haben. Für die heutige Spielwelt wirkt das freie System mit unzähligen Schlag- und Kombinationsmöglichkeiten zu komplex. Doch gerade Free-to-Play-Games müssen mit dem Trend gehen, damit sie viele Nutzer erreichen und für den Entwickler lohnenswert sind. Es ist unklar, ob auch neue Spieler Gefallen an einem Multiplayer-Ablege von Jedi Knight finden und der Titel somit ein Erfolg werden würde. Für EA wäre das Risiko bei der sicherlich nicht ganz günstigen Entwicklung wohl einfach zu groß.
Fans entwickeln offenbar spirituellen Nachfolger
Eigentlich wäre mein Artikel mit den vorherigen Zeilen beendet gewesen. Durch großen Zufall bin ich jedoch auf ein Projekt von einigen Jedi-Acadamy-Fans gestoßen. Das Ganze nennt sich „Vertex” (hier geht’s zur Webseite) und befindet sich derzeit noch ganz am Anfang der Entwicklung. Wohl aufgrund der fehlenden Star-Wars-Lizenz haben die Entwickler diesen Namen gewählt.
Die „Pre-Alpha” ist zwar schon spielbar, doch nach einem kurzen Test war mir klar, dass hier vieles noch nicht fertig ist. Zwar haben sie fast unverändert das Lichtschwert-Kampfsystem aus der Jedi-Knight-Reihe übernommen (wobei hier die Frage ist, ob das überhaupt erlaubt ist), doch noch spielt sich das Ganze etwas steif. Zudem fühlen sich die Länge des Lichtschwertes sowie die Kollisionsabfrage noch nicht richtig an. Ich bin dennoch gespannt, was aus dem Vorhaben wird.
Video: Youtube/Vertex
Jedi Academy auf modernen PCs: Tipp für Wieder- und Neueinsteiger
Und noch ein Tipp zum Ende, falls du jetzt Lust auf eine Partie bekommen hast: Wenn Du selbst den Multiplayer-Modus von Jedi Academy auf dem PC wieder starten willst, solltest Du Dir „EternalJK” (hier geht’s zum Download) herunterladen. Kopiere die Datein in Deinen „GameData”-Ordner des Spiels und starte den Titel über „eternaljk.x86.exe”. Das poliert die Grafik etwas auf und passt die Darstellung zudem für 16:9- sowie 21:9-Monitore an.
Was ist Deiner Meinung nach das beste Star-Wars-Spiel? Würde Dir ein aufpoliertes Multiplayer-Spiel im Stil von Jedi Academy gefallen? Teile uns Deine Meinung im Kommentar-Bereich mit!