Digitale Trends
So trainieren Rettungskräfte mit VR-Training für den Ernstfall
Immer öfter trainieren Einsatzkräfte akute Notfälle in speziellen Virtual-Reality-Simulationen. Extremsituationen, wie Katastrophen, Brände und Unfälle können durch die digitale Technologie sehr realitätsnah nachgestellt werden. Sanitäter:innen, Feuerwehrleute und Polizist:innen treten so bestmöglich vorbereitet in den Ernstfall. Aber auch in anderen risikoreichen Berufen, zum Beispiel in der Elektrotechnik, lernen Azubis mit Hilfe von Virtual Reality (VR). Hier sind einige der spannendsten VR-Trainingsmöglichkeiten für Berufe, bei denen jede Sekunde und jeder Handgriff zählt.
Wer als Rettungskraft im Einsatz ist, muss genau wissen, was er oder sie tut. Theoretische Schulungen sind dafür unerlässlich, können jemanden aber nicht den Stress und die Komplexität eines echten Ernstfalls vermitteln. Einsatztrainings auf Übungsgeländen mit Darsteller:innen können das schon besser, aber sind sehr aufwändig und können nur selten durchgeführt werden. VR-Trainings für Rettungskräfte werden hingegen immer besser darin, Extremsituationen detailliert darzustellen und Hilfskräfte darin auszubilden, worauf es ankommt.
Katastrophenschutz: Triage-Training in VR
Tritt ein Katastrophenfall ein, stehen Notfallsanitäter:innen oft vor einem Chaos mit zahlreichen Verletzten. In so einem Fall müssen sie binnen Sekunden lebensrettende Entscheidungen treffen. Das beinhaltet auch die Triage, also der Vorgang, bei dem beurteilt wird, welche Opfer vorrangig behandelt werden müssen. Im Ohio State Medical Center werden Notärzt:innen nun per VR-Simulation darauf vorbereitet. Ausgerüstet mit Headset und Controllern, werden sie mitten in ein Szenario, etwa einen U-Bahn-Brand, versetzt und können so aus direkter Perspektive eingreifen.
Die Einsatzkräfte schreiten durch das Szenario, beurteilen Gefahren und untersuchen die virtuellen Opfer. Dabei ist es dank Vibrationsfeedback in den Controllern sogar möglich, ihren Puls zu fühlen und anhand dessen weitere Maßnahmen zu treffen.
Die Anzahl der Opfer, Art und Schwere der Verletzung und sonstige Faktoren können in der VR-Simulation jederzeit angepasst werden. Auch erschwerende Umweltbedingungen, wie Rauchentwicklung, Lichtverhältnisse und Lärm lassen sich einstellen. Am Ende bekommen die Einsatzkräfte eine Bewertung und sehen, was sie richtig gemacht haben und wo sie sich noch verbessern können.
Virtuelles Feuer, echtes Training
Brandeinsätze können nur schwer simuliert werden – bisherige realistische Übungen erfordern es, echte Feuer zu legen, was aufwändig, umweltschädlich und gefährlich ist. Das australische Unternehmen FLAIM bietet hier eine Alternative, die nicht minder aufregend wirkt, aber zu jeder Zeit und überall geprobt werden kann. Ihre Feuerwehr VR-Simulation ermöglicht es, hunderte Szenarios zu kreieren, in denen die Einsatzkräfte Brände in allen erdenklichen Situationen löschen können: In Häusern, Flugzeugen, an Elektromasten und sogar in Foodtrucks und auf Solarpanels.
Die Technologie bietet realistische Feuer- und Rauchentwicklung sowie Spritzwasserverhalten. Die Simulation beschränkt sich aber nicht auf die digitale Ebene. Sie kommt mit der VR-Brille, einem Hitzeanzug, dessen Temperatur sich anheben lässt und eine Schlauchspritze, die man anstelle eines Controllers hält. Realistischer geht es kaum und schaut man sich das Video an, bekommt man richtig Lust, mal einen echten Feuerwehreinsatz zu proben.
VR-Training bei der Polizei: Richtige Reaktion kann Leben retten
Die Züricher Stadtpolizei setzt ebenfalls auf VR-Simulationen bei der Schulung ihrer Einsatzkräfte. Dabei geht es um besonders gefährliche und brisante Einsätze, wie etwa Geiselnahmen oder Schießereien. Durchgeführt werden die virtuellen Trainings in einer öffentlichen Virtual-Reality-Arena. Die Beamt:innen bekommen für die Szenarien Headsets, Sensoren und Funkgeräte. Letztere sind besonders wichtig, denn effiziente Kommunikation ist das A und O bei solchen Einsätzen. Zum Waffeneinsatz in der Simulation kommt es hingegen nur in Ausnahmefällen.
Da jede Aktion und jeder Austausch zwischen den Polizist:innen aufgezeichnet wird, ist besonders die Analyse im Nachgang ein wichtiger Schritt. Gerade in einer stressigen, unübersichtlichen Situation können so schnelle Reaktionen trainiert werden, die unter Umständen Leben retten können.
VR an Berufsschulen: Immersiv lernen, Gefahren minimieren
Nicht nur Berufsgruppen, die mit Blaulicht unterwegs sind, haben essenzielle und gefährliche Aufgaben, die sie mit Hilfe von VR trainieren können. Elektrotechniker:innen zum Beispiel sorgen dafür, dass der Strom sicher und zuverlässig fließt, und gehen dabei oftmals Risiken ein. Einige Berufsschulen setzen daher auf die immersive Technologie, bei der auch technische Handgriffe geübt werden können.
So hat die Lorenz-Kaim-Berufsschule in Kronach gemeinsam mit dem Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof ein Virtual-Reality-Programm entwickelt, mit dem Auszubildende innerhalb der virtuellen Anwendungen die Regeln der Elektrotechnik anhand konkreter Anwendungsfälle lernen können – ohne sich dabei in Gefahr zu bringen oder an Realismus einzubüßen. So können die angehenden Elektrotechniker:innen etwa Sicherungswechsel vollziehen oder Stromzähler wechseln. Passiert ihnen dabei ein Missgeschick oder vergessen Sie einen wichtigen Handgriff, reagiert das Programm. In einer realen Umgebung würde man so schnell einen „gewischt” kriegen – und in einer analogen Übung ohne Strom würden manche Fehler gar nicht auffallen. Laut den Lehrkräften nehmen die Schüler:innen das VR-Training mit großer Begeisterung auf.
Hast Du schonmal ein VR-Training für den Ernstfall absolviert? Wir sind gespannt auf Deine Erfahrungen in den Comments!