Female
Wie zwei Schwestern Verhütung und Babywunsch in eine erfolgreiche App gepackt haben
Eine ungewollte Schwangerschaft und viel Gründerinnenpower waren der Anfang von Eva und Lina Wüllers Erfolgsgeschichte. Mit Ovy haben sie eine erfolgreiche Verhütungs-App entwickelt. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenzprodukten liefern sie mit einem Basalthermometer auch Hardware – und damit deutlich mehr Sicherheit.
Verhütung digital?
In den USA gibt es sie schon lange und seit ein paar Jahren auch in Deutschland: „Period Tracking“-Apps, mit denen Frauen ihren Zyklus kontrollieren und die fruchtbaren Tage ermitteln können. Doch wie sicher ist das eigentlich? Eva und Lina Wüller vertreiben ihre Hard- und Software bewusst „nur“ als ein Hilfsmittel zur Schwangerschaftsplanung und Zykluskontrolle. Aber Ovy bietet für alle Frauen beziehungsweise Paare, die natürlich verhüten möchten, ein Tool, das die Zyklusbestimmung nach zertifizierter Methode immerhin so genau wie möglich macht.
Die Gründungsidee: Weg von der Pille mit seriöser FemTech
Die natürliche Zykluskontrolle gibt es schon seit den 1920er-Jahren. Die Kombination aus Menstruationskalender und morgendlicher Temperaturmessung ist allerdings erst einigermaßen sicher, wenn noch andere Körpersymptome hinzugenommen werden. Daran haperte es auch bei den Apps, die bereits auf dem Markt waren, als Eva und Lina beschlossen, eine eigene App zu entwickeln. Vor allem, um eine Alternative zur Pille zu finden. In Zusammenarbeit mit Gynäkologen und Experten. Von Frauen für Frauen: „Wir glauben, dass wir total verstehen, was die Frauen brauchen, für die wir das Produkt entwickeln, weil wir in genau der gleichen Situation sind“, sagt Lina Wüller. Dafür gibt es auch einen sehr persönlichen Hintergrund. Denn bei der natürlichen Verhütung, damals noch mit Zettel und Stift, wurde Lina Wüller ungewollt schwanger.
Werbung mit der eigenen Schwangerschaftsgeschichte – persönlicher wird es nicht
Lina hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass hinter der Idee für Ovy eine persönliche Tragödie steckt. Die zunächst ungewollte Schwangerschaft war mit einer Fehlgeburt früh wieder vorbei. Lina hat sich viele Gedanken gemacht, ob sie irgendwas falsch gemacht hat: „Ich habe mich absurde Sachen gefragt wie: ‚Bin ich womöglich zu schnell die Treppe runtergegangen’ oder so. Und ich war damals mit dieser Thematik irgendwie völlig auf mich allein gestellt. Deswegen habe ich es immer wieder erzählt, um zu zeigen: So was kann passieren und ist niemandes Schuld.“ Einmal erzählt, verschwindet so eine Geschichte natürlich nicht mehr. Aber so unangenehm die ständigen Nachfragen nach der Gründung von Ovy auch waren: Um anderen Frauen Mut zu machen, würde Lina wahrscheinlich auch heute noch mal so offen damit umgehen, wie sie nach kurzem Überlegen bestätigt.
Natürlich sicher? Zumindest bei Kinderwunsch
Was aber können Zyklus-Apps wirklich leisten? Viele Frauen benutzen inzwischen die sogenannte symptothermale Methode, die Temperaturmessung in Kombination mit der Analyse von Körpersignalen, wie zum Beispiel der Kontrolle des Zervixschleims. Allerdings dient diese weiterhin eher der Familienplanung – wenn es nämlich schlicht KEINE Katastrophe wäre, schwanger zu werden. Der Pearl-Index beträgt bei akkurater Anwendung 0,4–1,8, das rangiert immerhin zwischen Vaginalring und Kondom. Allerdings gibt es viele „menschengemachte“ Fehlerquellen. Und hier kann eine gute App tatsächlich mehr Sicherheit bieten.
FemTech von Frauen für Frauen – UND Männer
Eva und Lina Wüller haben mit Ovy einen großen Erfolg gelandet. Und haben es übrigens nie als besondere Herausforderung empfunden, als Frauen ein Tech-Start-up zu gründen. Die Kapitalbeschaffung war nicht immer leicht, aber letztlich konnten sie überall mit ihrer Expertise überzeugen: „Ich glaube, wir hatten immer genug Selbstbewusstsein und auch irgendwie ein Produkt, das sich schnell bestätigt hat, wofür der Markt reif war, sodass wir fast überall Support bekommen haben – vor allem auch von vielen Männern.“ Lina und Eva hatten dabei von Anfang an auch ein gesellschaftliches Anliegen: Verhütung sollte selbstverständlich Paarsache sein. Ihre App gibt es auch für Männer, die per Anfrage von ihrer Partnerin „eingeladen“ werden können. Und sie sehen tatsächlich eine positive Entwicklung. Gerade bei Paaren mit Kinderwunsch sind die Männer stark involviert. Und die Schwestern bekommen inzwischen auch viele Technikanfragen von Männern. Ein weiterer Schritt zur Gleichberechtigung – durch die Technik-Hintertür quasi.