Digital Life
Re:publica 2017: Die digitale Zukunft im Zeichen der Liebe
Verschickst Du auch öfter mal ein :* oder <3? Sehr gut, denn in Zeiten von Cyber-Mobbing, Fake-News und Hass-Tiraden kann ein bisschen Liebe im Netz nicht schaden – und es gibt sie, wie zuletzt die Digital Convention re:publica in Berlin zeigte. Unter dem Motto „Love Out Loud“ trafen erneut Wissenschaft, Technik und Kunst aufeinander.
Wenn sich Crypto-Spezialisten, Datenjournalisten, Künstlerkollektive und Spitzenpolitiker die Bühnen teilen, kann eigentlich nur die re:publica der Grund sein. Was vor elf Jahren als Klassentreffen der Blogger-Szene begann, hat sich zur größten Internetkonferenz Europas gemausert. Vom 8. bis 10. Mai trommelte das Media-Event erneut die Digital Society aus aller Welt nach Berlin. Das diesjährige Motto „Love Out Loud” war nicht nur unübersehbares Statement, sondern auch tonangebend.
Video: Youtube / re:publica
#rp17: Let’s talk about…
… digitale Grundrechte, Big Data und Smart Mobility oder auch Trolltänze, Wahlkampf-Bots und die Macht der Algorithmen: Wer bei einem Besuch auf der re:publica durchblicken wollte, war mit einem digitalen Guide gut beraten. Denn zum Thema Digitalisierung und Vernetzung gab es massig zu entdecken und vor allem viel Gesprächsstoff: Über 1.000 internationale Redner stellten in Vorträgen und Workshops ihre Theorien, Visionen oder auch Sorgen zur digitalen Netzkultur und Hightech-Zukunft vor. Vor allem Wissenschaftler, Internetaktivisten sowie Medienschaffende und -Künstler füllten das reichhaltige Programm. So brachte die re:publica erneut Menschen unterschiedlichster Backgrounds zusammen. Kleinster gemeinsamer Nenner: das Interesse, sich kontrovers über gesellschaftliche und technische Entwicklungen auszutauschen. Klingt trocken? Weit gefehlt, denn die meisten Referenten wussten ihr Publikum durchaus mit griffigen Thesen und Emotionen zu bewegen.
LOL – Love Out Loud für eine gepflegte Netzkultur
Da echauffierten sich Medientheoretiker über „Strategien für eine kritische Internetkultur“, mit Shoutouts riefen andere zur „digitalen Konterrevolution“ auf, während eine Bühne weiter ein möglicher „Klassenkampf der Roboter“ auf der Agenda stand. Es wurde gegen Kriege getrollt, politische Markenverantwortung gegen ein „Hateversiting“ gefordert und über Grenzen der Meinungsfreiheit oder „rassistische Algorithmen“ diskutiert. Brechend voll war der Saal zum Beispiel beim Vortrag „Etwas Empirie: Was wir wirklich über Filterblasen, Fake-News und die digitale Öffentlichkeit wissen“.
Tja, was wissen wir? Von grotesken Beschimpfungen über bezahlte Stimmungsmache bis zu Cyber-Mobbing ist längst nicht mehr nur das Darknet voller Schmuddelecken. Was kann die digitale Gesellschaft entgegensetzen? Toleranz, Verstand und Liebe ist die Antwort auf der re:publica. Im Fokus standen Lösungsansätze für ein menschlicheres Miteinander und Solidarität in der digitalen Welt. Ein durchgängiger Tenor: Hinter Hate Speech, Shitstorms und Fake News stecke ein gesellschaftliches Problem. Neben der Frage nach menschlichem Geistesvermögen und Engagement kam aber auch die Rolle technologischer Entwicklungen wie Filter-Algorithmen, Cyber-Bots und zunehmende Datenströme auf den Tisch.
Zwischen künstlicher Intelligenz, Datenkontrolle und digitaler Selbstbestimmung
Längst ist das Thema Künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr nur beliebter Hollywood-Stoff. Gleich mehrere Sessions zum Forschungsstand und mögliche Einsatzfelder neuronaler Netze, Robotik und dem Internet of Things (IoT) stießen bei der re:publica in die Tiefe der Materie vor. Neben den Potentialen für die Produktion und Smart Society von morgen blieben vor allem die Debatten zur Verschmelzung von Mensch und Maschine nicht ohne kritische Fragen zum Recht auf gedankliche Selbstbestimmung.
Auch die Politik mischte in diesem Jahr fleißig mit: Gleich mehrere prominente Spitzenpolitiker nutzten die Gelegenheit, über Startups, Wirtschafts- und Innovationsförderungen zu referieren, darunter Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Thomas de Maizière hielt als erster Innenminister einen Impulsvortrag und stellte sich in einer Podiumsdiskussion unter anderem harscher Kritik zu Cyberkapazitäten und dem Datenschutz.
Gemeinsame Impulse – über das World Wide Web hinaus
Fest steht, dass die Auswirkungen der Digitalisierung auf Wirtschaft, Arbeit und das tägliche Miteinander kein nationales, sondern europäisches und sogar globales Thema sind. Mit Unterstützung des Auswärtigen Amts bemüht sich das Format re:connecting EUROPE deshalb um den Aufbau eines europaweiten Netzwerks zur Förderung der Kreativwirtschaft – auch mit der Idee, ein angeknackstes Europa durch Vernetzung von Forschung und Technik zusammenführen. Ebenso brachte die Subkonferenz Global Innovation Gathering (GIG) erneut Entscheidungsträger, Hacker und Unternehmer aus aller Welt im „Makerspace“ zusammen, um Know-how und Innovationsideen auszutauschen.
Eine physische Plattform zum Diskutieren, Stöbern und Ausprobieren
Wie umfangreich die Digitalisierung mittlerweile alle Lebensbereiche tangiert, zeigten allein die zahlreichen Programm-Tracks der re:publica. Beispielsweise standen beim Format re:health Aspekte zur Gesundheit in der vernetzten Welt auf dem Plan, re:learn hielt Debatten zur digitalen Bildung bereit und im Law Lab tasteten sich Teilnehmer an das unüberschaubare Feld von Social Media-Rechten vor. Für die rund 8.000 Besucher der Convention gab es aber nicht nur viel zu hören, sondern auch zu entdecken. Als Schnittstelle von Kultur, Technologie und Gesellschaft ließ zum Beispiel der Zukunftsspielplatz Labore:tory immersive AR- und VR-Anwendungen für Games, Videos und raumgreifende Kunstinstallationen ausprobieren. Bei der Sonderausstellung Sub:marine konnten die Besucher währenddessen in Technologien der Meeresforschung eintauchen.
Ihren traditionellen Ausklang fand die re:publica am Mittwochabend mit einer Closing Ceremony. Vorbei ist es in diesem Jahr aber noch nicht, denn schon im September geht die #rp17-Community auf Klassenfahrt zu Schwesterfestivals nach Dublin und Thessaloniki.
Bis dahin werden sicherlich noch zahlreiche Kuss-Emojis, Herz-Symbole und LOLs ausgetauscht. Denn egal wie viele Abgründe sich manchmal im Netz auftun: Wo es Schatten gibt, ist bekanntlich immer auch Licht.
Love ist all arround? Wie siehst Du es? Wie viel Liebe hat die digitale Welt zu bieten? Wir freuen uns über herzliche Kommentare!