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Wie wir im Internet wahre Freundinnen finden
Das ist doch nicht echt! Während wir uns im realen Leben langsam kennenlernen und ein Gefühl für das Gegenüber aufbauen können, überwiegt bei Onlinefreundschaften die Skepsis. Zu Recht? Wir haben Frauen gefragt, die im Internet Verbündete gefunden haben – und zeigen, welche Regeln es zu beachten gilt.
Maria hat geheiratet, ein Herz! Linda wandert nach Australien aus, Daumen hoch! Mehr als ein Jahrzehnt nachdem mit Facebook Social Media zum festen Bestandteil unseres Alltags geworden sind, folgt unser soziales Leben längst anderen Routinen. Wollen wir wissen, wie es der Ex-Kommilitonin geht, müssen wir das Telefon nur in die Hand nehmen, weil sich über das Smartphone der Feed leichter vom Sofa aus durchforsten lässt als über den Laptop. Wie sich unser Verständnis von Freundschaft gewandelt hat, so sind auch die Zweifel gewachsen: Ein Like ersetzt keine Umarmung. Aber ist eine Internetfreundschaft deshalb den Namen nicht wert?
Das Gegenteil einer Facebook-Freundschaft
Gina Nicolini, Marketingexpertin aus Berlin, muss bei dieser Frage lachen. „Ich habe meine besten Freundinnen auf Instagram gefunden, Menschen, die mir sehr viel bedeuten, weil sie die gleichen Passionen wie ich haben“, sagt die 31-Jährige. Als @gini.eat.world befasst sie sich mit Mental Health Care, offen, intim, nahbar. Mehr als 37.000 Menschen folgen ihr, reagieren auf ihre Beiträge.
So wurde auch aus Nutzerin @minusdrei eine Freundin: Nadine, die ihre beste Freundin ebenfalls über das Netzwerk fand. „Ein Bekannter hat mir mal von einer Frau erzählt, mit der er schreiben würde. Ich habe mir ihr Profil angesehen und fand sie interessant, also folgte ich ihr. Sie ist mir zurück gefolgt, und wir fingen an, gegenseitig unsere Bilder zu liken. Nach einigen Wochen hat sie eine Nachricht geschickt, dass sie bald mal in der Stadt sein werde und ob wir nicht etwas trinken gehen wollen. Natürlich wollte ich!“
Es gehört zum Wesen des sozialen Netzwerks, Menschen mit gemeinsamen Leidenschaften zusammenzubringen – über Hashtags, Ortsmarken oder Accounts, die gezielt zu bestimmten Themen Beiträge erstellen. „Ich habe die besten Kontakte zu den talentiertesten Personen geknüpft, die ich ohne diese Plattform vielleicht nie getroffen hätte“, schreibt die US-Reisebloggerin Debbie Arcangeles, 34, auf ihrem Blog www.theoffbeatlife.com. Für sie ist klar: Ohne ihre Internetfreundinnen wäre ihr Leben langweiliger. „Die Kreativität, die mich umgibt, motiviert mich immer wieder, das bringt mich auch beruflich voran.“
Vom Jobkontakt zur Verbündeten
Natascha Hoffner, Gründerin von „Her Career“, einer Karrieremesse und Onlineplattform für Frauen, suchte zum Beispiel nach einer Notlösung – und fand eine Verbündete. „Eine Woche vor unserer Her Career-Night sprang unsere Keynote-Speakerin ab. In Eile durchforstete ich Facebook nach einem Ersatz. In einer Gruppe stieß ich auf einen Artikel aus einer Tageszeitung, in dem Dr. med. Dilek Gürsoy vorgestellt wurde. Dieser Artikel war für mich Grund genug, sie über Linkedin anzuschreiben und einzuladen. Das Event mit ihr war die reinste Freude. Seitdem vernetzen wir uns gegenseitig und unterstützen uns bei unserer Arbeit.“
Die 39 Jahre alte Unternehmerin Hoffner bringt Frauen zusammen, über ihre Plattform oder die Facebook-Gruppen tauschen sich Tausende aus. Sie weiß, wie sich Frauen im Social Web verhalten sollten. „Tretet in Interaktion. Teilt und verfasst Beiträge. Mischt euch ein. Bleibt authentisch, und pflegt einen respektvollen und wertschätzenden Umgang. Da jeder mitlesen kann, empfehle ich, nur das zu teilen, was auch sicher nach außen getragen werden kann.“
Im realen wie im digitalen Leben gilt es also, authentisch zu bleiben und die wichtigste Grundregel zu beachten: Freundschaften müssen gepflegt werden wie die Grünpflanzen auf der Fensterbank. Wie das geht, lässt sich auf dem Instagram-Account von Gina Nicolini sehen: „Ich werde hoffentlich bald einen Monat in Berlin sein. Können wir bitte etwas zusammen unternehmen?“, fragt eine Freundin sie unter einem Foto. Und Nicolini antwortet so herzlich, wie sie ist: „Auf jeden Fall und dann wird gekuschelt!“