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„Rambo: Last Blood“ in der featured-Filmkritik: Ein Kriegsschauplatz namens Drehbuch
John Rambo ist zurück. Bei seiner vorerst letzten Mission in Rambo 5 legt sich der Veteran mit der mexikanischen Unterwelt an. Warum Storyline und szenische Aufbereitung Dich nur stellenweise vom Filmsessel reißen, erfährst Du in der featured-Filmkritik zu Rambo: Last Blood.
2008 erschien mit John Rambo der vierte Teil des Kult-Franchise. Hauptdarsteller Sylvester Stallone führte selbst Regie. Der geplante fünfte Teil der Filmreihe wurde nach Medienberichten bereits 2009 angekündigt. Im nie gedrehten Rambo V: The Savage Hunt, nach dem Roman Hunter (James Byron Huggins), sollte John eine genetisch veränderte Bestie jagen, irgendwo in der Arktis. Sicherlich der neuere Ansatz. In Last Blood sind es eben wieder böse Buben, diesmal irgendwo in Mexiko.
Rambo 5: Irgendwo in Mexiko
Anschließend an das Ende des vierten Teils lebt John Rambo (Sylvester Stallone) zurückgezogen und ruhig auf der Farm seines Vaters in Arizona. Seine Haushälterin Maria (Adriana Barazza) und deren Nichte Gabriella (Yvette Monreal) sind für Rambo ein adäquater Familienersatz.
Trotz aller Einwände möchte Gabriella ihren leiblichen Vater finden, der die Familie schon früh verließ. Die Suche nach ihm führt sie über die Grenze nach Mexiko. Dort wird sie von Handlangern der berüchtigten Martinez-Brüder überfallen, eingesperrt, unter Drogen gesetzt und zur Prostitution gezwungen.
Ohne zu viel zu verraten: John bekommt anschließend einen Hinweis. Er mischt Mexikos Unterwelt auf und holt den Krieg damit direkt auf seine Farm.
Rambo allein zu Haus
Jede Insta-Story hat mehr Inhalt als Rambo: Last Blood. Startete die Reihe einst als Porträt eines traumatisierten Vietnam-Veteranen, wandelte sie sich mit jedem Teil mehr in ein filmisches Blutbad, das zusehends weniger Legitimation für die kämpferischen Einsätze seines Protagonisten braucht.
Dass die Marke „Rambo“ in 35 Jahren zu einem Synonym für Actionfilme geworden ist, macht hier niemand zum Vorwurf. Aber schon der vierte Teil, John Rambo, wurde von der Kritik bereits für seine übertriebenen Gewaltdarstellungen gerügt; der Film musste hierzulande gekürzt werden, um eine FSK-18-Freigabe zu erhalten. Rambo: Last Blood kommt diesmal ungeschnitten mit 18er-Freigabe in die Lichtspielhäuser. Das mag letztendlich daran liegen, dass Du als Zuschauer siehst, dass zahlreiche Szenen mit Dummys und handgemachten Effekten ausgestattet sind. Das ist für Actionfans schon wieder charmant, wie früher, vor der Zeit des digitalen Blutes.
Es wirkt aber auch absurd. Und fehl am Platz. Dass er einem Kriminellen unter Folter Informationen entlockt, ist heftig, aber im Zuge der Suche nach dem verschwundenen Mädchen Plot-plausibel. Ein gigantisches Stirnrunzeln dürfte hingegen das saftige Finale bereiten. Denn das wirkt, bei allen Zugeständnissen ans Genre, wie die grotesk überdrehte Version von Kevin allein zu Haus. Und es erinnert an das Fallen-Prinzip der Saw-Filme.
V wie Verfehlte Chancen
Regisseur Adrian Grunberg hat sich in Hollywood vor allem als Regieassistent und Second-Unit-Regisseur einen Namen gemacht. Als solcher war er zum Beispiel an Auftrag Rache (2010) beteiligt, in dem Mel Gibson das Verschwinden seiner Tochter aufklärt. Aber auch an Get the Gringo (2012), in dem Mel Gibson zur Ein-Mann-Armee an der mexikanischen Grenze wird. Er sammelte allerdings auch Erfahrung bei der Erfolgsserie Narcos, die das mexikanische Drogenkartell in den Mittelpunkt rückt. Ein Schelm, wer nun in Rambo: Last Blood die wiedergekäute Kulmination von Grunbergs bisherigem Schaffen sieht.
Natürlich lastet auf dem Film ein großer Druck. Denn die Ära Rambo neigt sich dem Ende zu. Ein würdiger Abschluss der Reihe muss her. Dafür kehrt Autor Matthew Cirulnick mit dem Drehbuch zurück in die USA. Farmleben, Kleinstadtflair. Erinnerungen an den ersten Teil werden wach. Das Set-up haut hin. Aber scheinbar hat sich Sylvester Stallone beim Co-Schreiben des Drehbuchs dermaßen auf die Schlachtszenen gefreut, dass das ganze Füllmaterial dazwischen flöten gegangen ist.
Kleines Quiz: Du castest A-Klasse-Aktrice Paz Vega als mexikanische Investigativ-Journalistin, deren kleine Schwester einem Drogenkartell zum Opfer gefallen ist. Wie nutzt Du diesen Charakter?
A: Sie schreibt einen Artikel über Veteran John Rambo und lässt im Zuge dessen die bisherige Reihe Revue passieren.
B: Sie recherchiert über das Kartell und tappt in eine Falle. Rambo muss sie retten.
C: Sie bittet Rambo um Hilfe bei der Rettung ihrer Schwester.
Nein, alles falsch: Sie dient als Stichwortgeberin für unmotivierte Dialog-Prothesen unterster Güte!
Schade. Bei seinem anderen Kult-Franchise Rocky gelang Sylvester Stallone die Fackelübergabe besser – in Form der Ableger Creed und Creed II.
Rambo 5: Augenrollen bis zum letzten Tropfen
Rambo: Last Blood ist perfektes Kino für alle Gorehounds, also Horror-Fans. Es springen genug böse Buben über die Klinge. Wenn Du allerdings hoffst, der Film könnte qualitativ oder wenigstens inhaltlich an First Blood anknüpfen, müssen wir Dich leider enttäuschen. Denn unglücklicherweise leidet Last Blood an kreativer Blutarmut.
Genre: Action
Bundesstart: 19.09.2019
Laufzeit: 89 Minuten
FSK: Ab 18 Jahren
Regie: Adrian Grunberg
Drehbuch: Matthew Cirulnick, Sylvester Stallone
In welchem Film siehst Du Action-Veteran Stallone am liebsten? Wir springen gemeinsam in den Kommentargraben!
Titelbild: © Lionsgate Publicity / Yana Blajeva