Women in Tech
Frau zeigt Stop-Zeichen

Finanzwissen aus dem Netz: Mein Fonds, mein Depot, meine Immobilie

Immer mehr Frauen beschäfti­gen sich in ihrer Freizeit mit Gel­dan­lage und Altersvor­sorge. Aus Notwendigkeit – und mit Euphorie. Dazu beige­tra­gen haben spezielle Online-Finanz-Com­mu­ni­ties für Frauen. Über den Boom dieser Net­zw­erke und was sie so attrak­tiv macht. Gemein­sam sind wir eben auch hier stärker! 

Erken­nt Ihr Euch in fol­gen­dem Szenario wieder? Anfangs ging Diplom-Über­set­zerin Nina Osmers noch brav hin, wenn ihr Sparkassen­ber­ater sie ein­lud. Die Ter­mine liefen dann etwa so ab: Er redete von „Umstel­lun­gen“ und „gün­stigeren Kon­di­tio­nen“ – sie ver­stand wenig, aber nachzufra­gen war ihr „unan­genehm“. „Irgend­wann habe ich Scheuk­lap­pen aufge­set­zt, alle Ter­mine abgewim­melt und die Gedanken an meinen Baus­parver­trag ver­drängt“, erzählt die 42-Jährige. Ihr Inter­esse an allem, was mit Finanzen zu tun hat­te, schätzt sie rück­blick­end bei null ein. Ihre Ken­nt­nisse ebenfalls.

Doch für Nina Osmers ist die Zeit der Unwis­senheit vor­bei. Sie absolviert zurzeit einen Onlinekurs zum The­ma Ver­mö­gen­sauf­bau, auf ihrem Schreibtisch liegen Finanzbüch­er (die sie tat­säch­lich liest).
Was ist da passiert? Ganz ein­fach: Nina Osmers wurde buch­stäblich zur „Geld­fre­undin“. Da sie ger­ade dabei war, sich als Über­set­zerin selb­st­ständig zu machen, schaute sie sich das neue Por­tal, von dem sie gele­sen hat­te, genauer an: geldfreundinnen.de, ein – wie der Name schon sagt – Net­zw­erk für Frauen, die sich über Finanzfra­gen aus­tauschen möchten.

Finanzen als Freizeitspaß

Geldfreundinnen“-Gründerin Anke Pauli beschreibt ihre Mis­sion so: „Ich möchte Frauen dafür begeis­tern, ihre Finan­zan­gele­gen­heit­en selb­st in die Hand zu nehmen und zu erken­nen, dass Börse kein Hex­en­werk ist.“ Um dieses Ziel zu erre­ichen, set­zt sie auf Exper­tin­nen, die in soge­nan­nten „Spaces“ ihr Wis­sen zu Aktien, börsen­ge­han­del­ten Fonds, Geld in der Beziehung und vie­len weit­eren The­men teilen, Ratschläge geben und Fra­gen beant­worten. Für Mit­glieder kosten­los. Tat­säch­lich erkan­nte Nina Osmers schon nach kurz­er Zeit, dass das mit den Finanzen viel ein­fach­er ist als gedacht. Oben­drein macht ihr das The­ma inzwis­chen so viel Spaß, dass sie sich auch in anderen Com­mu­ni­ties informiert, Blogs liest, Pod­casts hört – und sich schon auf den Köl­ner „Finanzsa­lon“ der „Geld­fre­undin­nen“ freut: eine Offline-Ver­anstal­tung, auf der man Exper­tin­nen „zu allen möglichen Geldthe­men löch­ern kann“. Denn ergänzend zum Onlin­eange­bot ver­anstal­tet Anke Pauli auch reale Events in Form von Work­shops, Sem­i­naren etc.

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Per Facebook zum Finanzprofi

