Female
Bühne frei für Frauen: Eine Plattform für Expertinnen will mehr Frauen aufs Podium bringen
„Sorry, für das Thema haben wir leider keine Frau gefunden“ – diesen Satz wollten die Gründerinnen von speakerinnen.org nie mehr hören. Sie waren davon überzeugt, dass es sehr viel mehr kompetente Frauen gibt, als man derzeit auf Bühnen und in Talkrunden sehen kann. Auf ihrer Plattform kann man Rednerinnen finden oder die eigenen Dienste als Speakerin anbieten. Zu über 7.000 Themen können die Expertinnen auf der Webseite ihr Wissen teilen.
Lernprojekt und Ehrenamt. Noch.
Die Gründerinnen haben speakerinnen.org anfangs als Lernprojekt betrachtet. Mitgründerin Maren Heltsche erzählt: „Ich war in einer Gruppe von Entwicklerinnen, und wir waren gerade dabei, Programmieren zu lernen. Dann sind wir über die Idee gestolpert. Wir haben eine Lerngruppe gegründet und mit speakerinnen.org ein Projekt gefunden, mit dem wir lernen und gleichzeitig etwas Sinnstiftendes schaffen konnten.“ Bis heute arbeitet das Team ehrenamtlich. Der Eintrag für Expertinnen auf der Plattform und auch die Suche für Organisatorinnen und Organisatoren von Veranstaltungen sind kostenfrei. Das ist ungewöhnlich – und irgendwie auch typisch, dass es nur so geht. Maren Heltsche betont deswegen den politischen Wunsch: „Wir wollen ja, dass mehr Frauen auf die Bühnen kommen. Menschen können dort suchen, und Menschen können sich dort als Expertinnen eintragen. Und wir wollen das nicht monetarisieren, weil wir da keine Hürde aufbauen wollen.“ Über die Website empfangen sie immerhin auch Spenden. Und überlegen aufgrund der steigenden Nachfrage, ob es nicht doch sinnvoll wäre, eine Gebühr zu verlangen.
Female Empowerment – ein Anfang
Die Gründe dafür, warum Frauen auf Podien unterrepräsentiert sind, sind vielschichtig. Die vermeintlich „relevanten“ Stimmen, die CEOs erfolgreicher Unternehmen, die Professoren oder Vorstandsmitglieder in Deutschland sind eben größtenteils Männer. Und die üblichen Experten sind ein eingeschworener Zirkel: In den Talkshows und auf den Podien sitzen oft dieselben Menschen, erklärt Maren Heltsche: „Und da stoßen wir dann auch schnell auf ein größeres gesellschaftliches Problem. Nämlich dass Frauen, die ohnehin einen großen Teil der Care-Arbeit zu tragen haben, oft zusätzlich zum Job, dann noch auf irgendwelchen Bühnen auftreten sollen, das passt irgendwie einfach nicht zusammen. Die Frauen können sich diesen Teil zeitlich nicht leisten.“
Übung macht die Meisterin
Hinzu kommt: Weil Frauen immer noch selten auf Bühnen stehen und sprechen, trauen sie sich das oft nicht zu. Nur wer regelmäßig spricht, wird souveräner. Maren Heltsche betont, dass man natürlich nicht gleich vor 1000 Menschen auftreten muss. Auch da hilft das Speakerinnen-Netzwerk: „Man muss ja bei den meisten Dingen erst mal klein anfangen. Die wenigsten Leute sind geborene ‚Bühnenrowdies’. Man muss sich da hineinarbeiten und vielleicht erst mal vor einer kleineren Gruppe sprechen. Und dann kann man das irgendwann auch vor einer größeren Gruppe machen.“
Diversität auch bei der Themenauswahl
Leider werden Frauen hauptsächlich noch zu klassischen „Frauenthemen“ gebucht: Work-Life-Balance, Familienthemen, Pädagogik. Auch hier trägt speakerinnen.org dazu bei, dass sich das ändert: „Wir können zwar nicht tracken, zu welchen Themen Frauen gebucht werden, aber wir sehen natürlich, nach welchen Themen gesucht wird. Und das ist ein breites Spektrum. Die Themen, zu denen die Frauen auf unserer Plattform sprechen können, sind wirklich total divers. Das sind politische Themen, das sind wirtschaftliche Themen, das ist Marketing, das ist Tech – die Leute sind in den unterschiedlichsten Bereichen unterwegs.“
Keine Ausreden mehr: Frauen haben etwas zu sagen
Ein Thema ernst zu nehmen heißt auch: alle Positionen dazu abzubilden. Frauen und Mädchen brauchen mehr Vorbilder. Und brauchen die Gewissheit, dass ihre Sicht auf die Dinge relevant ist. www.speakerinnen.org trägt dazu bei, dass lahme Ausreden à la „Wir haben leider keine Frau zu dem Thema gefunden“ nicht mehr gelten.