Narziss und Goldmund Arm in Arm
© 2019 Jürgen Olczyk / Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH
Eine Frau wirft eine Flasche in den smarten Mülleimer Trashbot
Das Cockpit eines Teslas

Narziss und Goldmund in der featured-Filmkritik: Von einem, der sich auszog, um das Fürchten zu lernen

Mit­te­lal­ter­film, Reli­gion­skri­tik, Sex­u­alaufk­lärung? Wahrschein­lich weiß nur Regis­seur und Drehbuchau­tor Ste­fan Ruzow­itzky selb­st, was er erzählen wollte. Warum der Film nur schw­er überzeugt, erfährst Du in der fea­tured-Filmkri­tik zu „Narziss und Gold­mund”.

Die Erzäh­lung „Narz­iß und Gold­mund” (1930) von Her­mann Hesse beschreibt die Fre­und­schaft zweier Kloster­schüler, deren Unter­schiedlichkeit­en sich ergänzen. In der ersten Fil­madap­tion der Erzäh­lung gibt es eine zeit­gemäße Auseinan­der­set­zung mit dem Stoff – oder dem, was Regis­seur und Autor Ruzow­itzky für zeit­gemäß hält.

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Narziss und Goldmund: Goldmund tut Wahrheit kund

Eine unglück­liche Eska­pade führt Gold­mund (Jan­nis Niewöh­n­er) ins Kloster Mariabronn zurück und damit zu seinem besten Fre­und Narziss (Sabin Tam­brea). In Rück­blenden erfahren wir, wie das strenge Kloster­leben die Kinder zusam­men­schweißt und Gold­mund als Jugendlich­er das Fer­n­weh packt, während Narziss sich vol­lends der Liebe zu Gott ver­schreibt.

Gold­mund erzählt von seinen Reisen durch die Welt, sein­er Aus­bil­dung zum Bild­hauer, diversen Lieb­schaften in einem von der Pest gebeutel­ten Mit­te­lal­ter und von den Wegen, die ihn schlussendlich wieder ins Kloster Mariabronn führten.

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Jannis Niewöhner: Casting will gelernt sein

Gold­mund erstrahlt in Gestalt von Jan­nis Niewöh­n­er, einem aus­gewiese­nen Tee­ni­eschwarm des deutschen Kinos. Und als solch­er ste­ht, sitzt, liegt und läuft er dann auch oft oberkör­per­frei mit seinem Eight­pack in der Land­schaft umher und lässt sich Mond- und Son­nen­licht auf die blondierten und gegel­ten Spitzen seines Under­cuts scheinen. Ja, fast kön­nte man ihn mit US-Schaus­piel­er Chris Pine ver­wech­seln. Und Niewöh­n­er spielt, was Jan­nis Niewöh­n­er eben seit Beginn sein­er Kar­riere spielt: abge­brühte Cool Guys, Bad Guys – oder alle anderen Guys mit Attitüde. Und das funk­tion­iert in solchen Genre-Beiträ­gen wie der Serie „Beat“ (2018) oder der ver­meintlich rebel­lis­chen Dystopie „Jugend ohne Gott“ (2017) auch ganz wun­der­bar. Dort stört es nie­man­den, dass Niewöh­n­er so wirkt, als stünde er unter Dauer­strom und würde jeden Moment jeman­dem ins Gesicht box­en wollen. Aber kann man – will man ein Mit­te­lal­ter­stück, ernst nehmen, in dem die seel­isch gebroch­ene Haupt­fig­ur ein frisiert­er Sportler ist, der Emo­tio­nen erzeu­gen zu ver­sucht, indem er ein­fach anges­pan­nt star­rt oder bei Dialo­gen klingt wie ein Berlin­er Nacht­clubbe­sitzer?

Und bevor es in den falschen Hals kommt: Jan­nis Niewöh­n­er ist zu abso­lut überzeu­gen­den, mitreißen­den Darstel­lun­gen fähig. Wir erin­nern uns an seinen Jonathan im gle­ich­nami­gen Dra­ma von Autor und Regis­seur Piotr Lewandows­ki, aus dem Jahr 2016. Heulen wollte man da.

Nun, das möchte man bei „Narziss und Gold­mund“ auch. Nur eben aus anderen Grün­den. Denn nicht nur, dass Niewöh­n­er wom­öglich in ein­er anderen Rolle bess­er aufge­hoben gewe­sen wäre, nein, sein Part­ner Sabin Tam­brea spielt seinen Narziss auch noch so auf den Punkt, dass da – zumin­d­est gefühlt – eine unüber­wind­bare Qual­ität­slücke klafft.

An diesem Punkt darf dann zumin­d­est nicht die Beset­zung von Kida Kho­dr Ramadan uner­wäh­nt bleiben, dessen Brud­er Anselm nicht nur mit sein­er Into­na­tion, son­dern auch seinem übri­gen Spiel eins zu eins an das Berlin­er Clanober­haupt Tony Hama­di aus dem Milieu-Dra­ma „4 Blocks“ erin­nert und damit für (unfrei­willig?) komis­che Momente sorgt.

Mittelalterromantik: Zwischen Tod, Teufel und Tabu

Wer auf plaka­tive Schauw­erte ste­ht, wird sicher­lich ein, zwei davon in „Narziss und Gold­mund“ find­en. Von der Selb­st­geißelung über Pestkranke bis hin zu Bettszenen ist eigentlich alles dabei. Das Drehbuch von Ste­fan Ruzow­itzky und Robert Gold insze­niert Gold­mund als aben­teuer­lichen Frauen­held mit Kun­st in der Seele und Feuer in der Hose. Dabei darf Emil­ia Schüle als eine sein­er Frauengeschicht­en nicht fehlen; denn sie darf ja nie fehlen in einem Film mit Jan­nis Niewöh­n­er.

Und dort, wo die Pest­toten plöt­zlich uner­wartet authen­tisch und ein­dringlich ins Bild rück­en, wirken die ganzen Liebeleien und der Sex plöt­zlich so unfass­bar verk­itscht, dass man glaubt, es liefe das übliche Schmonzetten-TV der Drit­ten Pro­gramme.

Narziss und Goldmund: Der Name der Hose

Dass Ste­fan Ruzow­itzky mit „Narziss und Gold­mund“ das große deutsche Mit­te­lal­ter­dra­ma abliefern wollte, sieht man. Sieht man in großen Ein­stel­lun­gen und gewollt opu­len­ten Bildern von Land­schaften, dem Kloster und Städtekulis­sen. Zum einen macht die Beset­zung, schein­bar vornehm­lich nach dem Bekan­ntheits­grad gecastet, dieser Idee einen Strich durch die Rech­nung. Zum anderen find­et der Film schw­er den richti­gen Ton zwis­chen ern­sthaftem Dra­ma und allzu deutschem Redak­tions­fernse­hen.

Die Kam­era von Bene­dict Neuen­fels hat trotz­dem recht schöne Bilder gemacht und zweifels­frei ist Sabin Tam­brea als Narziss einen Blick wert.

 

Narziss und Gold­mund

Genre:                    Dra­ma / His­to­rien­film

Bun­desstart:         12. März 2020

Laufzeit:                110 Minuten

FSK:                       Ab 12 Jahren (In Begleitung ab 6 Jahren)

Regie:                     Ste­fan Ruzow­itzky

Drehbuch:             Ste­fan Ruzow­itzky, Robert Gold

Hast Du die Erzäh­lung von Her­mann Hesse gele­sen? Und welche Mit­te­lal­tergeschichte fes­selt Dich noch immer? Wir freuen uns auf Deine Berichte in den Kom­mentaren.

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