Die Idee war längst nicht mehr neu, als Anke Pauli Mitte Mai dieses Jahr mit geldfreundinnen.de live ging. Seit 2016 haben mehrere Frauen Finanz­por­tale für die weib­liche Ziel­gruppe gegrün­det: Karoli­na Deck­er (finmarie.de), Natascha Wegelin (madamemoneypenny.de), Mar­garethe Honisch (fortunalista.de) und Dani Parthum (geldfrau.de). Gisela Enders ging mit klunkerchen.com sog­ar schon 2013 an den Start. Sie alle ver­net­zen in Face­book-Com­mu­ni­ties ihre Fans miteinan­der – die von „Madame Mon­eypen­ny“ zählt unglaubliche 46.500 Mit­glieder, mehr als 1000 Frauen nutzen „Geld­frau“ zum Austausch.
Die Beiträge auf Face­book zeu­gen nicht nur von Wiss­be­gierde, son­dern auch von fundierten Ken­nt­nis­sen. Sou­verän tauschen sich die Mit­glieder über Zins­eszin­sef­fek­te, ETF-Sparpläne und Div­i­den­den­werte aus. Aber vor allem ist zwis­chen den Zeilen die Begeis­terung zu spüren. Als hät­ten es die neuen, dig­i­tal­en Ange­bote tat­säch­lich geschafft, dem The­ma Finanzen das Image eines notwendi­gen Übels – ver­gle­ich­bar mit Steuer­erk­lärung und Zah­n­reini­gung – zu nehmen und es zu ein­er Freizeitbeschäf­ti­gung aufzuw­erten, die dur­chaus mit einem Kino- oder Barbe­such konkur­ri­eren kann.

Frauen unter finanziellem Druck

Der ern­ste Hin­ter­grund des The­mas ist allerd­ings nicht zu unter­schätzen. Niedrigzins, Renten­lücke, Alter­sar­mut: Neg­a­tiv-Schlag­wörter wie diese sind Stan­dard in den Nachricht­en und richt­en sich primär an Frauen. Hart­näck­ig klafft laut Sta­tis­tis­chem Bun­de­samt zwis­chen den Geschlechtern eine Lohn­lücke von 21 Prozent; ver­gle­icht man nur das Gehalt­sniveau der Vol­lzeitbeschäftigten, schnei­den Frauen immer noch um 13 Prozent schlechter ab als Män­ner. Spätestens im Rentenal­ter zeigt sich das Aus­maß des Dilem­mas: Frauen erhal­ten im Schnitt 60 Prozent weniger Rente, meldet das Fraun­hofer-Insti­tut. Kaum mehr eine Frau kann an dem The­ma vor­beis­chauen – der Druck wächst. Höch­ste Zeit also, Finanzwis­sen aufzu­holen und Hemm­schwellen zu über­winden. Dass eine Wende in den Köpfen viel­er Frauen stattge­fun­den hat, merkt auch die Ham­burg­er Kar­ri­ere­ber­a­terin Annemette ter Horst von „Econects“. Hörte sie früher von jun­gen Kli­entin­nen Sätze wie „Ich brauche nur vorüberge­hend einen Job, dann bekomme ich sowieso Kinder“, sei es heute das wichtig­ste Beratungsziel ihrer Kundin­nen, dauer­haft finanziell auf eige­nen Beinen zu stehen.

Erfahrungswerte aus erster Hand

Was die Grün­derin­nen der Por­tale dazu motiviert, andere Frauen aufzuk­lären, ist meist der Wun­sch, sie vor (selb­st erfahren­em) Schaden zu bewahren. So berichtet „Madame Mon­eypen­ny“ Natascha Wegelin, wie sie einst durch den Abschluss ein­er pri­vat­en Renten­ver­sicherung „etliche Tausend Euro an Gebühren versenkt“ habe – nach schlechter Beratung. Sie habe sich geschworen, dass ihr so etwas nie wieder passieren würde, tauchte ein in die Finanzwelt – und blieb! Davon prof­i­tiert jet­zt zum Beispiel Brit­ta Janzen. Auf der Suche nach Tipps für eine Gel­dan­lage lan­dete die Geschäftsin­hab­erin („Wolle & Wun­der“) in Wegelins Face­book-Gruppe. „Wie die Frauen sich gegen­seit­ig bestärken, motiviert wirk­lich, tiefer in die The­men einzusteigen“, sagt sie. Überzeu­gend sei für die 47-Jährige aber vor allem, dass die Ratschläge neu­tral seien. „So viele Erfahrun­gen aus erster Hand bekommt man doch son­st nir­gend­wo“, schwärmt sie.

Und welche Rolle spielt es, dass die Frauen unter sich sind? „Geldfreundinnen“-Gründerin Anke Pauli ver­mutet, dass sich die Nutzerin­nen in Abwe­sen­heit von Män­nern eher traut­en, „Anfänger­fra­gen“ zu stellen. Brit­ta Janzen for­muliert das direk­ter: „Das erspart uns Beiträge à la ‚Mäuschen, ich erk­lär dir die Welt!‘“

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