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Haut und Herz aus dem 3D-Drucker: Bioprinting in der Medizin
Passende Schuhe, ein Fahrrad, fehlende Bauteile – das alles wird es in nicht allzu ferner Zeit schon aus dem 3D-Drucker geben. Doch Körperteile ausdrucken? Das klingt nun wirklich etwas befremdlich – ist aber tatsächlich auch bereits Realität. Beim Bioprinting sollen Haut, Muskeln und sogar Organe aus echten Zellen gedruckt werden. Bis diese Technik die Medizin revolutioniert, dauert es aber noch.
Körperteile auf Knopfdruck – das gibt es in der Medizin schon länger. Im 3D-Druck werden bereits chirurgische Implantate, Zahn- und Handprothesen hergestellt – bislang aber nur aus synthetischen Materialien wie Kunststoff. Der nächste Schritt sind gedruckte Körperteile aus lebenden Zellen. Dabei besteht die Herausforderung nicht darin, organisches Gewebe zu drucken, sondern es am Leben zu erhalten.
Lebende Zellen aus dem Laser-Drucker
Dafür werden derzeit verschiedene Techniken erprobt. Lothar Koch, Leiter der Gruppe Biofabrikation am Laser Zentrum Hannover (LZH), untersuchte das Verhalten von Zellen aus dem 3D-Drucker und weiß: Das Gewebe braucht Blutgefäße, damit die Zellen nicht absterben. Angelehnt an eine Technik aus der Solarzellen-Produktion entwickelte er mit seinem Team zunächst einen Laser-3D-Drucker, der eine so hohe Zelldichte ermöglicht, wie sie in echtem Gewebe vorkommt. Dabei wird durch einen Laserstrahl Dampfdruck erzeugt, der winzige Tropfen eines Hydrogels auf eine Unterlage schleudert. Dieses Gel ist mit lebenden Zellen angereichert und verleiht dem Gewebe Struktur. Tropfenweise wird so ein dreidimensionales Zellmodell gedruckt.
Die Formel zum Leben: Versorgungskanäle und eine hohe Zelldichte
Mit der Laser-Technik experimentiert auch das französische Unternehmen Poietis. Es will die so gedruckten Hautgewebestücke der Pharma- und Kosmetikindustrie zu Testzwecken zur Verfügung stellen, was das bisherige Übel von Tierversuchen eindämmen würde. Doch der Druck von lebensfähigem Gewebe scheiterte bis dato noch immer am Nachbau eines Blutgefäßsystems. Diesem näherten sich die Hannover Forscher mit der Zwei-Photonen-Polymerisation, einer Präzisionstechnik zur Herstellung hochauflösender Gewebestrukturen. Dabei entstehen durch die Laser-Stimulation von Molekülen feine Nischen im Biomaterial. So druckte das LZH-Team bereits Herzmuskelzellen, die kurz nach dem Druck noch geschlagen haben sollen.
Lebendes Gewebe aus dem Tintenstrahldrucker
Gewebezellen über längere Zeit am Leben zu erhalten gelang US-Forschern vom Wake Forest Baptist Medical Centre im Bundesstaat North Carolina mit einer anderen gängigen Methode beim Bioprinting. Der Integrated Tissue-Organ Printer (Itop) arbeitet ähnlich wie ein Tintenstrahldrucker – nur mit spezieller Bio-Tinte. Sie besteht aus einem abbaubaren Kunststoff und Hydrogel, das lebende Zellen enthält. Bei dieser sogenannten Inkjet-Technik kommen in der Regel zwei Patronen zum Einsatz: Eine Drüse sprüht die zähflüssige Trägerschicht als Gewebegerüst auf, aus der anderen werden die Zellen gespritzt. So wächst das Gewebe Schicht für Schicht, das Kunststoffgerüst baut sich später ab und wird durch Proteine ersetzt. Entscheidend ist, dass schon beim Gewebeaufbau feine Kanäle eingearbeitet werden, worüber die Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.
Es lebt und gedeiht – zumindest für sechs Wochen
Mit dieser Technik ist es kürzlich Wissenschaftlern vom Wyss-Institut an der Harvard Universität in Boston gelungen, ein fingerdickes Gewebestück herzustellen, das mehr als sechs Wochen überlebte. Der Gefäßabstand betrug allerdings drei Millimeter – zu viel, meint Lothar Koch, da Nährstoffe und Sauerstoff per Diffusion nur ein paar 100 Mikrometer transportiert werden können. Unbrauchbar ist die Entwicklung des Wyss-Teams aber nicht. So sei es mit weiterer Forschung möglich, aus den Gefäßen kleinere Äderchen heraussprießen zu lassen, um alle Zellen im Gewebe zu versorgen.
Beeindruckende 3D-Drucke: Fortschritt durch Prototypen
Das übergeordnete Ziel der Forschergruppen weltweit ist ein Verfahren, mit dem sich transplantierbare Körperteile und sogar funktionsfähige Organe drucken lassen. Dabei gibt es jede Menge Fortschritte, bislang jedoch nur in Form von Prototypen: So druckten Wissenschaftler der Hangzhou Universität in China bereits organisches Knorpelgewebe. Forscher der Wake-Forest-University experimentieren mit einem Verfahren, bei dem sich Gewebe direkt auf den Körper drucken lässt, um Wunden zu reparieren. Dem US-Unternehmen Organovo ist es gelungen, funktionales Mikrogewebe einer Leber zu drucken und Wissenschaftler der University Louisville in Kentucky kündigten das ehrgeizige Ziel an, schon in den nächsten zehn Jahren ein funktionsfähiges Herz drucken zu wollen.
Bioprinting von Organen – ein Meilenstein der Medizin
Die Pläne sind ambitioniert, bislang gibt es aber kein gedrucktes Körperteil aus echtem Gewebe, das einem Menschen verpflanzt werden, geschweige denn die komplexen Funktionen eines Organs übernehmen könnte. Die Transplantation maßgeschneiderter Körperteile, die aus Eigenzellen der Patienten gedruckt werden, ist die Königsdisziplin des medizinischen Bioprinting. Mit diesem Meilenstein könnte das globale Problem mangelnder Spenderorgane gelöst werden, weltweit wäre die medizinische Versorgung revolutioniert und die Kosten im Gesundheitssystem würden drastisch sinken.
Bioprinting ist ein Zukunftsmarkt mit großen Visionen und viel Potenzial. Trotz all der Fortschritte steht dieser Forschungsbereich aber noch ganz am Anfang. Die meisten Wissenschaftler sind sich darin einig, dass es möglich ist, funktionsfähige Organe zu drucken, aber auch in der Tatsache, dass es dafür noch Jahrzehnte brauchen wird. Die Rede ist von 30 bis 40 Jahren.
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